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Zeitgeschehen und Gesellschaft Gedichte über aktuelle Ereignisse und über die Menschen dieser Welt. |
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28.12.2023, 20:23 | #1 |
Ich hab dem Volk aufs Maul geschaut…
Ich hab dem Volk aufs Maul geschaut.
Und was hab ich gesehn? Grimassen, Schnuten, Fressen auch. Ich wollt das Volk verstehn! Ich hab dem Volk aufs Maul geschaut, bin ich nun klüger jetzt? Ich weiß es nicht, doch meine ich: Das Volk, oh Gott: es hetzt. Es hetzt und schwätzt und petzt, mein Gott! Was für ein Volk ist das? Ich sehe da: viel Schaum vorm Maul. Und unterm Schaum: den Hass Was wird bloß aus dem Volke noch? Wird aus dem Volk ein Tier? Ich habe Angst und fürchte mich: Bald beißt es auch nach mir. |
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29.12.2023, 04:17 | #2 |
Wer hat Angst vor dem bösen Volk?
Hallo Ottilie,
ein interessantes Gedicht über das man erst Mal nachdenken muss: dem „Volk aufs Maul schauen“ ist eine Redewendung, die auf Politiker angewendet wird, die die „Sprache des Volkes“ sprechen, d.h. verständlich für größere Teile der Bevölkerung sind. Meinungsforscher und Soziologen müssen etwas subtiler vorgehen und gehen auch nicht von einer gleichbleibend homogenen Masse aus. Und wie sieht deine Angst vor dem beißenden Volk aus: dass du verletzt und ausgestoßen wirst, oder dass du verschlungen wirst und dann auch zu dem gemeinen Volk mit den niederen Trieben gehörst? LG Nordasche |
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29.12.2023, 09:33 | #3 |
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Guten Morgen, Ottilie,
deine Überlegungen gefallen mir sowohl von der Versgestaltung wie auch vom Inhalt her. Vor allem aber, weil du keine Behauptungen in deinem Gedicht über ein nicht vollständig erfassbares Phänomen aufstellst, sondern Fragen formulierst, dich dem Thema also kritisch genähert hast. Was genau ist das "Volk" (ein Begriff, der für manche Menschen in unserer Republik als politisch inkorrekt eingestuft wird, weil sie ihn mit einer ethnischen Homogenität gleichsetzen - was jedoch völlig falsch ist)? Wer genau hetzt? Und mit welchem Ziel? Wird im Internet nicht eher deshalb am meisten gehetzt, weil es dort so herrlich anonym stattfinden kann? Und welche Rolle spielen die Medien insgesamt bei der Meinungsmache? Warum sieht ein emeritierter Psychologieprofessor wie Rainer Mausfeld das anders und bezeichnet in einem vielbeachteten Vortrag das Volk als eine Herde "schweigender Lämmer"? Den Fragen, die du in deinem Gedicht stellst, könnte man also noch eine ganze Latte weiterer Fragen hinzufügen. Kein einfaches Thema, auch wenn es auf den ersten Blick so erscheinen mag. Besten Gruß und ein schönes Wochenende, Ilka |
29.12.2023, 14:55 | #4 |
Dabei seit: 02/2021
Ort: mit beiden Beinen in den Wolken
Alter: 61
Beiträge: 1.680
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Hallo Ottilie
... diesmal kann ich dir nicht zustimmen, aber der Lesefluss ist gut.
Das Thema dieses Gedichtes ist aus den Medien abgeschaut, also nicht unbedingt Realität. Bisher hörte ich nur wenige Hasstiraden live, auch wenn die Trolle in Social Medien sehr produktiv scheinen. Spreche ich mit Menschen, kommen eher Sorgen zur Sprache, als Hass. Aber wenn Medien und Politiker nichts gescheites haben, müssen sie etwas thematisieren. wsT dT |
29.12.2023, 15:32 | #5 |
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Zu was denn auch? Das Lyrische Ich gibt doch gar keine Wertung ab, sondern stellt Fragen und äußert allenfalls am Ende die Angst, nicht sicher zu sein. |
29.12.2023, 15:45 | #6 |
Dabei seit: 02/2021
Ort: mit beiden Beinen in den Wolken
Alter: 61
Beiträge: 1.680
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... keine Wertung, eine Meinung - der ich nicht zustimme
"Es hetzt und schwätzt und petzt, mein Gott! Was für ein Volk ist das? Ich sehe da: viel Schaum vorm Maul. Und unterm Schaum: den Hass" |
29.12.2023, 16:32 | #7 |
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Das ist richtig herausgegriffen, dunkler Traum, aber auch sehr allgemein formuliert. Tatsache ist, dass sich die Sicherheitskräfte, von der Feuerwehr bis zu den Sanitätern und Medizinern, für Silvester wappnen, denn sie haben ihre Erfahrungen aus den vergangenen Jahren (von den ruhigeren Corona-Jahren abgesehen). Vor allem erwarten sie Übergriffe und Ausschreitungen von bestimmten Gruppen der Bevölkerung, z.B. solchen, die Konflikte in anderen Staaten dieser Welt bei uns auszuleben gedenken. Solche Gruppen sind aber längst nicht "das Volk".
