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Lebensalltag, Natur und Universum Gedichte über den Lebensalltag, Universum, Pflanzen, Tiere und Jahreszeiten. |
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21.01.2023, 22:21 | #1 |
Tod des Elektrikers
Er war der Strippenzieher,
hat Kabel abgerollt. Sein Wahlspruch war: "Ich lege und klemme, Watt ihr Volt." Er hatte manchmal Ängste vor Feuer, Funkenschlag, vor Stromausfall, Lichtbögen und auch vor dem Montag. Ab Dienstag gings ihm besser, ging es auch in die Hand, wenn Ströme plötzlich krochen aus einer feuchten Wand. Und hat er mal gezittert, stand er doch seinen Mann. Es wär ja bloß ne Phase, und er ganz schwach nur dran. An Freitag war er fröhlich und fraß und soff sehr stark. Und quälte sich am Samstag mit Schwarzarbeit ins Mark. Er ließ sich dreimal scheiden und die Begründung war: Es gäbe keine Spannung mehr unter dem Talar. Doch stets zu allen Zeiten durchfuhr ein Stromstoß ihn, sah er auch nur von Weitem ein Weib vorüberziehn. Am Sonntag ist’s gewesen, es war beim Mittagsschlaf. Er schnarchte leise, traumlos, als ihn der Schlag wohl traf. Nun sind seine Schutzschalter gefall‘n in Ewigkeit. Ganz stille steht der Zähler, der maß die Lebenszeit. Man wird ihn sehr vermissen, solange man nicht weiß, wie er was hat verdrahtet beim jeweil’gen Schaltkreis. Geändert von Ottilie (22.01.2023 um 10:17 Uhr) |
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22.01.2023, 00:30 | #2 |
Dabei seit: 10/2006
Ort: Reimershagen in Mecklenburg-Vorpommern, Nähe Güstrow
Beiträge: 7.877
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Liebe Ottilie,
manchmal holperts reimgezwungen, aber so ein paar Fachbegriffe hast du gut versteckt untergebracht. Liebe Grüße, Heinz |
23.01.2023, 22:31 | #3 |
wo genau
Hallo Heinz,
danke fürs Feedback! Aber: wo holpert es denn genau? Ich habe eher den Eindruck, das Ganze ist viel zu glatt und monoton!? Dem leider verstorbenen Elektriker hätte es vermutlich nicht sonderlich zugesagt, er mochte lieber das Ungehobelte, das Rauhe. Ich kann ihn leider nicht mehr fragen... Viele Grüße Ottilie |
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23.01.2023, 23:33 | #4 |
Dabei seit: 10/2006
Ort: Reimershagen in Mecklenburg-Vorpommern, Nähe Güstrow
Beiträge: 7.877
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z.B.
vor Stromausfall, Lichtbögen..........xXxXXxx und auch vor dem Montag..............xXxxXx stand er doch seinen Mann.............XxxXxX oder xXxXxX (fragwürdig An Freitag war er fröhlich (Am Freitag oder freitags) Nun sind seine Schutzschalter .........XxXxXXx beim jeweil’gen Schaltkreis .............xXxxXX |
25.01.2023, 23:21 | #5 |
Hallo Heinz, Du hast natürlich recht, es heißt nicht "an Freitag" sondern am Freitag. Sorry, da ist mir ein Schreibfehler unterlaufen, der jetzt in meinen digitalen Nachlass eingehen wird, Änderungen sind ja hier nur in zeitlich engem Rahmen möglich Die Anmerkungen zur Betonung kann ich beim besten Willen nicht nachvollziehen. Vielleicht hast Du ja recht oder - wir handhaben die Sprache unterschiedlich?
