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27.05.2011, 13:54 | #1 |
R.I.P.
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Würdevolles Sterben
von einem User zitiert.
Der Tod kennt keine "Würde". Stirbt der Krebskranke würdiger als der Soldat, der vom Panzer überrollt wird? Und wer der Hinterbliebenen trauert egoistischer? Mit dem Begriff "Würde" ist sehr vorsichtig umzugehen. PS Noch niemals hat meinetwegen jemand seinen Account löschen lassen wollen oder müssen. Das Forum ist offen. |
27.05.2011, 15:36 | #2 |
Dabei seit: 07/2009
Alter: 46
Beiträge: 575
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Hi Thing,
ich denke mit "Würde" beschreibt man lediglich die Umstände (das was zum Tod führt) des Todes, die man für sich selbst möglicherweise erstrebbar (in Würde) oder zu vermeiden (würdelos) erachtet. Würde kann völlig unterschiedliche Bedeutungen tragen, sie refenziert sich nach dem eigenen Wertesystem und unzähligen anderen persönlichen Faktoren. Dennoch scheint es so etwas wie einen allgemeinen Faktor Würde in der Gesellschaft zu geben. Auch dieser richtet sich nach Wertesystemen. Jener Hinterbliebene trauert am egoistischsten, der von dem egoistischsten Beobachter für am meisten egoistisch gehalten wird. Vielleicht man selbst... |
27.05.2011, 15:42 | #3 |
Dabei seit: 07/2009
Alter: 46
Beiträge: 575
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Der Tod macht alle gleich, das stimmt - den Millionär wie den Bettler.
Der Tod ist aber nicht das Sterben und schon gar nicht das Sichtum, was ich zum Leben zähle. Würde und Leben sind miteinander verquickt - mit dem Tode hat das nichts zu tun, denke ich. |
27.05.2011, 16:47 | #4 | |
Dabei seit: 07/2009
Alter: 46
Beiträge: 575
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Zitat:
Kopf. Leben und Tod sind zwei Seiten ein und derselben Münze. Das Sterben beginnt mit dem ersten Atemzug dies nennen wir dann Leben. Im Leben liegt die Würde. Reißen wir den Tod vom Leben, nehmen wir die Würde und zwar in jenem Maße wie sehr wir jenes Sterben eher zum Tod zählen als zum Leben. |
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27.05.2011, 17:40 | #5 |
R.I.P.
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Die Würde des Menschen ist unantastbar
sagt unser Grundgesetz. (Dazu später mehr). Kein Sterbender ist würdelos. Entwürdigend sind manche Handlungen, die Lebende an Sterbenden vornehmen. Thing (Altenpfleger und Hospizreferent) |
27.05.2011, 18:44 | #6 |
Dabei seit: 07/2009
Alter: 46
Beiträge: 575
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Die Würde des Menschen wird kurzerhand (oder auch etwas länger) für
unantastbar erklärt, damit man gewisse Handlungen ächten und bestrafen kann, und um dem Ganzen eine (nebel)klare Gesetzesgrundlage zu verschaffen. Solange man den Sterbenden als (immer noch) Lebenden betrachtet, kann dieser niemals würdelos sein. |
27.05.2011, 18:49 | #7 |
R.I.P.
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So ist es und so sei es und so soll es sein.
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27.05.2011, 19:31 | #8 |
R.I.P.
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Ich habe auch den Ausweis.