Vielleicht hätte man Ottilies Fragen noch eine andere Frage hinzusetzen sollen: Wie kann es sein, dass unsere Einsatzkräfte in TV-Werbespots darum betteln müssen, sie in der Silvesternacht nicht anzugreifen, sondern in Ruhe ihre Arbeit tun zu lassen? Welch ein armseliges Bild wirft dies auf unseren Staat! Das ist eine Bankrotterklärung der deutschen Politik. Noch schlimmer: Es ist geradezu die Einladung dazu, diese Helfer, die sich in ihrer ganzen Hilflosigkeit und Harmlosigkeit präsentieren, erst recht anzugreifen, um den daunenweichen Deutschen zu zeigen, wer der Stärkere ist und was ihre Gesetze und ihre Rechtsprechung wert sind. Wer ist eigentlich auf die bescheurte Idee zu diesen Fernsehspots gekommen? |
31.12.2023, 12:06 | #8 | |
Zitat:
Irgendwann wird es kommen wie in Frankreich, wo die Polizei sich in Problemvierteln gar nicht mehr blicken lässt. Wer könnte es ihnen verdenken. Ich denke, der Spot hat aber auch noch genau diesen Hintergrund: dass die Politik mal aufwacht. |
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31.12.2023, 12:11 | #9 | |
Zitat:
mal wieder ein interessantes Gedicht von dir. Besonders die letzte Strophe. Wenn aus dem Volk ein Mob wird, hat man keine Chance mehr. Grund genug, sich zu fürchten. LG DieSilbermöwe |
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01.01.2024, 19:28 | #10 |
Das Volk..
Liebe Leser,
Eure Kommentare führen zu neuen Überlegungen: Ich weiß z.B. selbst nicht ganz genau, was man unter Volk verstehen kann oder auch sollte. Ich muss darüber noch nachdenken... Auf jeden Fall hatte ich schon eine Menschenmenge vor Augen, die sich zur wilden Meute, um nicht von pogromsüchtiger Bestie zu reden, entwickelt... Ich will nicht einmal ausschließen, dass man selbst Teil einer solchen Menge werden - oder auch von dieser verschlungen/erschlagen/gemeuchelt werden könnte... Was nun die Silvesterfeiern angeht: Ich bin ganz froh, dass es halbwegs glimpflich gelaufen ist. Jede neue Gewaltwelle zieht eine weitere Eskalation nach sich.. Die Wendung "Dem Volke aufs Maul schauen" geht wohl auf Luther zurück. Paradox ist die Wendung schon: Wer schaut, der hört doch nicht. Sah Luther vielleicht vor allem nach bestimmten sozialen Schichten, bei denen er hoffte, mit seiner Botschaft zu landen? Schönen Abend Euch allen |
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05.01.2024, 23:39 | #11 |
Schaum vorm Maul...
Habe gerade die Berichte von bäuerlichen Versuchen, Habeck an Land zu lassen, gehört. Da sehe ich schon den "Schaum vorm Maul"...
