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Sonstiges Gedichte und Experimentelles Diverse Gedichte mit unklarem Thema sowie Experimentelles. |
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12.12.2021, 15:12 | #1 |
Bis dass der Tod uns scheidet
Ich hab die Liebe umgebracht
in Worten und in Taten. Ich müsste, hätt ichs nicht gemacht, sonst sie und mich verraten. |
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12.12.2021, 16:57 | #2 | |
abgemeldet
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Liebe Mohrel,
die Sache könnte durchaus knifflig werden, die Hirnforschung hat schon Teile des "Begriffs Liebe" lokalisieren können, beweisen lässt sich das ja immer durch Stimulation und Diagnostik. Aber ich folge deinen Gedanken einfach mal völlig wertfrei, ok, so ganz einfach ist das jetzt aber auch nicht. Hättest du eine bestimmte Liebe (also namentlich benannt und als beseeltes Individuum deklariert) tatsächlich umgebracht läge hier ein chronologisch, psychologisch nachweisbarer Tatbestand vor. Aber natürlich möchte man nie so weit gehen und so etwas vermuten. Folgte man diesem Gedanken jedoch und beziehe "Bis dass der Tod uns scheidet" auch noch in diese Unlogik mit ein, bliebe noch die Frage des Erbes zu klären und das wäre unweigerlich eine Frage die den Tatbestand durch Höhe und Umfang noch zuzüglich beeinflussen könnte. Zitat:
aber natürlich nur wenn ich meiner "selbsterdachten Unlogik" von oben weiterfolge und verschleiert rein tatbestandsfolglich auch noch ein zusätzliches Motiv: die Angeklagte hat augenscheinlich entweder gestaltlich oder visuell Ehebruch begangen. Draußen sitzt auf der Wartebank vor dem Gerichtssaal eine Frau Liebe und die Angeklagte erzählt parallel dazu etwas von "Verrat" ... Gerne nachgespürt wenn auch etwas abstrus Ich glaube du erkennst sehr differenziert welcher Assoziation ich mich hier sprachlich bediene und kannst sie auch bewerten, andernfalls wäre mein Kommentar schändlich und ich müsste mich dafür schämen. Alles Liebe |
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12.12.2021, 18:14 | #3 | |
Forumsleitung
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Zitat:
das sind schlichte Zeilen mit schwerem Gehalt, die unter die Haut gehen. Wer seine Liebe zu töten gezwungen war, musste dies aus einem unlösbaren Konflikt heraus getan haben. Eine Frau hat zum Beispiel die Wahl, das Leben des geliebten Mannes zu retten, indem sie sich vertraglich an den anderen, mächtigeren Mann bindet - oder aber den Geliebten zu opfern, um dem ungeliebten Mann nicht willfährig sein zu müssen. Angenommen sie lässt den Geliebten sterben. Dann hätte sie zwar ihre Liebe umgebracht und müsste unter dieser Schuld ein Leben lang leiden, aber sie hätte sie nicht verraten. Dem Geliebten jedoch zu entsagen, damit er frei komme, wäre Verrat an der Liebe gewesen, doch die Frau hätte dafür die Gewissheit gehabt, dass er leben würde. Eine höllische Zwickmühle. Das ist nur eine von vielen möglichen Konstallationen, und ich weiß nicht, ob ich mit meinem Beispiel das getroffen habe, was dir im Sinne stand. Sollte es jedoch so oder auch nur ähnlich sein, hättest du das auf eine wahrlich unprätentiöse Art in nur vier Versen kunstvoll zum Ausdruck gebracht. Ein poetisches Kleinod. Noch eine Anmerkung zur Überschrift: Ich meine, dass hier