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Zeitgeschehen und Gesellschaft Gedichte über aktuelle Ereignisse und über die Menschen dieser Welt. |
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12.07.2023, 08:01 | #1 |
Erinnerung an 2021
Weißt du, wie es damals war
vor zweien, nicht vor einem Jahr, weißt du, was verloren ging, woran das Herz so hing? Weißt du, wie das Wasser kam und die Flut den Menschen alles nahm, wie so viele fassungslos, dass sie mit dem Leben bloß sich in Ohnmacht und Verzweiflung sahen? Das Zuhause nahm die Flut, bis heute wurde nicht mehr alles gut, und niemand gab sich dran die Schuld. Weißt du, dass es Tote gab, dass mancher nach der Flut noch starb, da er sich das Leben nahm, weil niemand ihm zu Hilfe kam? Weißt du, dass es dich zerfrisst, wenn keiner schuld an etwas ist, „das war so nicht vorherzusehen". Und ohne Warnung ließ man es geschehen. Geändert von DieSilbermöwe (12.07.2023 um 12:13 Uhr) |
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12.07.2023, 12:36 | #2 |
Dabei seit: 10/2006
Ort: Reimershagen in Mecklenburg-Vorpommern, Nähe Güstrow
Beiträge: 7.879
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Hallo Silbermöwe,
was fang ich mit so einem Satz an: "Weißt du, wie das Wasser kam und die Flut den Menschen alles nahm, wie so viele fassungslos, dass sie mit dem Leben bloß sich in Ohnmacht und Verzweiflung sahen?" Den strengen Blick auf unreine Reime und wechselnde Versfüße lass ich mal weg. Zum Inhalt - was kann der Leser Dir für eine Antwort auf die wiederholte Frage "Weißt du, ..." geben? Du fragst: Weißt du, ich antworte: "Ja." Einer Bewertung enthalte ich mich. Gruß, Heinz |
12.07.2023, 15:17 | #3 |
abgemeldet
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Weißt du wie viel Sternlein stehen... Ein verdammt bekanntes Lied, das mit sehr vielen Fragen um die Ecke kommt. Dann beantworte ich das auch mit: "Ja, weiss ich!".
Denn das kann ich ja überall nachlesen. Oder aber ich fasse es, wie bei diesem Text hier als rhetorische Frage auf. Das ginge natürlich auch. Gruß Pennywise |
12.07.2023, 16:00 | #4 |
Hallo Silbermöwe, ein Gedicht gegen das Vergessen, durchaus akzeptabel.
Mit dem "weißt du ..." will ich gnädiger umgehen. Wir sagen ja auch oft "Erinnerst du dich, wie ..." und wollen dann nicht nur ein Ja oder Nein hören. Nur mit der Umsetzung Deiner Idee habe ich Probleme: Das ganze Gedicht scheint mir in vielerlei Hinsicht unausgeglichen. Reimform: Das Gedicht kommt in Paarreimen daher, bis auf Strophe 3, wo sich plötzlich die Verse 1/2 und 3/4 nicht mehr reimen. Der Rhythmus: Weißt du, wie es war (Trochäus, 3-hebig) vor zweien, nicht vor einem Jahr, (Jambus, 4-hebig) weißt du, was verloren ging, (Trochäus, 3-hebig) woran das Herz so hing? (Jambus, 3-hebig) Das Hin- und Herspringen zwischen Jamben und Trochäen verhindert, dass man sich auf einen bestimmten Sprechrhythmus einstellen kann. Wenn Du Dir das Gedicht selbst laut vorliest, wirst Du es merken. Inhaltlich kann ich Deiner letzten Strophe nur bedingt zustimmen. Weißt du, dass es dich zerfrisst, wenn keiner schuld an etwas ist, Das ist unsere Vollkaskomentalität, die sofort nach einem Verantwortlichen sucht (der dann wohl versichert ist), die sich gar nicht vorstellen kann, dass es im Leben zu unvorhersehbaren Schicksalsschlägen kommen kann. Mit den Versen … „das war so nicht vorherzusehen“. Und ohne Warnung ließ man es geschehen. … machst Du in ironischer Form (Parenthese) einem Wetterdienst oder einer Behörde den Vorwurf, nicht pflichtgemäß gehandelt zu haben. Das kann ich nicht beurteilen, dazu weiß ich zu wenig. In USA jedenfalls habe ich in Canyonlandschaften an beengten Bachbetten oft Schilder gesehen, die vor der Möglichkeit plötzlich hereinbrechender Sturzfluten warnten, wenn es ganz wo anders stark geregnet hat. Solche Warnungen sind in Deutschland undenkbar, weil wir ja alles perfekt unter Kontrolle haben. Wer in einer zerklüfteten Topographie wie dem Aartal länger lebt, der muss sich doch irgendwann einmal die Frage stellen, was geschieht, wenn unerwartet große Wassermassen durch einen engen Spalt drängen. Wir kennen doch das Auf- und Abschwellen von Bächen und Flüssen. Aber für das Vorhersehen des Unerwarteten scheint der Mensch nicht gebaut. Gruss, Erhard |