Ottilie |
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06.01.2024, 11:52 | #12 |
Buddenbrooks
Hier ist ein anderes Beispiel aus Schleswig-Holstein zu dem Thema:
https://www.youtube.com/watch?v=ua2PI7ALJ0o im Video ab 2:30:00. |
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06.01.2024, 12:18 | #13 | |
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Zitat:
Es ging Luther auch nicht um soziale Schichten, sondern darum, Texte so zu verfassen, dass sie jeder versteht - ein Prinzip, dass auch heute an jeder Journalistenschule gelehrt wird und Lektoren von ihren Autoren fordern. Er hatte keine "Botschaft", sondern wollte (nachdem der Buchdruck ca. hundert Jahre zuvor entwicklet worden war) die Bibel ins Deutsche übersetzen, so dass jeder sie lesen konnte. Dazu war erforderlich, die zahlreichen deutschen Dialekte in eine Einheitssprache zu bringen. Luther hatte also nicht nur die Grundlage für unsere heutige deutsche Sprache gelegt, sondern auch Neologismen geschaffen, die allgemein verständlich waren. Allein dadurch, dass durch Luther das Volk imstande war, außerhalb der Priesterschaft (man predigte bis dahin nur in Latein) die Bibel selber in Deutsch zu lesen, geriet Luther mit dem übrigen Klerus in Konflikt. Dazu war nicht erst der sog. "Thesenanschlag" verantwortlich, den es wahrscheinlich nie gab. |
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07.01.2024, 23:10 | #14 |
Botschaft
Er hatte keine "Botschaft", sondern wollte (nachdem der Buchdruck ca. hundert Jahre zuvor entwicklet worden war) die Bibel ins Deutsche übersetzen, so dass jeder sie lesen konnte.
Hallo Ilka-Maria, danke für den profunden Kommentar zur Frage des "Aufs Maul schauen". Im Großen und Ganzen folge ich Dir, nur mit der Annahme, Luther habe keine Botschaft gehabt, hadere ich. Sollte es ihm wirklich nur ums "Lesevergnügen" und die Vermittlung biblischer Weisheiten gegangen sein? Ich glaube schon, dass auch Luther mit seiner Hinwendung zum Deutschen - für das er unbestritten viel geleistet hat - Teil einer gesamteuropäischen Bewegung war, die das Ziel hatte, sich aus den Fesseln Roms zu lösen; es gibt m.E. für jede Bewegung, jede Revolution und so gut wie jeden Krieg vor allem ökonomische Ursachen - sage ich als Pragmatikerin/Nichtesoterikerin... Was nun das Volk ist, diese Frage kann ich nach wie vor nicht zufriedenstellend beantworten. Ich neige aber dazu, ethnische und auch religiöse Kategorien außen vor zu lassen. Vorstellen kann ich mir, dass das "Volk" in der Regel die Beherrschten sind, jene, die man manipuliert, instrumentalisiert, gegeneinander oder gegen andere Völker aufhetzt oder auch einlullt, beschwichtigt, mit tröstlichen Ideen narkotisiert... "Volk" könnte ein Gegenpol zu den Herrschenden sein, wobei es sicher immer Überschneidungen gibt... Hat jemand eine bessere Erklärung? Schönen Abend wünscht Ottilie |
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08.01.2024, 00:31 | #15 | |||
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Zitat:
es ging Luther tatsächlich nicht um eine Botschaft, auch nicht um eine Revolution, und schon gar nicht um die Loslösng von Rom. Die Kirchenspaltung, die er gar nicht im Sinn hatte, war für ihn vielmehr eine unliebsame Entwicklung, die er von grundauf niemals hatte betreiben wollen. Was er an den Pranger stellte und abgeschafft haben wollte, war die ketzerische Befreiung von Sünden durch die Zahlung von Geld, die immer weiter um sich griff. Das war durch Gutenbergs Erfindung möglich geworden. Denn nun konnte man nicht nur Bücher in größerer Anzahl und schneller herstellen, sondern man konnte auch die Ablasszettel in kurzer Zeit in hohen Mengen drucken und an die Bevölkerung abgeben. Niemand tat mehr Buße in Form eines echten Opfers - man kaufte einen Ablasszettel, und die Sache war ausgestanden. Luther hätte nicht einmal etwas gegen das emsige Eintreiben von Geld duch den Vatikan für die Finanzierung des Petersoms gehabt, nur eben nicht mittels Zahlung gegen den Ablass von Sünden. Für den tiefgläubigen Luther war diese Ablass-Methode selbst ein ungeheuerlicher Sündenfall, den er nicht dulden konnte. Die Kirchenspaltung und die Neubildung einer Gegenkirche hatte er allerdings nie gewoll. Sie bildeten sich dann aber - um es kurz und etwas oberflächlich zu erklären - im Rahmen der Machtkämpfe zwischen Kaiser und den Fürsten sowie aus den sozialen Unruhen heraus, die zu den Bauernkriegen, dem Dreißigjährigen Krieg und auch um die Vorherraschaft über den Ostseeraum führten (Eintritt Schwedens in den Krieg). Zitat:
Die Bibelübersetzung war gewiss kein Vergnügen für Luther gewesen, sondern beinharte Arbeit. Er hatte dafür keinen Auftrag, sondern sich selber dieses Mammutprojekt aufgeladen. Er musste mit mehreren Versionen als Grundlage arbeiten, da es nicht nur eine gebräuchliche Übersetzung in Griechisch, sondern auch in Latein gab. Ein zähes, zeitraubendes Unterfangen. Zitat:
Diese ursprüngliche (demokratisch gemeinte) Definition ging mit der Zeit verloren, bis sie schließlich einer ethnischen Auffassung des Begriffs "Volk" wich. Wohin das geführt hat, wissen wir: Rassengesetze, Blut-und-Boden-Politik, Idealisierung des Vaterlands, Verfolgung und Vernichtung von Menschen, die nicht in diese Ideologie passten. Erst in diesem Zusammenhang greifen Begriffe wie "Propaganda", "Manipulation", "Weltverschwörung" etc. Mit "Volk" hat das nichts zu tun, denn auch diejenigen, die zu diesen Mitteln griffen, waren ein Teil des Volks und selber manipulierbar gewesen. Die Ideologien des Faschismus waren keine Erfindung der Nazis gewesen, sie überzogen Europa schon, bevor Hitler auch nur daran dachte, in die Politik zu gehen. Lenkbar ist nicht "das Volk", sondern jeder einzelne Mensch. Selbst Leute, die sich wissenschaftlich mit den Methoden moderner Propaganda befassen und über sämtliche Tricks Bescheid wissen, geben zu, dass sie dennoch nicht alle sofort erkennen und deshalb selber darauf reinfallen. Die propagandistische Psychologie ist so ausgefeilt und die Methodik so komplex geworden, dass kein Mensch jede Manipulation durchschauen kann, schon gar nicht auf Anhieb. Heute arbeitet man nämlich nicht mehr mit Hammer-und-Amboß-Parolen, sondern mit den unterschwelligen Sehnsüchten und Hoffnungen sowie mit den Eitelkeiten und falschen Selbsteinschätzungen der Menschen. Der Fachbegriff dafür ist "Soft Power". Dir auch einen schönen Abend - oder besser sollte ich sagen: eine gute Nacht. Besten Gruß Ilka |
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08.01.2024, 00:51 | #16 |
abgemeldet
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Das ist ein sehr starkes Bild, Ottilie!
Je älter ich werde, desto mehr verstehe ich Unternehmer. Jene, die "rücksichtslos" ihr Ding für ihr Leben machen und die Existenz einzig vom Profit abhängt. Damals habe ich das immer verurteilt, weil in mir die Menschlichkeit aufstieg, das Einstehen für die armen, benachteiligten und schwachen Menschen. Jetzt denke ich, dass alles was kommt oder kommen möge, es das Volk nicht anders verdient hat. Ich erinnere mich noch an meine Kinderzeit zurück. Wir hatten so viel schöne Bäume im Ort. Sehr große Ahorn, riesige Kastien und Eichen. Und die Menschen haben gelacht. Jeden Abend tönte es ausm Schrebergarten. Kaum gesättigte und verhangene Gesichter. So. Ich lebe immer noch im selben Ort und alles hat sich verändert. Nur noch Geläster, Klagen, Missgunst, nur noch streitende Nachbarn. Dann komme ich von der Teilzeit heim, setze mich vor dem PC, mach das Internet an und überall nur noch Hass, Hetze und Betrug. Das soll nicht heißen, dass es nichts Gutes gibt und das soll nicht heißen, dass es uns - vergleichsweise - schlecht geht. Ich bin immer noch sehr happy, dass ich in Deutschland geboren wurde. Weil... "halbwegs" sicher ist es, hervorragendes Gesundheitssystem und jeder kann bis 30 mit Bafög studieren, selbst Schulabbrecher und Hauptschüler haben eine Chance. Und wer keinen Bock auf das Bildungssystem hat, besitzt trotzdem, wenn er sich sehr gut verkaufen kann und gern im Rampenlicht steht und psychisch und physisch belastbar ist, realistisch gute Chancen gutes Geld zu verdienen. Was mich aber nervt ist die Mentalität in unserem Land. Ich könnte im Strahl kotzen. Die meisten meiner Kontakte befinden sich im Ausland und der Kontrast dazu ist einfach unglaublich schlecht. Nun: Mein Kommentar hat mit den anderen Kommentaren nichts zu tun und vielleicht auch nicht mit dem Thema, aber die zwei Verse holten mich ab. lg EV |
08.01.2024, 01:45 | #17 |
Hallo Eisenvorhang,
es reicht nicht aus, dem Volk aufs Maul zu schauen, du musst auch mit ihm sprechen. Dann siehst du nicht nur Hass und Schaum.