Viele Grüße Ottilie |
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26.01.2023, 17:23 | #6 |
Hallo Ottilie,
ein lustiges Gedicht. Ich find die Verbindung zwischen ihm als Mann und dem Job als Elektriker witzig. Das mit dem Holpern kenne ich auch. Wenn ich meine Gedichte lesen, weiß ich um die Betonungen und den Rhythmus. Leser können dies manchmal nicht nachvollziehen. Ich finde das aber nicht so schlimm. Deine erste Strophe ist die beste. Nette Grüße, Candlebee |
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29.01.2023, 23:47 | #7 |
Hallo Candlebee,
auch wenn das Gedicht lustig wirkt, schrieb ich es doch aus traurigem Anlass: Den Elektriker gabs wirklich, er war ne Seele von Mensch. Sein Tod ging mir an die Nieren. Viele Grüße Ottilie |
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30.01.2023, 10:32 | #8 | |||||||||||
Hallo Ottilie
So traurig das Thema auch aus deiner Perspektive ist, der Text klingt sehr gekünstelt und überzogen und wirkt auf Pointen ausgelegt. Ich weiß nicht wie dein Bezug zur Metrik ist, aber hier zeigt sich mir, dass es dir nicht hilft einfach nur nach Gefühl zu Schreiben. Dein Text wirkt ungewollt komisch, weil der Grundton nur schwer hervortritt. Candlebee sagt da etwas, dass ich interessant finde Zitat:
Man kann es mit einem Notenblatt vergleichen. Wenn die falschen Noten geschrieben wurden, komme ich als Leser nicht in deine Melodie. Aber als Grundtenor ist die Melodie wichtig um Emotion und Stimmung zu transportieren, besonders dann wenn sie den Ton beibehält. Sie bildet eine Klangfarbe. In deinem Text treffen viele Hebungen aufeinander und dadurch wirkt es unfreiwillig überspitzt. Ein konkretes metrisches Muster wird zwar klar herausgestellt, du schreibst überwiegend im Jambus mit wechselnden Kadenzen, was den Text definiert, aber ein ausbrechen aus dem Muster wird kaum bewerkstelligt. Zudem wird der Kreuzreim nicht gut unterstützt der im Wechsel reimend und mal offen bleibt. Reimmuster a,b,a,c. Wobei b und c als ungereimt definiert sind. Zitat:
xXxXxX xXxXxXx xXxXxX Zitat:
xXxXxX xXxxXxx | suffixe bilden Daktyle/"fall" wirkt fast als betonte (Spondäus) xXxxXx | hier zwingt man mich die Betonung auf "tag" zu legen. Aber es gibt eine Regel für 2-Silber die das verhindert. Zitat:
xXxXxX xXxXxXx xXxXxX Zitat:
xXxXxX xXxXxXx xXxXxX Die Betonung von "er" sehe ich hier als direkte Anrede. Zudem liegt "er" in 3 Fällen bei 2 Zeilen an der selben Position, was es mir erleichtert zu definieren. Für mein Empfinden ist "er" in Z1 demnach inkorrekt gesetzt worden, da es die Betonung verlagert. Zitat:
xXxXxX | fraß und soff, sehr abwertend für jemanden den man mochte xXxXxXx xXxXxX | wirkt unvollendet "bis ins" Zitat:
xXxXxX xXxXxXx xXxxXx | abermals die 2-Silben Betonungsregel / Ta-lar Ein Talar? Er war also promoviert studierter Professor und Doktor der Elektrik oder doch Pastor mit höherem Draht? Zitat:
xXxXxX | interessant, ein 2 Silber der nicht in die Regel fällt korrekt gesetzt* xXxXxXx xXxXxX * Ableitungen von Stammsilben "fahren/gefahren/zugeführt/zuzuführen/Fuhrpark" können die Betonung beibehalten Außerdem brichst du hier aus deinem Reimmuster (a,b,a,c) aus mit einem a,b,a,b Zitat:
xXxXxX xXxXxXx xXxXxX Zitat:
xXxXxX xXxXxXx xXxXxX Der ganze Satz klingt schwierig und sehr konstruiert. Man merkt direkt, dass hier viel mit dem Satzbau gehadert wurde, da er nicht Recht zum Rest des Textes passen will. Zitat:
xXxXxX xxXxxXx | kompliziertes Satzkonstrukt "wie er was hat" xXxxXX | die Auslassung durch eine Elision hat nicht für das Metrum gearbeitet und "Schaltkreis" kann man abermals als Spondäus werten. Lg Mono |