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12.07.2023, 16:41 | #5 | ||||||||
Hallo ihr drei,
danke für eure Kommentare. Hallo Pennywise, Zitat:
Ja, es ist als rhetorische Frage gemeint. Das LI spricht ein imaginäres Du an und fragt, ob es sich erinnert. Und redet sich dabei immer mehr in Rage beim Gedanken daran, was damals alles passiert ist. Hallo Heinz, Zitat:
Sie hatten noch ihr Leben, aber kein Zuhause, keine Dokumente, nichts mehr. Alles wurde von der Flut weggespült. Und einige, die nicht wussten, wie es weitergehen sollte, haben dann Suizid verübt. Hallo Erhard, Zitat:
Zitat:
Zitat:
Zitat:
Bei „woran" habe ich wirklich nicht aufgepasst. Zitat:
rechtzeitig gewarnt oder evakuiert, wären vielleicht keine Toten zu beklagen gewesen. Aber angeblich war das nicht absehbar. https://www.swr.de/swraktuell/rheinl...tritt-100.html Und der Wetterdienst hatte rechtzeitig gewarnt. https://www.swr.de/swraktuell/rheinl...rophe-100.html Zitat aus dem Link: „Am Vortag der Katastrophe, dem 13. Juli, hatte der Wetterdienst vormittags die höchste Warnstufe ausgegeben und vor extremem Dauerregen gewarnt. Am Morgen des 14. Juli wurde die Warnung noch einmal verschärft. Der Kreis Ahrweiler hat den Katastrophenalarm erst am späten Abend ausgelöst, als Dörfer an der Ahr schon von der Sturzflut schwer getroffen waren." Zitatende Zitat:
LG DieSilbermöwe |
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12.07.2023, 19:41 | #6 |
Forumsleitung
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Zunächst: Das Gedicht wertet nichts. Es beschreibt und verkleidet die Beschreibungen in Fragen. Wozu ist das gut? Das muss der Leser sich selber beantworten.
Das stimmt nicht. Warnungen gab es genug. Sie konnten aber nicht konkretisiert werden. Niemand konnte wissen, ob es nur um das Stapeln von Sandsäcken ging, oder ob es zu Fluten kommen würde, die Häuser mit sich rissen. Auch lehrt die Erfahrung, dass Menschen von ihrem angestammten Besitz nur unter äußerstem Zwang wegehen. Dieselben Leute, die am Fuße des Ätna bei einem Ausbruch des Vulkans ihr Heim verloren, haben ihr neues genau dort wieder aufgebaut; und kein Kalifornier, dessen Haus bei einem der alljährlichen Waldbrände abgefackelt wurde, ist deswegen von dort weggezogen. Kein Mensch packt in Panick seinen Rucksack und lässt alles wegen einer Warnung hinter sich, die sich in schwammigen Formulierungen verliert. Katastrophen haben den Charakter, nicht vorhersehbar zu sein. Einschätzbar sind sie immer. Dazu bedarf es nur der Phantasie. Der erste Link gibt nichts her. Das sind Bilder vom Nachschaufeln im Sinne der Betroffenheitskultur. Der zweite Link gibt auch nichts her. Darin geht es um die übliche Jagd nach dem Sündenbock, und da muss der herhalten, dem das Messer ohnehin hart an der Kehle lag. Zur "Erinnerungskultur" insgesamt: Sie hängt mir zum Halse raus. Jedem Verrückten, der irgendwo mal mit seinem LKW in eine Menschegruppe gefahren war oder mit dem Messer auf Menschen losging, wird ein Gedenktag eingeräumt? Natürlich lautet die Ägide anders, denn den Opfern soll gedenkt werden, aber die Unterschrift läuft immer mit und gibt den Tätern eine Plattflorm. Das ist ein anderes Thema, deshalb genug damit. Mein Thema ist: Diese "Erinnerungskultur", die dieses Gedicht zu pfegen versucht, nervt mich. Irgendwann kommen wir noch soweit, für jede tote Maus einen Mausefallengedenktag einzuführen, an dem wir zwar nicht freibekommen, aber zu einer kleinen Spende aufgerufen werden. |
12.07.2023, 21:10 | #7 | |
Hallo Silbermöwe
Zitat:
Die härte eines Konsonanten kann da schon viel hilfe bieten. Zudem ist "zwei" ein Zahlenwort mit Eigenbetonung. Anaphern (Wiederholungen) sind ein altbekanntes rethorisches Stilmittel. Ich habe an "weißt du..." nichts auszusetzen. Lg Mono |
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13.07.2023, 04:51 | #8 |
Dabei seit: 10/2006
Ort: Reimershagen in Mecklenburg-Vorpommern, Nähe Güstrow
Beiträge: 7.879
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Hallo monoton,
und was machen wir mit Papa oder Mama? Wenn meine Tochter mit mir schimpft, dann sagt sie "PAApa", wenn sie mich auf moralischen Abwegen vermutet, sagt sie " PaPAA". Und jedemals meint sie mich. Ich bin verzweifelt. Gruß, Heinz |
13.07.2023, 07:07 | #9 | |
Zitat:
LG DieSilbermöwe |
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