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Gefühlte Momente und Emotionen Gedichte über Stimmungen und was euch innerlich bewegt. |
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11.08.2005, 20:05 | #1 |
Schönheitsrest
Sanft umstreiche ich die hölzern harten Narben,
fühle jede Furche tief im kühlen Stamm, fahre schüchtern durch die braunen Blätter, fühl, wie ich im Windhauch leicht erschütter, bewege meine Finger, sie sind klamm und lasse strahln das Bild in meinen Farben. Greif erfassend in verdorrte Winter-Äste Suche ihn von Grund auf, diesen Wegesstein Halte sachte Stürme in den Händen Lasse Raum und Zeit in eines münden ich wasche Geist und Seele einmal rein und fang sie leise auf, die Schönheitsreste. |
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12.08.2005, 07:17 | #2 |
Eigentlich mag ich hier gar nichts besser wissen, weil es ein sehr schönes Gedicht ist, dass Du uns vorstellst, Littleshine. Aber gerade deshalb:
"wie ich im Windhauch leicht erschütter" Ist hier gemeint, dass Du erschüttert wirst im Sinne von erschauern / erzittern? Dann braucht es eine Form von "sein", um dies kenntlich zu machen (ich bin erschüttert, ich werde erschüttert). Ansonsten ist "ich ... erschütter" eine aktive Tätigkeit. "strahln": Das Wort finde ich ungünstig verkürzt. Die Metrik ließe sich in dieser Zeile auch anders einhalten. "Greif erfassend": Eine inhaltliche Dopplung, die sich zumindest verhalten andeutet. Und "erfassend" klingt so hochgestochen. Es fällt irgendwie aus dem Rahmen. Soviel zu meinem Gemecker. Ich finde, du hast in Deinem Gedicht mit einfachen Worte und klaren Sätzen eine wunderbare, ruhige Atmosphäre geschaffen. Ich kann hier alles nachfühlen. Man kann versinken in der Stimmung, die Du erzeugst. |
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12.08.2005, 13:57 | #3 | |||
Hallo tagedieb,
vielen Dank erstmal für deine schnelle Kritik. Zu deinen Kritikpunkten: Zitat:
Zitat:
Zitat:
Auf jeden fall vielen Dank für deine Rückmeldung - und wenn du mir wiedersprechen musst: Tu dir keinen zwang an Alles Liebe, Littleshine |
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12.08.2005, 21:15 | #4 |
Ich spielte bei meiner Anmerkung zu "ich ... erschütter" auf den Unterschied zwischen "erschüttert werden", so wie es von dir gemeint ist, und "etwas erschüttern", so wie ich es aus Deinem Gedicht herauslese an. Die Wortwahl wird deiner Absicht nicht gerecht ... meine ich.
Mit "Greif erfassend" kann ich letztlich leben. "strahln": Das packst Du auch noch. Denkbar sind einige Variationen. (Wenn hier ein Vorschlag von mir eine gute Lösung wäre ... den würdest du sicher nicht einbauen. Ist ja Dein Gedicht.) Grüße vom Tagedieb P.S. Und was dazugelernt: "Ellision" |
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16.08.2005, 11:50 | #5 |
Hallo Littleshine,
zunächst einmal sei herzlich in diesem Forum willkommen. Du bist wohl gemeinsam mit Benne auf Reisen, wie? Ein hübsches Schema präsentierst Du mit Deinen Zeilen, ich wills mal kurz niederschreiben (ich mache sowas halt zu gern ): XxXxXxXxXxXx a XxXxXxXxXxX b XxXxXxXxXx c XxXxXxXxXx c xXxXxXxXxX b xXxXxXxXxXx a Etwas irritierend finde ich, dass Du in den letzten beiden Zeilen vom Trochäus zum Jambus wechselst. Noch besser gefiele es mir, wenn dieser Wechsel bereits ab der 4. Zeile begonnen hätte, um die (nicht ganz perfekte) Spiegelbildlichkeit der der Strophen darzustellen. Denn ich kann mir das lyrische Ich sehr gut vor einem Spiegel vorstellen, wie es die Zeichen der Zeit betrachtet. Es schaut in den Spiegel und es scheint absolut gleich wieder hinauszuschauen (verdeutlicht durch das Reimschema), aber dennoch ist das Spiegelbild eben etwas anderes (verdeutlicht durch den Metrikwechsel) . Sofern man diesen Gedanken hineinbringt, wäre ein Metrikwechsel ab Zeile 4 doch schicker, oder? Dennoch schöne Wortwahl und eine schön umgesetzte Thematik, die mir sehr zusagt. Die Elision empfinde ich nicht als störend, spricht man dieses Wort aus, lässt man doch auch im normalen Sprachgebrauch das "e" gerne mal unter den Tisch fallen. Wenn es dir jedoch aufstößt, bohr diese Zeile doch am besten noch mal auf, vielleicht findest Du dann einen brauchbaren Ansatz, zB: das Bild erstraht in meinen blassen Farben. Mich stört jedoch ebenso wie den Tagedieb das erfassend. Auch wenn ich Deine Begründung hierfür nachvollziehen kann, passt es irgendwie sprachlich nicht. In der zweiten Strophe hast Du übrigens die Satzzeichen am Zeilenende gekickt. Warum? Das würde ich noch ändern, entweder richtige Interpunnktion oder keine. Insgesamt jammer ich hier nur auf hohem Niveau, da mir Dein Gedicht sehr gut gefällt! Gern gelesen, |
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17.08.2005, 09:58 | #6 |
Littleshine, der Don hat unter anderem Trochäus und Jambus angesprochen und die Möglichkeit, die Spiegelbildlichkeit deiner Zeilen durch ihren Einsatz zu erhöhen. Mal eine Frage hierzu: Hast Du für dein Gedicht bewußt diese Formelemente benutzt? Hast Du Dir überlegt: Ja, genau so mach ich das und jetzt suche ich Worte, die in diese Schemen passen. Oder kann es auch sein, das einem der Trochäus (oder sonstwas) einfach so passiert?