Zugegeben, das war jetzt eine grobe Verallgemeinerung, aber sie passt zu dem Gedicht von Ottilie. LG Nordasche |
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08.01.2024, 23:25 | #18 | |||
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Zitat:
Luther, dem der Spruch zugeschrieben wird, sah sein Ziel jedoch nicht darin, mit dem Volk in der Sprache des Klerus, der Gelehrten und des gebildeten Adels zu sprechen, die niemand in den darunterliegenden Ständen verstanden hätte. Wenn doch, dann nur bruchstückhaft und vielleicht missverständlich. Er wollte die verwissenschaftliche Sprache deutsch und für jeden zugänglich machen, erst so konnte eine Kommunikation zwischen Sender und Empfänger auf gleicher Augenhöhe gewährt sein. Zugrunde lag Luther, wie man weiß, die Idee, dass der Mensch keinen Priester als Vermittler zu Gott brauche, sondern jeder das Recht haben müsse, mit Gott direkt zu kommunizieren. Das ist verwunderlich, denn damit sägte Luther sich selbst den Ast der Autorität ab, auf dem er saß. Zitat:
Zitat:
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10.01.2024, 00:13 | #19 |
Mentalität...
Was mich aber nervt ist die Mentalität in unserem Land. Ich könnte im Strahl kotzen. Die meisten meiner Kontakte befinden sich im Ausland und der Kontrast dazu ist einfach unglaublich schlecht.
Hallo Eisenvorhang, mir gehts genauso. Leider - weiß ich keine rechte Erklärung für die schlechte und grundaggressive Stimmung im Land. Insgesamt geht uns immer noch sehr viel besser als vielen Menschen in anderen Ländern... |
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10.01.2024, 00:27 | #20 |
Lösung von Rom?
es ging Luther tatsächlich nicht um eine Botschaft, auch nicht um eine Revolution, und schon gar nicht um die Loslösng von Rom.
Hallo Ilka-Maria, Du magst recht haben. Aber: Auch wenn sich Luther nicht primär als Anführer einer "Unabhängigkeitsbewegung" verstand, so agierte er doch im Kontext einer Zeitströmung, die sich gegen Rom richtete. Wenn man die Reformation verstehen will, kommt man um eine Beschäftigung mit dem Verhältnis zwischen Rom und den weltlichen Reichständen des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation nicht herum, als Stichwort nenne ich hier die Gravamina nationis germanicae, was nix weiter war als eine ganze Latte von Beschwerden Geistlicher, aber auch der Kurfürsten deutscher Staaten, formuliert in mehreren Schreiben an Rom. Einer der Vorwürfe war z.B., der Papst belaste mit seinen finanziellen Forderungen das Reich. Ich sehe auf Grund solcher Forderungen ökonomische Ursachen mindestens als einen der Gründe für die Reformation... Schönen Abend wünscht Ottilie |
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10.01.2024, 08:26 | #21 |
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Na also, jetzt schreibst du selber "Reformation". Das ist aber etwas anderes als eine Revolution oder eine Unabhängigkeitsbewegung. Niemand hatte den Umsturz im Sinn, der zur Kirchenspaltung führte. Die Gravamina war auch nicht neu, sondern hatte ihre Anfänge bereits Jahrzehnte, bevor Luther geboren wurde, und hatte allenfalls den Charakter einer wiederholten und ergänzten Prostestschrift. Der wahre Radikale war Thomas Müntzer gewesen, von dem sich Luther ausdrücklich distanziert hatte. Luther mag in seinen zahlreichen Schriften gegen das Gebahren der weltlichen und geistlichen Obrigkeiten gewettert haben, aber als es ernst wurde, knickte er ein und musste sich, wie bekannt ist, auf der Wartburg verstecken. Nicht gerade die besten Voraussetzungen, einen Umsturz anzuzetteln.
