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Rollenspiele und Bühnenstücke Eigene Bühnenstücke, Rollenspiele und Dialoge. |
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19.10.2017, 21:55 | #1 |
Matzes Mutter
Schauplatz: Auf einer Brücke. Es ist Herbst im Jahre 1959.
Personen: Eine Frau mit langen feuerroten Haaren. Ca. 23 Jahre alt. Sie trägt einen sehr weiten, langen Mantel, sodass die Figur kaum zu erkennen ist. Eine andere Frau, brünett, etwa im gleichen Alter. Schlank. Brünette: "Was wirst du nun tun, Marie?" Rothaarige: "Wenn ich das nur wüsste." Brünette:" Kriegen musst du es nun. Für alles andere ist es zu spät. Warum hast du nicht auf mich gehört, solange noch Zeit war? Ich hätte mich um dich gekümmert." Marie: "Ich weiß doch, Elsbeth. Ich dachte, er kommt zurück. Und dann hätte ich gesagt, George, wir bekommen ein Kind. Und er wäre verrückt vor Freude gewesen und hätte mir auf der Stelle einen Heiratsantrag gemacht. Sogar den Ring hab ich mir schon vorgestellt und wie er an meiner Hand aussieht. Und alle, alle wären neidisch auf mich gewesen! Guck mal, hätten sie gesagt, die Marie heiratet einen Amerikaner! Sie wird ein tolles Leben haben! " Sie schlägt mit der rechten Hand auf das Brückengeländer. "Verflucht sein sollen sie alle, die Männer, die dummen Mädchen etwas von Liebe erzählen!" Elsbeth:"Vielleicht kommt er ja wirklich wieder. Vielleicht wurde er wieder nach Amerika versetzt und konnte dir nicht mehr Bescheid sagen." Marie:"Dann hätte er mir schreiben können. Aber nichts, gar nichts habe ich von ihm gehört! Immer hatte ich Hoffnung. Solange man nichts sah, dachte ich, alles wird wieder gut. Ich dachte, George wäre vorher wieder da, und ich hätte meinen Ring am Finger, ehe man etwas sieht." Sie beginnt zu weinen. "Was bin ich für eine dumme Gans gewesen!" Elsbeth streicht ihr tröstend über die Schulter. Elsbeth:"Quäl dich doch nicht damit. Dumm bist du gewesen, ja, aber er ist schlecht. Sein Vergnügen wollte er haben und dass du hinterher den dicken Bauch hast, das war ihm egal. Nur eines haben sie im Kopf, die Männer." Marie schluchzt. Schweigen. Marie: "Zum Glück hat in der Nähstube noch keiner gefragt. Wenn ja, werde ich sagen, dass ich verlobt bin und bald heiraten werde." Elsbeth:" Und wenn sie dann nach deinem Ring fragen?' Marie: "Was weiß ich! Zieh ich halt einen aus dem Kaugummiautomaten! " Sie weint wieder. "Tot möchte ich sein, nur noch tot. Ich springe von der Brücke, gleich in den kalten Rhein!" Sie macht Anstalten, über das Geländer zu klettern. Elsbeth hält sie erschrocken fest. "Marie, das darfst du nicht! Du versündigst dich! Selbstmord ist eine Todsünde und wenn dann noch das Kind mit dir stirbt!" Elsbeth zieht Marie sachte wieder auf die Brücke zurück. Elsbeth: "Denk an das Würmchen. Was kann es dafür, dass sein Vater verschwunden ist! Stell dir lieber mal vor, wie es später aussieht, dein Kindchen! Bestimmt hat es deine schönen roten Haare!" Marie lächelt unter Tränen. Marie:"Oh, hoffentlich nicht! Schon gar nicht, wenn es ein Junge wird! Die haben es als Rothaarige noch schwerer als die Mädchen." Elsbeth fasst sie behutsam am Arm. "Ich werde dir helfen, wenn das Kind kommt. Du hast immer noch keinen dicken Bauch, wenn wir Glück haben, merkt es keiner. Sie werden alle denken, du hast einfach nur ein bisschen zugenommen oder hast irgendeine Krankheit, von der man dicker wird. Und wenn die Geburt kommt, bin ich bei dir. Danach bring ich das Kind ins Waisenhaus und sag, ich habe es gefunden." Marie weint. Elsbeth:"Es geht nicht anders." Marie schluchzt laut auf. Marie:"Mein armes Kind! Wirst du mir je vergeben?" Elsbeth:"Es wird dir vergeben. Du hast doch keine Wahl. Wer soll sich um das Kind kümmern, wenn du arbeitest? Wie willst du in die Nähstube oder in die Fabrik gehen, wenn das Kind bei dir ist? Und niemand wird dich mehr heiraten wollen, wenn du einen Bankert hast." Schweigen. Dann fasst Elsbeth Maries Hand. "Hast du dir schon überlegt, wie es heißen soll? Marie nach dir, wenn es ein Mädchen wird?" Marie schüttelt den Kopf, während sie sich die Tränen aus dem Gesicht wischt. Marie:"Es wird ein Junge, ich fühle es." Sie streicht sich über den Bauch. Marie: "Matze. Matze soll er heißen." Vorhang |
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19.10.2017, 22:30 | #2 | |
Forumsleitung
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Ich habe nur die erste Hälfte mit voller Aufmerksamkeit gelegen. Den Rest flüchtig.