der Konjunktiv 1 stehen müsse: "Bis dass der Tod euch scheide ...". Meistens wird dieses geflügelte Wort zwar so geschrieben wie in deinem Titel, aber ich halte es für falsch und einfach nur von der Gewohnheit an falsche Wiederholungen eingebürgert. Begründung: "Bis der Tod euch scheidet" ist eine Voraussetzung und deterministisch. Eine andere Scheidung als durch den Tod ist nicht möglich. Einmal einander versprochen ist für immer versprochen. "Bis dass der Tod euch scheide ...". Hier hingegen ist der Tod keine Voraussetzung, sondern die letzte Instanz, die angestrebt werden kann, um dann wie der Hohepriester zu erscheinen und das Band zu durchschneiden. Zuvor sind aber jede Menge anderer Wege der Trennung möglich. Der Tod ist kein Muss, sonder ein "bis dass ..." (wenn überhaupt) oder optional ein "auf dass ..." (falls er will). Das mag sich wie Erbsenkackerei, Korinthenzählerei, Schotenspaltung mit dem Hackebeil oder Haarspalterei mit dem Lasterstrahl lesen, soll aber nur ein Denkanstoß aus der Hölle des Grammatikteufels sein. Beste Grüße und einen schönen Restsonntag, Ilka |
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12.12.2021, 19:36 | #4 | |
Zitat:
das ist wirklich ein poetisches Kleinod ! In mir stieg das Bild eines Eheschwur über dem Konflikt auf ("bis dass der Tod uns scheidet") und bildet gleichsam den düsteren Endzeithimmel unter dem das Herz mit sich selbst seinen blutigen Konflikt ausgetragen hatte. Das LI hat die Liebe vorsätzlich getötet und zwar "komplett" (in Worten und in Taten), um sich selber (und ihr) treu bleiben zu können, bis über den Tod hinaus (denn nun ist die Liebe ja tot) im Kontrast zu "bis dass der Tod uns scheidet". Dem Eheversprechen, das unberührt und emotional unbewegt und ungebrochen bleibt, wird ein eingelöstes Treueversprechen gegenübergestellt, das das ganze LI einnimmt in Endgültigkeit und Alternativlosigkeit. Das LI war wirklich da, wo es die Liebe geopfert hat, so liest es sich für mich und nicht da, wo die Treue bis zum Tod versprochen wurde... Ein schrecklich wunderbarer Konflikt, kunstvoll ins nackte Herz verdichtet, mit dem Potential zu einem ganzen Roman! Sehr beeindruckend... mes compliments Dio |
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12.12.2021, 23:46 | #5 |
Lieber Lichtsohn,
hab vielen lieben Dank für deinen Kommentar, und dass du deine Zeit diesem Tatbestand gewidmet hast! Etwaige Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Begebenheiten oder lebenden oder verstorbenen Personen sind natürlich rein absichtlich erfunden. Die Liebe ist tot. Es lebe die Liebe! Liebe Ilka, ich freue mich riesig über deinen Kommentar, und danke dir! Ich hatte zwar eine andere Konstellation im Sinn, aber das von dir beschriebene Beispiel verdeutlicht es auch sehr gut. Schotenspaltung mit dem Hackebeil finde ich übrigens klasse! Aber gerade in der obrigen Zwickmühle ist keine andere Scheidung als durch den Tod möglich, zumindest für die Liebe. Lieber Dio, auch dir ein herzliches Dankeschön für deine Antwort und das Lob. Ich freue mich sehr! Das LI ist der Liebe treu geblieben. Nur das zählt, oder? Liebe Grüße |
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13.12.2021, 10:40 | #6 |
14.12.2021, 01:43 | #7 |
Liebe Morel
Diese, deine Zeilen lassen mich wieder einmal wissen, warum ich ein Fan von dir bin.