Selbst der Begriff "Reformation" ist dem Grunde nach nicht richtig; denn es kam zu keiner Reformation der katholischen Kirche, sondern eben "nur" zur Kirchenspaltung. Immerhin hatte Luther auf der Wartburg die notwenige Zeit und Ruhe für die Arbeit an seiner Bibelübersetzung. Wobei wir wieder beim eigentlichen Thema dieses Fadens wären, nämlich "dem Volk aufs Maul zu schauen". |
02.02.2024, 15:02 | #22 |
Liebe Ottilie,
hier ist schon viel gesagt worden. Dein Gedicht berührt mich sehr....ich habe das alles schon einmal erlebt.... damals, vor 80 Jahren.... LG Hanna |
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02.02.2024, 23:27 | #23 |
Was mal war und nie wieder kommen sollte...
Liebe Hanna,
ich habe große Ehrfurcht vor den Menschen, die Krieg und Nachkriegszeit miterleben und überstehen mussten. Es ist für mich ein außergewöhnliches Lob, wenn jemand, der diese Zeiten kennt, meine Beschreibung der aktuellen Stimmung nachvollziehen und in Bezug setzen kann zu dem, was mal war und eigentlich nie wieder kommen sollte. Danke und einen schönen Abend wünscht Ottilie |
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05.02.2024, 13:04 | #24 |
abgemeldet
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Mir gefällt das Gedicht sehr gut, auch handwerklich liest es sich flüssig und heiter, und ich kann mich identifizieren. Ich werde schon ab und zu mal gebissen. Meist geht es um "die Ausländer" die "uns Deutschen" etwas wegnehmen wollen. In Wahrheit steckt aber Rassismus dahinter.
Was genau ein Ausländer oder ein Deutscher sei, wird mit Worten wie "Passdeutscher" festgelegt. Staatsbürgerschaft und Muttersprache reichen nicht aus, man muss auch blond und blauäugig sein und von Deutschen abstammen - außer wenn diese deutschen Vorfahren Juden oder "Zigeuner" oder gar POC waren, das zählt dann natürlich nicht als "deutsch". Ich lasse mich gerne weiter vom Volkstier beißen, verschlingen lassen werde ich mich nicht. LG |
11.02.2024, 21:06 | #25 |
Rassismus...
Hallo Kofski,
danke für Deinen Kommentar. Mit dem Thema Rassismus ist das aber so eine Sache. Die meisten meiner Bekannten und Freunde sind der Meinung, sie seien frei von rassistischem Gedankengut. Ich habe da meine Zweifel, dass dem so ist. Denn ich beobachte unvoreingenommen, vor allem - mich selbst. Klar ist: Wer gibt schon gerne zu, Menschen einzuteilen, z.B. nach Rassen. Es soll ja, wissenschaftlichen Erkenntnissen nach, keine geben. Man redet daher vornehm von Ethnien. Was wohl nur ein zeitgemäßerer Begriff für das alte Unwort ist, denke ich. Kurz gesagt: Wir kommen, evolutionsbedingt, nicht darum herum, Menschen nach dem Äußeren und vermuteten geistigen und genetischen Potenzialen zu beurteilen. Höchstens Blinde könnten davon befreit sein. Wer aber sieht, sieht einfach - Unterschiede, die nach einer Kategorisierung verlangen. Wer kann schon für jeden Menschen - obwohl er/sie/es, nach christlichem Verständnis, das wert wäre -, wer kann also für jeden eine eigene Schublade aufmachen? Folglich beschränken wir uns bei der Beurteilung auf eine überschaubare Anzahl von "Schubladen". Was nun den wirklichen Rassisten ausmacht, ist die offensiv-rücksichtslose Bewertung der Menschen nach erkennbaren oder vermuteten Unterschieden. An sich sind echte Rassisten damit durchaus ehrlich, so widerlich sie sein mögen. Der Durchschnittsmensch und -bürger weist jeden Gedanken an Kategorien und mögliche Unterschiede zwischen den Menschen von sich, jedenfalls in der Öffentlichkeit. Wenn keiner so genau hinsieht, praktiziert er dann doch nach den eingefleischten, oft sogar unbewussten rassistischen Mustern, ich erinnere hier mal an die Tests mit Bewerbungsschreiben, die gleiche Ausbildungsmerkmale, aber deutsche und türkische Namen der Bewerber, enthielten. Wenn ich ein Fazit zum Thema Rassismus ziehe, muss ich sagen, dass eine Überwindung nur möglich wäre durch ein Eingeständnis unserer ererbten/evolutionär geprägten Sichtweise auf andere Menschen und den Versuch, deren Perspektive einzunehmen. Schönen Abend wünscht Ottilie |
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