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30.01.2023, 13:21 | #9 | |
Zitat:
Schutzschalter, Schaltkreis und Montag werden m.E.a. am deutlichsten fehlbetont, normalerweise auf der ersten Silbe. Im Gedicht erfahren sie eine Betonung auf der zweiten Silbe. Hier ein paar Lösungsvorschläge für grobe Holperer, vielleicht kannst du etwas davon gebrauchen, oder die Betonung nachvollziehen: Er war der Strippenzieher, hat Kabel abgerollt. Sein Wahlspruch war: "Ich lege und klemme, Watt ihr Volt." Er hatte montags Ängste vor Brand und Funkenschlag, vor Stromausfall mit Spannung kurzum, vorm ganzen Tag. Ab Dienstag ging es besser, zum Teil auch in die Hand, denn manche Ströme krochen aus einer feuchten Wand. Und hat er mal gezittert, so stand er seinen Mann. "Es wär ja bloß ne Phase, da stellt sich keiner an." Am Freitag war er fröhlich und fraß und soff sehr stark. und quälend traf ihn Samstag die Schwarzarbeit ins Mark. Er ließ sich dreimal scheiden und die Begründung war: die Wechselspannung fehlte dort unter dem Talar. Doch stets zu allen Zeiten durchfuhr der Stromstoß ihn, sah er auch nur von Weitem ein Weib vorüberziehn. Am Sonntag ist’s gewesen, es war beim Mittagsschlaf. Er schnarchte leis und traumlos, als ihn der Schlag wohl traf. Die Schutzschalter, sie fallen für ihn in Ewigkeit. in Stille ruht der Zähler, er maß die Lebenszeit. Man wird ihn sehr vermissen, solange man nicht weiß, wie er den Strom verdrahtet... Die Funken schlagen heiß. An einer zündenden Pointe ließe sich bestimmt auch noch was verdrahten - z.B. Draht nach oben etc. gerne gelesen, Donna |
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30.01.2023, 22:53 | #10 |
Hallo Monoton,
Du hast mit Deiner Bemerkung zum "ungewollt komischen Grundton" durchaus recht, ich empfinde es ja genauso. Es stimmt auch, dass es hier um Pointen geht, aber - geht es auch ohne? Der Beschriebene war ein widersprüchlicher Mensch, herzensgut und laut brüllend und schimpfend... Wie passt das zusammen? Ich weiß es nicht... Zum Reimschema: Wie kommst Du auf a-b-a-c? Ich sehe a-b-c-b! Du hast Dir auch viel Mühe mit dem Versuch einer Analyse der Metrik gemacht, manchen Ausführungen kann ich folgen, manche Hinweise sehe ich als Möglichkeit, nicht aber als zwingend; Spondeen z.B.: da kann man sich lange streiten, ob es das überhaupt in der deutschen Sprache gibt oder ob wir da etwas hineinkonstruieren, das die alten Griechen wohl hatten, wir folgen ihnen ja immer noch gern... Viele Grüße Ottilie |
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30.01.2023, 23:01 | #11 |
Hallo Donna,
Deine Version liest sich insgesamt flüssiger als meine, Glückwunsch! Leider ist dabei der Inhalt ein wenig verschoben worden. Beim Talar z.B. steht bei mir ein Konjunktiv (...es gebe keine Spannung mehr unter dem Talar), Du hast eine Wechselspannung draus gezaubert - was auch ein guter Einfall ist -, hast es aber in den Indikativ geschubst... Die letzte Strophe: Strom lässt sich leider nicht verdrahten, es sind nur die stromführenden Kabel, die sich vertauschen lassen! Viele Grüße Ottilie |
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30.01.2023, 23:49 | #12 | ||
Zitat:
