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Philosophisches und Nachdenkliches Philosophische Gedichte und solche, die zum Nachdenken anregen sollen. |
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08.03.2016, 21:46 | #1 |
Forumsleitung
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Von der Wiege bis zur Bahre
Zum Leben wurde ich erzogen,
gedrillt, gelehrt, auf Pflicht genagelt. Bedacht, dass es nicht Tadel hagelt, hat man den Rücken mir gebogen und mich die Schultern hängen lassen, geeicht auf tumbe, graue Massen und dann auf Tauglichkeit gewogen. Des Lebens Anspruch und Verlangen zu dienen, war ich voller Eifer, ich wurd‘ erwachsen, doch nicht reifer, war stets den flachen Weg gegangen. Doch der stieg plötzlich steil nach oben, bis dort, wo Donars Wetter toben, und füllte mich mit Angst und Bangen. Und schon erwuchsen in mir Fragen, wie Pflanzen, die aus Wintersträumen sich räkeln, Lenz nicht zu versäumen, sich sehnen nach den milden Tagen: Was tut das Leben mir zum Segen? Was kann es mir zu Füßen legen und wie besänftigt es mein Klagen? Wie zahlt das Leben mir die Schulden, und wie erst recht die Dividenden und all die Anerkennungsspenden für meinen Einsatz, für mein Dulden? Und in mir wächst ein banges Ahnen: Man setzt mich auf des Alters Bahnen und nimmt mir dafür jeden Gulden. 08.03.2016 |
08.03.2016, 22:32 | #2 |
Ich würde nicht sagen das das Leben Schulden zahlt, sondern Kredit in Form von Jahren gibt. Man kann es verjubeln wie man will und am Ende zahlt man.
Aber schönes Gedicht. |
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08.03.2016, 22:37 | #3 |
Forumsleitung
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Richtig, Versard.
Deshalb ist mein Gedicht keine Abrechnung, sondern eine Feststellung mit ein paar Fragen. Danke fürs Feedback. |
09.03.2016, 21:11 | #4 | |||
Ein interessanten Gedicht, liebe Ilka-Maria. Besonders das Reimschema hat es mir angetan, eine Erweiterung des umarmenden Reims: ABBACCA
Rhythmisch hast du einen soliden jambischen Vierheber genommen, der gut mit dem Erzählstil harmoniert. Dabei hast du gegen zu viel Gleichförmigkeit ein paar leichte und gut zu umlesende Hebungsverschiebungen eingebaut, z.B. in V3: xXxxXXxXx Alle Verse enden unbetont und unterstreichen damit den offenen, fragenden Charakter des Inhalts. Inhaltlich bin ich über ein paar Dinge gestolpert: In dieser Konstellation bezieht dich das "bedacht" m.E. auf diejenigen, die den Rücken gebogen haben. Logisch erscheint mir das Vermeiden von Tadel aber auf das LI bezogen. Wie hast du es hier gemeint? "Hat man [...] mich die Schultern hängen lassen" kenne ich in dieser Form nicht. Schultern kann man nur selbst, aber keinem anderen hängen lassen, oder das "Lassen" muss verdoppelt werden. Aber vielleicht kennt man diese Wendung bei euch oder hast du absichtlich eine Neuschöpfung eingefügt? Vom Sinn her verstehe ich: Man hat mich mit hängengelassenen Schultern belassen, also mich nicht aufgebaut oder getröstet. Diese Metapher gefällt mir gut. Zitat:
Zitat:
Zitat:
Das ist alles jeweils für sich stimmig und für mich auch einleuchtend. Der innere Zusammenhang der Bilder über die Strophen geht aber leider verloren. Der jeweilige Bruch war aber vielleicht gewollt, um die Strophen als aufeinanderfolgende Lebensphasen klar abzugrenzen: Drill/Berechnung - Selbstständigkeit/Mythos - Zweifel/Natur - Abrechnung (Hier schließt sich der Kreis zum Anfang). Mir erscheinen die erste und die letzte Strophe sehr gegensätzlich. Die Erziehung "zum Funktionieren" hat zur Konsequenz, dass das LI sich Gedanken um "Lohn" für das eigene Leben macht. Ich hätte erwartet, dass das "Funktionieren" i.S.v. "Dulden", "(für andere) Ackern" sich bis zum Lebensende durchzieht. Natürlich kamen in S3 die Fragen (Sinnfragen?), aber sie sind sehr unvermittelt. Ich könnte mir hier autobiografische Anlehnungen sehr gut vorstellen und freue mich über die für mich ungewöhnliche Perspektive, denn so wie ich dich hier im Forum kennen gelernt habe, hast du auch bei diesem Gedicht so ziemlich alles in voller Absicht und überlegt geschrieben. Freundliche Grüße vom Stachel Geändert von Stachel (09.03.2016 um 23:00 Uhr) Grund: falsches "Quote-Tag" entfernt |
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09.03.2016, 21:30 | #5 | ||
Forumsleitung
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Danke für Deinen ausführlichen Beitrag, Stachel.
Zitat:
Zitat:
Nein, mein Gedicht trägt keine autobiografischen Züge, sondern beruht auf Beobachtungen und Gesprächen. Für Deine Mühe gebührt Dir meine Anerkennung. Einen schönen Abend und liebe Grüße, Ilka |
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11.03.2016, 22:20 | #6 |
Von höherer Warte aus bemerkt man, dass Anpassung die echten und lohnenden Erfahrungen verhindert. Gut ins Bild gesetzt, Ilka.
LG gummibaum |
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