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Zeitgeschehen und Gesellschaft Gedichte über aktuelle Ereignisse und über die Menschen dieser Welt. |
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21.06.2005, 13:45 | #1 |
Blauhelme
Du achtest sie, die blauen Helme,
die furchtlos, trotz des Krieges schellte, ihren Pelz da so zu Markte tragen. Man brauchte sie nicht lang zu fragen - man hat sie einfach hingestellt. Von beiden Seiten eigeschlossen stehen sie da, erst unverdrossen, bis dann die Kugel ihnen gilt, die herzlos in das Fleisch eindringt und nicht erst fragt, wozu sie dient. Obwohl sie hätten ihre Waffen, dürfen sie nur im Kreise gaffen, da wo der Andre längst vor Wut entbrannt, entfesselt nach Granaten langt, dazu den Abzugsbügel spannt, schreiten sie Tags, du kennst die Bilder, durch Trümmerhaufen, Strassenschilder, um Kohlenstücke abzuzählen. Du weisst, dass dieses Leiber wären, den Tod konnten sie sich nicht wählen. Doch Filmen lässt sich nicht das Grauen, das herrscht, wenn nachts die blauend Helme in den dunkeln Himmel stieren ab und zu helfend grad dorthin marschieren, wo die Granaten loskrepieren. Sich dann noch, trotz der Schüsse bellen, schützend vor die Opfer stellen. vor Kinder, Greise, vor die Weiber damit es tags nicht neue Leiber zu tragen auf der Bahre gilt. Jetzt sitzt du da, kannst nicht verstehen, warum nicht mehr zum Rechten sehen. Ich kenne das, doch sei bedacht, dass grad in einer solchen Nacht, der Helfer sich zum Krüppel macht. |
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21.06.2005, 17:45 | #2 |
Als Soldat hab ich diese Zeilen mit sehr kritischen Augen gelesen und möchte dir meine Begeisterung für den ach so trefflichen Inhalt zollen.
Sprachlich glich das Gedicht manchmal einem Hindernislauf. Lex |
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22.06.2005, 23:34 | #3 |
Blauhelme
Lieber Lex
Auch ich bin Soldat, habe ab fahrenden Lastwagen gepisst, wurde in Viehwagen verschoben, Befehle mal befolgt, mal verweigert. Auch mir wurden Urlaube nicht bewilligt. Es wurden Rapporte geschrieben, Salute verlangt. Nachtübungen und Stundenlanges verschieben, 14h aneinander auf dem offenen Lastwagen- einmal hin und einmal her, Doppelt gefeuert, damit der Kamerad auch mal in die Kränze kam - in Urlaub durfte. Wache gestanden, wochenlang, im Winter in Sommerausrüstung. Pässe freigehalten, im Schneetreiben unter freiem Himmel geschlafen. Auch aus Liebeskummer Blut gespuckt, tagelang, bis zum Umkippen. Durfte dann doch nicht früher heim. Lungenentzündung. Auch ich habe Ausrüstung demoliert, einfach, um diese nicht mehr länger tragen zu müssen. Habe Munition und Benzin vernichtet. Auch ich lernte die Waffe tief zu halten, aus dem Reflex zu schiessen, aufs Becken zu halten, damit der zweite Schuss des Hammers den Bauch, die Brust oder in den Hals trifft. 2x wurde unser Offizier tätlich angegriffen, einmal mit einem Messer, das andere Mal mit dem Gewehr. Aussetzer - Weicheier. Manchmal warst du froh, zu wissen, neben wem du liegst. Und manchmal flog ein Messer an deinem Kopf vorbei und blieb im Spind stecken. Und wenn du dann trotz allem nicht gradiert (befördert) werden wolltest, drillten sie dich, und wenn du dann nicht einwillligstest, entzogen sie dir das essen, das Abendessen und schliesslich den Ausgang. Und wenn sich einer nachts im Luftschutzraum, wo 40 - 60 Mann schliefen, nicht an die Ordnung hielt, haben wir ihn aus dem Bett gezerrt, Schlafsack über dem Kopf zugebunden, an den Stuhl gefesselt und ab mit ihm unter die kalte Dusche für mindestens 40 Minuten. Oder wir haben ihn geschmiert & gesalbt & an den Hacken gehängt. Auch wir haben nachts Armeefahrzeuge entwendet, um in den Ausgang zu gehen, und haben sie tags darauf mit leerem Tank wieder hingestellt. Oder haben uns während der (scharfen) Wache betrunken, Fressgelage veranstaltet und geraucht - keiner der Vorgesetzten wagte etwas zu melden. Wir waren nie im Krieg - und haben doch mehr als nur die Ehre velohren. Ab morgen war ich Soldat, um 10.00 Uhr gebe ich mein Material ab. Nur zwei Dinge werden mir bleiben: Geschichten für den Stammtisch und die Frage: Falls, hättest du je gezielt und abgezogen, wofür? Hast du dich dieser Frage gestellt? Und um auf das Ende des Gedichts zurückzukommen: Wäre ich hingegängen? Wie gross wäre meine Angst? Könnte ich mich verweigern, wirklich? Ansonsten danke für dein Lob, und es stimmt - das Gedicht holpert ziemlich. Remigi (Achtung- hier geht es um den gemeinen Soldaten und nicht um Blauhelme! Nicht verwechseln!) |
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23.06.2005, 16:27 | #4 |
Diese Frage ist allgegenwärtig.
Man wird ausgebildet, man lernt wann man berechtigt ist zu schießen ohne dafür großartig belangt zu werden, man lernt wie man den Kopf am besten aus der Schlinge ziehen kann wenns hart auf hart kommt aber wenn es dann kommt... Ein einzelner Schuss wird unweigerlich das ganze Leben verändern dessen bin ich mir bewusst. Und auch wenn Du niemals schießt so nimmst Du genug Seelenscheiße aus dem Einsatz nach hause. Dinge die dich niemals wieder loslassen. Dinge, Gedanken, Erfahrungen, Bilder und Geräusche die sich tief in dein Gehirn gebrannt haben werden zu Begleiter bis ans frühe oder weniger frühe Ende eines Lebens das vor langer Zeit aufgehört hat noch Sinn zu machen. Lex |
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23.06.2005, 19:40 | #5 |
autsch
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24.06.2005, 14:50 | #6 | ||
Blauhelme
Zitat:
Eigentlich hätte ich nach deiner ersten Antwort eine etwas differenziertere Auseinandersetzung/ Aussage erwartet. Es waren so viele Felder - und du hast nur auf eines geantwortet. Aber du hast ja jetzt ge- Zitat:
Hör von dir remigi |
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03.07.2005, 16:06 | #7 |
Ich bin ganz ehrlich und sage dir, dass ich zur Zeit keinerlei Ambitionen habe mich mit dieser Thematik zu beschäftigen geschweige denn, sogar darüber zu schreiben.
Ob Du dich davon angepisst fühlst kann ich mit Ehrlichkeit nicht beeinflussen aber vielleicht kennst Du ja das Gefühl einfach mal keine Lust auf etwas bestimmtes zu haben. |
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14.07.2005, 23:45 | #8 |
blauhelme
ja, das kann ich verstehen.
Auf die Palme brachte mich jedoch, als du das "ich bin Soldat" so herausgestrichen hast. Um den Text zu beurteilen, brauchst du nicht Soldat zu sein, gesunder Menschenverstand tuts auch. Oder sogar noch besser. Hast mich wohl auf dem falschen Fuss erwischt. Sorry. (PS: dafür hab ich ja jetzt einen Text "geschenkt" bekommen.) remigi |
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