Ich habe einfach einen Verdreher drin gehabt. Spondäen sind in der deutschen Sprache nicht gegeben, das stimmt zum Teil. Sollten sie allerdings doch auftreten, dann wären sie entweder gewollt und finden ihre Position in Hexametern, Elegien und Heldenepen, wo oft viel Wert auf Überbetonung gelegt wird. In der herkömmlichen Dichtung sollte eine Betonung nicht in einen Spondäus führen. Dafür ist der natürliche Sprachfluss eigentlich nicht ausgelegt, außer es wird sehr gekünstelt glaube ich. Allerdings gibt es die Regel, das in der deutschen Verslehre nicht mehr als 2 unbetonte Silben aufeinander folgen und danach eine Betonte Silbe folgen muss. Wenn also ein Satzkonstrukt wie folgt beim jeweil’gen Schaltkreis. auf Betonung geprüft wird, hat man bei dem Wort "jeweil'gen" 2 Möglichkeiten zu betonen Xxx und xXx Schaltkreis XX ist, so sagte einmal jemand, ein sogenannter Pfingstochse XXx. "Schutzschalter" XXx verhält sich ähnlich. Du hörst keine konkrete Betonungssenkung, die sich automatisch ins metrische Konstrukt einfügt. Es gibt in deinem Text zwar ein gewisses Gewohnheitsmetrum, aber es wirkt oft wie örtlich orientierte Mundart. Aber sicher ist es nicht zwingend notwendig, es wäre aber vielleicht verständlicher und würde konkreter übermitteln, was du im Sinn hattest. Wir können uns nicht gänzlich von althergebrachtem lossagen und Dinge neu erfinden, nur weil sie "Out of Date" sind. Das letzte Mal, als das passierte wurde danach gegendert und jetzt weiß niemand mehr welcher Gattung er/sie angehört. Und alles zum Wohle der Individualität, aber auf kosten der Verdummung. Das meine ich im Allgemeinen betrachtet. Bitte nicht persönlich auffassen. Zitat:
"Wer am lautesten brüllt, muss immer recht haben." So ein Mensch weiß oft nicht, wie er sich gegen Worte anders wehren soll, als mit schimpfen, denn oft hört sein Gegenüber automatisch auf zu diskutieren. Und er denkt dann, dass er Recht hat. Er weiß es nur nicht besser und meint es auch nicht böse. Viele die so agieren, sind in einer Partnerschaft oft sehr unterdrückt und stehen schnell wieder alleine, weil sie überfordert sind wenn der Partner plötzlich "Gespräche" sucht, die echte Argumente erfordern. Aber das ist nur eine Annahme aus empathischer Sichtweise, ich bin kein Psychologe. Lg Mono |
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31.01.2023, 00:09 | #13 |
Mir ging es mehr um den Rhythmus, weil du geschrieben hattest, dass du es nicht nachvollziehen kannst, was an deiner Version falsch klingen könnte. Inhaltlich weiß ich natürlich nichts von dem real existierenden Elektriker zu berichten und hab die Zeilen ohne Rücksicht auf den genauen Rhythmus umgestrickt. Bei mir ist es oft so, dass ich mir die Zeilen beim lauten Sprechen einfach mal zurechtbiege. Dann verlieren die Worte plötzlich ihre natürliche Betonung, bes. wenn ich mich zu sehr an mein Gedicht gewöhnt habe.
LgD Geändert von Donna (31.01.2023 um 01:49 Uhr) |
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05.02.2023, 15:15 | #14 |
gesperrt
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Tod des Elektrikers
Liebe Ottilie,
meine Vorschreiber haben dir ja schon etwas zum Metrum gesagt, das spare ich mir also. Ich würde dir aber vorschlagen, die letzte Strophe zu streichen, dann erreichst du, dass dir als Autorin die Betroffenheit angemerkt wird. Die letzte Strophe, wie sie dasteht, bringt nichts. Und noch etwas: Du erwähnst in deinem Kommentar, dass es sich um einen Menschen handelt, den du kanntest. Dann gibt es die Möglichkeit der Widmung über oder unter dem Text: Herrn A. in Dankbarkeit (oder irgendwie so was). So weiß der Leser Bescheid. Im übrigen ist es für ihn völlig egal, ob du ihn kanntest oder nicht, für ihn ist es ein fiktionaler Text, da er den Herrn A. ja nicht kannte. Lieben Gruß, Rumpelstilz |
12.02.2023, 00:51 | #15 |
die letzte Strophe...
Hey Rumpelstilz,
die letzte Strophe ist m.E. unentbehrlich, zeigt sie doch, wie wichtig "mein" Elektriker war... VG Ottilie |
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