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Zeitgeschehen und Gesellschaft Gedichte über aktuelle Ereignisse und über die Menschen dieser Welt. |
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07.10.2021, 20:11 | #1 |
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Wilde Jahre
Er war Student jener Prudenz,
die jedem Menschen Recht versprach, und mit der Jugend Konsequenz die Regeln seiner Eltern brach. Er hatte eine wilde Zeit, schrie „Mao“ und schlug Scheiben ein, war Mensch erst, wenn vom Koka breit - tagsüber tat’s auch Billigwein. Heut sitzt er nüchtern im Büro, beschuht mit eines Pferdes Haut, hat Schlüssel für sein eignes Klo und nie mehr links und rechts geschaut. Jetzt ist er wer, und nicht zu knapp, reif für die Medien, ihn zu feiern. Der Lebenslauf? Papperlapapp: Der lässt sich ölen, sahnen, eiern. Sein Geld hat er in der Karibik, die Yacht im Hafen von Korinth, die Dividende fließt ergiebig, vorbei die Zeit als dummes Rind. 07.10.2021 |
16.10.2021, 12:15 | #2 |
Hallo Ilka-Maria,
ja "wilde Jahre" haben sicher so einige mitgemacht. Die Extreme (Drogen, Briefkastenfirmen) auszuloten ist sicherlich lyrisch legitim, wobei es im Allgemeinen wohl eher vom Hippie zum Biedermann verlaufen ist.
Zum Glück gibt es aber viele, die sich ihren jugendlichen Drang bewahrt haben und ihn z. B. übers Schreiben ausleben. Gern Reflektiert und LG Perry |
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16.10.2021, 12:56 | #3 | |
Forumsleitung
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Zitat:
An Briefkastenfirmen hatte ich bei dem Gedicht gar nicht gedacht. Vieles ist der ganz normale Berufsalltag, den ich vor allem in der Dienstleistung erlebt habe. In den Vorstandsetagen und Partnerbüros tummelten sich, kaum dass die 70er Jahre überstanden waren, die ehemaligen Mao-Jünger in feinen Anzügen, edlen Hemden, Seidenkrawatten und Bally-Schuhen. Von den revolutionären Ideen war nichts mehr vorhanden, es ging nur noch ums knallharte Geschäft, um Aktien, Dividende und Partnerbezüge. Dazu brauchte man ein Klientel, um das mit Veranstaltungen, Seminaren (mit Catering vom Feinsten) geworben wurde, während man die Kosten dafür durch Streichung von Zuwendungen an das Personal ausglich. Die Weltverbesserer von gestern - ich habe sie vierzig Jahre lang kennengelernt ... Um das nicht falsch zu verstehen: Wer gut arbeitet und ein Unternehmen verantwortungsvoll führt, soll dafür auch entsprechend bezahlt werden. Da ist Neid nicht angesagt. Es geht mir allein um die Wendehälse, die heute von den Idealen, für die sie sich einspannen ließen, nichts mehr hören wollen. Damals nicht nachgedacht, heute verlacht ... das kann man eben nur schwer aushalten. Ein Joschka Fischer hatte die Nerven, sich zu seiner Vergangenheit zu bekennen, aber mir ist mancher Nadelstreifenstratege über den Weg gelaufen, der erheblich an Gedächtnisverlust litt. |
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