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18.08.2005, 09:17 | #7 |
So wie ich Littleshine kenne, glaube ich nicht, dass ihr der Trochäus "einfach so" passiert ist. Allerdings halte ich es für möglich, dass sie bei der Struktuierung der Strophe keine Gedanken an Spiegel und Spiegelbilder hatte.
Diese formale Gestaltung des Inhaltlichen ist aber ja denkbar und hat seinen Reiz, wäre aber noch gelungener, wenn die Strophen komplett spiegelbildlich aufgebaut wären. Aber vielleicht äußert sie sich ja noch, ob sie hier unbemerkt von der Muse geküsst wurde oder nicht ... |
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18.08.2005, 13:48 | #8 |
Littleshine versteht ihr Handwerk in der Metrik, daher unterstelle ich ihr nicht nur Absicht - ich weiß, dass es Absicht war - eben weil nicht nur die erste sondern auch die zweite Strophe das gleiche Metrum besitzen (mit dem Wechsel von Trochäus zu Jambus). Der Grund dafür ist meines Erachtens das Enjambement von Vers 5 auf 6, da dort ein Trochäus zu hart und fordernd klingen würde, um den Schönheitsrest der Bäume zu beschreiben (bei Naturgedichten wird selten komplett im Trochäus geschrieben).
Das meines Erachtens störende Element ist S1V6, wo sowohl eine Ellision als auch eine Inversion zum Tragen kommen -> eine grammatikalische Katastrophe, egal ob es nun zwei Stilmittel sind oder nicht, diese Kombination ist einfach nur schrecklich anzusehen und zu lesen. Liebe Grüße, Benne|Aenima |
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19.08.2005, 22:14 | #9 |
Oh, entschuldigt meine späte Antwort. Ich habe derzeit etwas Stress.
@Don: Jupp, bin ich. Es ist einfach zu verlockend für mich, mich auch in diesem Forum einzuloggen, wenn ich an Bennes PC sitze Zum Jambus und Trochäus: In S1 beginnt in der voirletzten Zeile ein anderer Abschnitt: Das lyr. Ich bekommt ein Bewusstsein für seinen eigenen Körper und die vollkommene Benommenheit von der Natur weicht um eine Winzigkeit. In S2 ist es das entscheidende im Gedicht, was den Jambus m.E. rechtfertigt: Das lyr. Ich filtert den puren Schönheitsrest aus dem ganzen Naturbild heraus. Außerdem fände ich es rein phonetisch nicht so reizvoll, wenn der Jambus bereits in Z2 beginnen würde. Damit würde ich die leichte Irritatation zerstören, die ich so erreiche. Zudem ist so der Metrikwechsel nach dem unreinen Reim, was den leicht gebrochenen, melancholischen Effekt m.E. verstärkt Ich kann mich aber auch irren, weil auch ich kein Gott der Phonetik bin Im Gegenteil. @Aenima: Danke für die Blumen und tut mir Leid, dass ich dein ästhetisches Auge in S1V6 so demoliert habe. Aber ich mag es @tagedieb: Anfangs ist mir das alles einfach so passiert, aber mittlerweile suche ich mir meine Metrikschemen bewusst zum Thema passend... Danke für euch, alles Liebe, Littleshine |
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20.08.2005, 07:51 | #10 |
Hut ab.
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21.08.2005, 21:33 | #11 |
Setz ihn wieder auf - ich koche auch nur mit Wasser
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