Das Edelweiß
Einst lebte die Blume, die wir heute „Edelweiß“ nennen im Flachland, und wurde von den Menschen, den Tieren und den anderen Pflanzen „Schlicht-“ oder „Einfachweiß“ genannt. Nur sie selber nannte sich schon immer „Edelweiß“.
Die Namen, die ihr die anderen gegeben hatten, empfand sie als Beleidigung und so sagte sie sich: „Ich werde es den anderen schon zeigen. Die werden sehen, dass ich etwas Besonderes, etwas Edles bin, wenn ich oben im Gebirge als die höchste aller Blumen wachse.“
So stieg sie hinauf in die Berge, höher und höher. Die Laubbäume wichen den
Nadelbäumen und diese schließlich den Gräsern und Farnen. Immer kälter wurde es. Der Schnee wich erst der Maisonne, doch hier gab es noch andere Blumen, so stieg sie noch höher, bis dorthin, wo es kaum noch Boden gab, und dort krallte sie sich an den nackten Fels.
Endlich erreichte sie die Schneegrenze. Oberhalb von ihr schmolz der Schnee das ganze Jahr über nicht.
„Hier bleib ich“ entschied sie, „denn keine Blume kann über mir wachsen. Ich bin die höchste Blume!“
So trotzt das Edelweiß nun Frost und Eis, Steinschlag und Lawinen um die höchste und wie sie selbst sagt, die edelste der Blumen zu sein.
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