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14.12.2021, 06:46 | #8 |
24.12.2021, 07:28 | #9 |
24.12.2021, 07:56 | #10 |
18.01.2022, 02:21 | #11 |
abgemeldet
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Liebe Mohrel,
vier Zeilen und so viel Inhalt. Das gibt so viel her. Die Liebe umzubringen, anstatt sie zu verraten. So, oder so geht es für die Liebe hier nicht gut aus. Ich finde, das ist sprachlich toll verpackt. Kurz und knackig. Gerne mehr davon. Favorit! Pennywise |
18.01.2022, 18:47 | #12 |
Danke lieber Pennywise
Ja, manchmal geht es nicht gut aus - und ist so
dennoch das geringere Übel. Danke auch für den Favo! Liebe Grüße |
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18.01.2022, 23:55 | #13 |
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Hallo Mohrel,
es gefällt, es gefällt! Ein kleiner Gedankengang. Es ist fast Gnade (Ich bin ungläubig, wohl eher Antichrist), etwas durch Worte und Taten zu töten. Viel schlimmer wäre noch, etwas durch Ignoranz zu töten. Soweit ich weiß ist das "Ghosting" in der jungen Generation weit verbreitet und in der Psychologie ist das Schweigen und das Ignorieren die schlimmste Form der Bestrafung, die existiert. Und das ist das Tolle an deinen Zeilen: Wer etwas durch Worte und Taten tötet, der ist nicht gleichgültig. |
19.01.2022, 13:11 | #14 |
Lieber petrucci,
ich danke dir für deine Antwort und freue mich sehr! Im ersten Ansatz kann ich deinen Gedankengang absolut nachvollziehen. Wer Worte (ge)braucht, ist nicht gleichgültig. Und in einer Welt, in der man einfach so, ohne Worte, verschwinden kann, ist es fast eine Gnade, wenn man noch miteinander spricht. Um etwas töten zu können, muss es aber erst einmal leben. Eine Internetbekanntschaft, oder eine oberflächliche Beziehung, womit ich "Ghosting" noch am ehesten in Verbindung bringe, wobei mir hier aber das psychologische Hintergrundwissen fehlt, empfinde ich persönlich nicht als echt, im Sinne von greifbar, nachfühlbar, lebendig. Wenn solch ein Kontakt dann plötzlich verschwindet, empfände ich das gar nicht als Strafe - oder als eine für mich nicht erklärbare Situation, denn keine Antwort ist auch eine Antwort, eine sehr deutliche sogar. Wenn allerdings etwas Fühlbares durch Ignoranz getötet werden kann, dann weiß ich ehrich gesagt nicht, auf welcher Seite die Gnade steht. Ist nicht die Gleichgültigkeit eine größere Gnade für den, der tötet? |
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29.01.2022, 00:23 | #15 | |
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Zitat:
Alles ist echt und lebendig solange es lebt, du bist es und dein Gegenüber ist es, nur die Gefühle sind divers. Wenn du etwas für tot hältst, kann dein Gegenüber anders darüber denken und fühlen. Er persönlich kann es für sehr lebendig halten. So ging es mir mit einem sehr alten Schulfreund. Nach der Schule ging jeder seiner Wege und ich pflegte die Freundschaft sehr. Die Einseitigkeit fiel mir damals mangels Reife nicht auf. Bei ihm war es mehr: "Aus den Augen, aus dem Sinn" und der Begriff "Alte Freunde" sehr wörtlich genommen. Diese Bekanntschaft pflegte ich noch 20 weitere Jahre, bis es mir zu doof wurde. Wenn sich jemand nicht mehr meldet, dann ist das eine sehr deutliche Sprache, die im "Game" unserer modernen Gesellschaft leider oft missverstanden wird. Ich mag und pflege keine Internetkontakte, weil es, im Vergleich zum wahren Leben, schneller zu Verletzungen und Missverständnissen kommen kann. Da ich eine Verantwortung hinter einem entweder großen oder kleinen Bildschirm besitze, gehe ich diese Form der "Kontaktierbarkeit" nicht ein. Dein Einstropher zielt mit hoher Wahrscheinlichkeit auf etwas anderes ab. Deine Gedanken und Deine Antwort wollte ich nur nicht unberücksichtigt lassen. Nachtgrüße. |
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