Der wird belächelt: Ich bin zu alt. Die o.g. Verfügung habe ich in dreifacher Ausfertigung. Familie Anwalt Brieftasche |
27.05.2011, 19:42 | #9 | |
Forumsleitung
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Zitat:
Für mich beginnt weder das Leben noch das Sterben mit dem ersten Atemzug. Das Leben beginnt mit der Befruchtung einer Eizelle. Die Debatte, ob es sich dabei bereits um ein schützenswertes Menschenleben handelt, lasse ich hier mal außen vor. Vorausgesetzt, das Heranwachsen im Mutterleib verläuft ohne Störung, kommt unweigerlich der erste Atemzug und – folgerichtig – ein erstes Gebrüll, aber damit setzt noch kein Sterben ein. Denn noch ist das Menschlein nicht fertig und wird wachsen. Neues wird sich bilden, wie z.B. zweimal die Zähne. Erst wenn der Mensch geschlechtsreif geworden ist, fängt die Uhr an, rückwärts zu gehen (gottseidank aber wesentlich langsamer, man muß sich ja so oft wie möglich „reproduzieren“ – was für ein Wort!). Deshalb lautet meine Feststellung: Zeugung und Tod, Leben und Sterben sind jeweils zwei Seiten derselben Medaille: Das Leben beginnt mit der Zeugung, das Sterben mit der Geschlechtsreife. Noch kurz ein Wort zur „Würde des Menschen“: Das steht nur auf dem Papier, sie existiert nicht, sonst würde die Würde nicht permanent rund um den Erdball verletzt. Davor schützt auch keine Demokratie. Der Begriff ist nicht eindeutig definiert und somit beliebig auslegbar, dazu ist er viel zu schwer zu fassen. |
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27.05.2011, 22:35 | #10 |
Dabei seit: 07/2009
Alter: 46
Beiträge: 575
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Guten Abend Ilka,
meine Aussage mit dem Atemzug bezog sich auf den "Atemzug darüber". Es liegt mir momentan mehr als fern in die endlose und manchmal äußerst epischen Diskussionen ab wann Leben beginnt einzusteigen. Ich meinte das eher metaphorisch nicht wörtlich. Ob Würde, Freiheit oder freier Wille existieren kann man genauso trefflich diskutieren, wie die Frage nach deren Erscheinungsbildern und Formen. Da ich persönlich versuche ein positivistisches affirmatives Weltbild zu haben, so nehme ich einfach mal an, dass es diese, wie auch immer sie aussehen mögen, gibt, nicht nur auf dem Papier, liebe Ilka Ich bin eben Idealist... manchmal. |
31.05.2011, 18:57 | #11 |
R.I.P.
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Ja, dem Idealismus unterliege ich nach wie vor, weil ich -
Gegenteiliges kennend - an Humanismus glaube. Auch wenn täglich die Menschenwürde geschändet wird. Der Mensch hofft, so lange er lebt. Der Humanismus ist wohl ebenso verrottet, wie ich es bald sein werde. Thing |
31.05.2011, 19:09 | #12 |
abgemeldet
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Mann, Thing, was ist los?
Und diese sonderbare Sicherheit in deinen Worten macht mich echt nervös! Wenns ein Scherz sein soll, ist er, meiner Meinung nach, hier vorbei... Mit äußerst sorgenvollen Gedanken Jack |
31.05.2011, 19:29 | #13 |
R.I.P.
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Was bereitet Dir sorgenvolle Gedanken?
Daß ich - unverbesserlich - an Humanimus glaube ? |
31.05.2011, 19:40 | #14 | |
Dabei seit: 07/2009
Alter: 46
Beiträge: 575
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Zitat:
Einen Glauben in eine Sache oder einen Menschen haben, bedeutet immer auch diese/ diesen zu stärken. Spes denique moritur. (richtig übersetzt?) |
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31.05.2011, 19:48 | #15 |
abgemeldet
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Nein,, das macht mir Hoffnung...
Glaubst du, das lenkt mich jetzt ab? (Du musst natürlich nicht darauf eingehen, aber ich möchte meine Sorge äußern und hoffe, dass vielleicht, jemand der dich besser und länger kennt, dir per PN oder so zur Seite springt...) |
31.05.2011, 20:13 | #16 | |
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Zitat:
Aktuelles Beispiel ist der Fall "Kachelmann": Heute morgen sagte eine Gerichtssprecherin in einem Interview, sie habe noch nie eine derartig massive Medienpräsenz mit Spekulationen und vorgefaßten Urteilen erlebt wie bei diesem Prozeß; und das, obwohl klar war, daß die Wahrheit wohl kaum aufzudecken sein wird. Was sich die Medien da geleistet haben, ging weit über eine Informationspflicht hinaus. Aber bitte nur als Beispiel nehmen. Ich will jetzt hier keine Diskussion über Kachelmann entfachen. |
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31.05.2011, 22:52 | #17 |
R.I.P.