Warum? Sage ich dir gleich. Zunächst: Ich habe mal wieder festgestellt, dass deine Stärke in den Dialogen liegt. Gestört hat mich, dass du deine Figuren nicht gleich namentlich gemacht hast. Je früher du deinen Figuren einen Namen gibst, umso leichter wird sich der Leser mit ihnen identifizieren. Wenn du mit "die Rothaarige" und "die Brünette" anfängst, muss der Leser erst einmal sondieren, welcher Name zu wem gehört, bevor er wieder in die Geschichte hineinfindet. Schau mal, wie ich es mit Minimaländerungen gemacht habe: Zitat:
LG Ilka |
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20.10.2017, 05:06 | #3 |
Dabei seit: 10/2017
Ort: klaatus Keller :D
Beiträge: 302
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Wirklich gut gemacht, Silbermöwe!
Was mir an dem Stück so gut gefällt, sind - um damit Ilka-Marias Kommentar nochmals aufzufassen - zweifelsfrei die Dialoge. Oftmals fällt mir beim Lesen anderer moderner Dramen auf, dass es den Autoren schwer fällt, den Inhalt, Kontext und eigentlichen Konflikt sauber darzustellen. Da hauen die Charaktere völlig zusammenhangslose Sätze raus. Aber das ist bei Dir nicht der Fall! Ich als Leser wusste am Ende über den Konflikt Bescheid, freute mich über das Happy End (im Sinne davon, dass Marie sich nicht umgebracht hatte) und empfand gleichzeitig ein großes Mitleid für Marie, die ihr Kind ja wohl weggeben muss. Noch ein Lob an Deine Rollen: beide haben einen starken Charakter! Du lässt beide circa gleich viel reden, was einem regelrechten Schlagabtausch gleichkommt. Hier noch ein kleiner Kritikpunkt von mir: ich hätte mir als Leser etwas mehr Verzweiflung von Marie gewünscht, also dass ihr Sprachanteil leicht überwiegt, in dem Sinne, wie und welche Worte sie wählt. Aber das wird wieder wett gemacht mit ihrem plötzlichen Suizidversuch! (Das liest sich schadenfroher, als es sein sollte! ) Also alles in allem bin ich wirklich seeehr zufrieden und fühle mich gut unterhalten! Allerliebste Grüße, Skaylar |
20.10.2017, 06:58 | #4 | ||
Guten Morgen zusammen,
erstmal vielen Dank für euer Lob und die Kritik! Liebe Ilka, weil der Text unter "Rollenspiele und Bühnenstuecke" steht, dachte ich, "die Rothaarige" und "die Brünette" seien Regieanweisungen für die Inszenierung. Wenn auch da direkt mit Namen gearbeitet wird, mache ich das in Zukunft so, wie du es geändert hast. Ich habe mittlerweile festgestellt, dass ich mittlerweile auch lieber in Dialogen schreibe. Ursprünglich wollte ich einen Erzähltext schreiben, das flutschte nicht und ich verwarf die ersten Entwürfe wieder. (Ich habe mit dem Thema hier etwas Bestimmtes vor. Das ist eigentlich keine abgeschlossene Geschichte.) Dann kam ich auf diesen Erzählstil und es flutschte. Zitat:
Liebe Skaylar, Zitat:
eine Geschichte über Matze, ein Waisenkind in den 60ern. Ich habe mir damit ein ziemlich schwieriges Thema ausgesucht, sollte ich es nicht schaffen, dann kann dieses Stück hier auch für sich stehen. Wenn du dir für Marie mehr Sprechanteil gewünscht hast, wäre das eigentlich eine gute Idee. Sie hätte vielleicht noch einiges zu sagen gehabt. LG DieSilbermöwe |
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20.10.2017, 07:17 | #5 | ||
Forumsleitung
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Zitat:
Zitat:
Da du keine Scheu mehr hast, mit Dialogen zu arbeiten, lege ich dir das Thema "Subtext" nahe. Mit Subtext kann man Dialoge spannender machen: Eine Figur macht eine Aussage, aber diese Aussage enthält mehr als nur die vordergründige Information. Beispiel: Ziemlich jeder kennt den Film "Ben Hur". In der Szene, in der Esthers Vater um die Erlaubnis seines Herrn Juda Ben Hur bittet, Esther verheiraten zu dürfen, fragt Juda sie, wie gut sie ihren künftigen Ehemann kenne. Sie antwortet, dass sie ihn nur einmal getroffen hat und dass es der Wunsch ihres Vaters ist, diesen Mann (einen freien Mann) zu heiraten. Nächste Frage: "Liebst du diesen Mann?" Antwort von Esther: "Ich werde lernen, ihn zu lieben." So geht das weiter, und der Zuschauer erkennt an dem Augenspiel der beiden, was sie wirklich sagen wollen, nämlich dass sie sich lieben und zusammenbleiben möchten, dies aber aus Respekt vor Esthers Vater nicht zugeben dürfen, weil dieser niemals bereit gewesen wäre, Esthers Bräutigam gegenüber einen Wortbruch zu begehen. Auch die Abschiedsszene zwischen Juda und Esther enthält Subtext. Juda: "Wenn du keine Braut wärst, würde ich dich zum Abschied küssen." Esther: "Wenn ich keine Braut wäre, gäbe es keinen Abschied." Befasse dich mal mit Subtext, das gibt den Dialogen eine zusätzliche Dimension. Aber verzweifele nicht, wenn dir zu Beginn nichts einfällt, einfach ist das nicht, auch wenn wir selbst unbewusst tagtäglich in unserem sozialen Leben Subtext produzieren. |
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20.10.2017, 07:29 | #6 | |
Zitat:
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20.10.2017, 08:35 | #7 |
R.I.P.
