Verschwindende Stunden
Nur noch zehn Minuten. Nur noch neun. Fertig werden, damit die Zeit nicht verschwendet ist, für etwas, was schon längst hätte fertig sein können. Was hinderte nur daran? Früher waren die Ideen perfekt ausformuliert mit der Tinte auf's Blatt geflossen. Ganz einfach füllte sich Seite um Seite mit den fantastischsten Gedanken. So viele Geschichten, die mal gut und mal böse ausgingen. Noch acht Minuten. Die Inspiration war schlicht und einfach weg. Doch woran war sie verloren? Sieben Minuten. Nach vielen Erzählungen war da der Gedanke, effizienter "arbeiten" zu können, wenn da nur eine zeitliche Begrenzung wäre. Jeder, dieser unendlich vielen Gedanken hatte es verdient auf Papier gebracht zu werden. Nur sechs Minuten. Um also allen die Chance zu geben wurde die klobige Digitaluhr mit eingebautem Wecker neben dem Füller und dem Papier zum benötigten Werkzeug, seine Fantasie ausleben zu können. Fünf Minuten. Vor dem Schreiben wurde sie also gestellt. 20 Minuten pro Geschichte. 20 Minuten pro Geistesblitz. Mehr von der kostbaren Zeit durfte nicht aufgewendet werden. 4. Anfangs waren die kleinen Fantasiewelten genauso schön wie früher. Unfassbar schön. 3. Doch nach einer geraumen Anzahl von Erzählungen wurden sie stumpf, wirkten tot und glichen einander immer mehr. 2. Die Ideenschatzkammer war ausgeraubt. Was blieb noch übrig von der Inspiration? Nur noch eine Minute. Alles, was die Seele der Geschichten bedeutete wurde vom Zeitdruck gefressen. Das war das Ende des Erzählers, ausgebeutet von dem Stress. Der Zeit. Die Uhr piepte für das letzte Schriftstück und der Schreiber baumelte von der Decke.
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