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pars pro toto
Vorurteile, Vorverurteilungen, Urteile - ich konnte den actimüll-Werber nie leiden, aber i h m hat man im Prozeß beinahe die Würde des Menschen genommen. Mag er schuldig sein oder nicht. |
01.06.2011, 06:38 | #18 |
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Man muß gar nicht die Prominenz herbeizitieren. Aus meiner Schulzeit:
Die Musiklehrerin stellt eine Frage und bemerkt, daß zwei Mädchen sich etwas zuflüstern, eine davon hat lange dunkle Haare. "Du da hinten mit der Mähne," fordert die Lehrerin zu einer Antwort auf. Damit war sie allerdings an die falsche Adresse geraten, denn dieses Mädchen stammte aus einer Familie mit Selbstwertgefühl und war entsprechend erzogen worden. Statt einer Antwort kam die Retourkutsche, die Lehrerin möge es gefälligst unterlassen, persönlich zu werden. Wir Mitschüler waren alle beeindruckt. |
01.06.2011, 10:29 | #19 |
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Ich hab auch eine Schulgeschichte dazu:
Der Wirtschaftslehrer unserer Schule, bekannt dafür, dass er seinen dicken Schlüsselbund nach Schülern wirft, reagiert auf einen Mitschüler, der aufgelacht hat, weil er sich mit einem anderen Mitschüler unterhalten hat, so: "Hast du schon mal einen Affen gesehen?" Er wollte ganz offensichtlich einen seiner üblichen Scherzchen vorbereiten...da kam dann die Revolution: "Haben sie schon einmal in den Spiegel gesehen?" Manchen platzte sofort ein Lachen heraus, den meisten anderen schockierten erst zur Pause. Dem Mitschüler brachte es mehrere Stunden nachsitzen. Der Tadel wegen Beleidigung, wurde nach mehreren Elterngesprächen mit dem Rektor zurückgezogen... |
01.06.2011, 10:58 | #20 | |
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Zitat:
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01.06.2011, 13:12 | #21 |
R.I.P.
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Wie wahr!
Hartz-Sklaventum unterscheidet sich in fast n i c h t s vom Leibeigentum. Wohl und Wehe sind von oben abhängig. Lediglich die Prügelstrafe wurde für die "Dekadenten" abgeschafft. |
05.06.2011, 11:20 | #22 |
Dabei seit: 06/2010
Ort: Zuhause
Alter: 34
Beiträge: 51
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Netter Gedanke...
Ich frag mich hierbei inwieweit interessiert es einen sterbenden wie würdevoll er stirbt, wäre die würde in diesem Fall nicht nur etwas für die Angehörigen und hat sie dann in diesem Fall nicht ihren Zweck verfehlt. Ich möchte Würde haben solange ich lebe und im Angesicht des Todes wenn ich weiß bald geht mir dieses "Leben" diese Welt doch eh am Arsch vorbei dann interessiert mich doch nicht auf die letzten paar Tage/Stunden/Minuten und Sekunden wie "würdevoll" ich verrecke! Außerdem beschreibt die Würde nicht eine frei Seinsbestimmung? -was interessiert dann noch diese wenn man nicht mehr (lange) IST? |
05.06.2011, 11:32 | #23 |
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Hier ist ellenlang von "Würde" die Rede, aber was umfaßt dieser Begriff eigentlich? Wenn ich all die Beiträge lese, wird mir immer mehr bewußt, wie schwammig er ist. Was ist denn diese "Würde" eigentlich? Und weshalb ist "Würde" ausgerechnet für das Sterben so wichtig? Was ist denn mit der Würde während der Geburt und mit der Würde zwischen der Geburt und dem Sterben?
Und weshalb wird Würde immer von außen eingefordert? Ist man für seine Würde nicht selbst verantwortlich? Muß sie nicht selbst empfunden werden? Ich habe vor vielen Jahren die Verfilmung eines Romans von Solschenizyn gesehen, da hatte ein Gulag-Häftling es sich nicht nehmen lassen, bei der Mahlzeit in der Gefängniskantine ein weißes Tuch auszubreiten, bevor er seinen Teller darauf stellte. "Dem hatten sie die Würde nie nehmen können," sagte ein Mithäftling bewundernd. Man hätte es auch modern "Stil" nennen können, aber es war Würde. Würde kann man nicht einfordern (nicht als Erwachsener), Würde ist ein Gefühl des eigenen Wertes, das man hat, ansonsten ist man ein Würstchen. |
05.06.2011, 11:55 | #24 |
R.I.P.