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Liebe DieSilbermöwe -
Wirklich gut!
Du hast ein Talent, die Personen natürlich sprechen zu lasssen (unverkrampft). Und außerdem: Man möchte als Leser unbedingt wissen, wie die (Kurz-)Geschichte weiter und ausgeht. Die Neugier ist geweckt. Ich male es mir aus. Lieben Gruß von Thing |
20.10.2017, 17:44 | #8 |
Liebe Thing,
es freut mich sehr, dass du mein Bühnenstück kommentierst und es dir gefällt! Liebe Ilka-Maria, mit dem Subtext habe ich mich noch nicht befasst. Eigentlich wusste ich gar nicht, dass man so etwas beim Schreiben anwenden kann. Danke für die Anregung! LG DieSilbermöwe |
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21.10.2017, 17:34 | #9 |
Subtexte hats überall. Man kann sie aber auch bewusst setzen...
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26.10.2017, 10:01 | #10 |
Hallo Silbermöwe,
deine Geschichte habe ich gerne gelesen. Jetzt möchte ich unbedingt wissen, wie es weitergeht. Wird Marie ihrem Amerikaner je wieder begegnen? Vielleicht erst nach vielen Jahren? Oder wird sie nochmal von ihm hören? Aus der Zeitung? Wird Matze ihm eines Tages über den Weg laufen? Oder dessen Tochter? Vielleicht war er verheiratet und musste wegen ihr zurück... Wird einer den anderen "erkennen"? LG Sonnenwind |
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26.10.2017, 11:46 | #11 |
R.I.P.
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Es gab viele solcher Schicksale.
Ich wohne in einem Städtchen, in dem Amerikaner stationiert waren. Nur ein Bruchteil hat ihr "Fraulein" geheiratet. Am schlimmsten für die Sitzengelassenen, wenn der Vater ihres Kindes dunkelhäutig war. |
26.10.2017, 13:29 | #12 | |
Lieber Sonnenwind,
die Geschichte war die Vorstufe zu einer Fortsetzungsgeschichte über Matze. Zitat:
LG DieSilbermöwe |
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26.10.2017, 20:31 | #13 |
Dabei seit: 02/2005
Beiträge: 223
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Hallo Silbermöwe,
der Aufbau scheint mir korrekt zu sein. Mich hat nur eine Frage beschäftigt: Wenn der Georg beim Militär ist, dann hätte die Frau mit dem Kind der Militärbehörde schreiben können und die hätten ihr gesagt, wo der Georg ist. Warum hat sie das nicht getan? |
26.10.2017, 20:58 | #14 |
Hallo wolfgang,
jetzt verwirrst du mich ein wenig. Er heißt nicht Georg, sondern George - ist Amerikaner. Ob das amerikanische Militär Deutschen zu der Zeit einfach Auskunft gegeben hätte? Keine Ahnung. Wenn ja, vielleicht wusste Marie nicht, dass sie sich an das Militär hätte wenden können. Ich hätte es an ihrer Stelle nicht gewusst und wenn ich es gewusst hätte, wohl nicht gemacht, wenn er einfach abhaut und sich von selbst nicht mehr meldet... Das wertet Marie ja eigentlich als Zeichen, dass er sowieso nichts mehr von ihr wissen will und alle Mühe vergebens ist. Aber interessant, dass du es ansprichst! Von selbst hätte ich in die Richtung gar nicht gedacht. Vielen Dank für dein Interesse und deinen Kommentar, das freut mich wirklich sehr! LG DieSilbermöwe |
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26.10.2017, 21:17 | #15 |
Forumsleitung
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Das ist zu spekulativ, und da es sich nur um die Intro für deine Geschichte handelt, nicht die Zeit wert, zu recherchieren. Matze ist ein Besatzungs- und Waisenkind, das zur Adoption freigegeben wurde - fertig. Es gibt eine Menge solcher Menschen in Deutschland, die ihren amerikanischen Vater nie gesehen haben und nicht wissen, wo er abgeblieben ist. Das Militär hätte eine Menge zu tun gehabt, jeden dieser Erzeuger aufzuspüren.
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27.10.2017, 07:17 | #16 | |
Zitat:
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Lesezeichen für Matzes Mutter |
Stichworte |
bankert, kind, waisenhaus |
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