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Halli Hallo, damaris -
ich kenne da ganz andere Beispiele aus meiner Altenheim-Arbeit. Eine Greisin, die jeden Tag darum bettelte, daß man sie von der PEG befreit und einfach verhungern läßt. Jede zugeführte Nahrung wurde zum größten Teil unter Qualen wieder erbrochen, so daß dann noch venös Flüssigkeit zugeführt wurde. Ist das ein würdevolles monatelanges Sterben? |
05.06.2011, 12:01 | #25 |
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Was ist PEG?
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05.06.2011, 12:19 | #26 |
R.I.P.
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Perkutane endoskopische Gastrostomie
Quelle: wikipedia |
05.06.2011, 12:46 | #27 | |
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Ich hab' mal nachgeschlagen und bin auf das hier gestoßen:
Zitat:
Insofern wird schon mal ohnehin ihr "innerer Wert" angetastet und ihr darüberhinaus auch noch körperliche Gewalt angetan. Grundsätzlich, glaube ich, kann eine Verletzung der Würde nur die Person selbst beurteilen. Vom Zuschauen her empfinden wir ja die Entwürdigung, weil wir uns in die Person hineinversetzen und versuchen einzuschätzen, wie wir uns dabei fühlen würden. Ein unangenehmes Beispiel, aber ich führe es trotzdem an: Wenn jemand sich, aus sexueller Vorliebe, mit Ausscheidungen, welcher Art auch immer, beschmiert oder beschmieren lässt, kann sich diese Person durchaus beschenkt und beglückt fühlen, wohingegen ein anderer Erwachsener, dem die Mutter mit dem bespuckten Taschentuch den Mundwinkel säubern will, sich durchaus herabgewürdigt fühlt. Ersterer fühlt sich möglicherweise genau dadurch in seiner Würde bestätigt,weil er ernst genommen wird mit seinem Bedürfnis, während andere sich zu Tode schämen würden. Wenn es also um die Würde im Sterbeprozess geht, ist es, denke ich, daran, den Patientenwillen herauszufinden- und wenn das nicht verbal geht, dann über andere Zeichen (schriftlich oder mit Augenzwinkern, je nach Fall und Kreativität...) Das ganze findet dann natürlich sein Ende, wenn die Person zu keinerlei Willensäußerung mehr fähig ist oder den Sinn der Worte nicht mehr verstehen kann etc. Wenn dann nicht eine Patientenverfügung vorliegt, wird es natürlich schwer, aber: Selbst wenn ein Verfügung vorliegt, kann sie im Moment ihrer Durchsetzung ja trotzdem würdelos sein, wenn die sich nicht mehr äußern könnende Person, es gar nicht mehr will... Schauderhafter Gedanke... |
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05.06.2011, 12:53 | #28 |
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Ich gehe da noch viel weiter: "Würde" ist ein Kunstwort, es gibt sie nicht. Es gibt etwas wie Wille und Vorstellung, die man, solange man jung und stark genug ist, verteidigen kann. Aber irgendwann ist der Ofen aus. Das Sterben beginnt vor dem Tod und hat ein häßliches Gesicht.
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05.06.2011, 13:00 | #29 |
R.I.P.
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Ja.
Aber dieser Frau hat man den eigenen Willen aberkannt. (Jeder schiebt die Verantwortung weit von sich; hier auch die "Kinder"). Insofern bringe ich Würde (nicht des Todes, sondern die des Menschen) und freien Willen in Bezug. |
05.06.2011, 13:07 | #30 |
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Könnten wir dann sagen:
Würdevolles Sterben ist selbstbestimmtes Sterben? |
05.06.2011, 13:13 | #31 |
R.I.P.
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JA !
Dies soll kein allgemeingültiges Beispiel sein, aber ich empfinde wie Gunter Sachs. (Ich nehme keinen Bezug auf den Tod derer, die unfreiwillig in Krieg und Kämpfen sterben!) |
05.06.2011, 13:14 | #32 | |
Forumsleitung
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Zitat:
Von den Menschen, die sich nicht das Leben nehmen, sterben die meisten qualvoll - man kann es auch "verrecken" nennen. In meinem Umfeld haben Sterbende an alles andere gedacht als an einen abstrakten Begriff wie "Würde", eher an Windeln und Waagen. |
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05.06.2011, 13:16 | #33 |
R.I.P.
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Und genau d a s will ich mir ersparen.
Denn es nimmt den letzten Rest der Würde, Selbstbestimmung. |
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