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Düstere Welten und Abgründiges Gedichte über düstere Welten, dunkle und abgründige Gedanken. |
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25.02.2024, 12:22 | #1 |
Tod so grün
du hauchst mich Tod mit deinem Atem an
er riecht wie seltsam nicht nach Modergruft noch auch nach Trockenblumen kränklich süß aus deinen Rippenbögen dringts herauf wie Erlenlaub und frisch betautes Gras ist das allein für mich damit der Abschied vom tief geliebten Grün so arg nicht schmerzt? für andre hast du anderes wohl zu bieten Rauch oder Wein Guerlainparfüm Vanille wer hätte das gedacht dass du so kunstreich dein Handwerk ausübst Meister des Beendens so küss mich denn hab Dank für dein Geschenk gesegn dich laub gesegn dich gras - farewell |
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25.02.2024, 21:26 | #2 |
Liebe ftatateeta,
das Gedicht gefällt mir sehr gut. Nicht trotz, sondern wegen der sperrig wirkenden Zeilengebilde, denn der Mensch soll nicht Sklave der Grammatik sein, sondern umgekehrt. Und der Tod soll grün sein wie der Frühling. Liebe Grüße, Lee |
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25.02.2024, 21:36 | #3 |
Forumsleitung
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Trotzdem sollte man aufpassen, dass es nicht zu vertrackten Missverständnissen kommt. Ich bin bei der ersten Zeile in Verwunderung geraten, denn da scheint der Tod zu jemandem zu sprechen, nicht umgekehrt:
du hauchst mich Tod mit deinem Atem an Gemeint ist aber sicherlich: du Tod hauchst mich mit deinem Atem an oder eben doch mit Zeichensetzung: du hauchst mich, Tod, mit deinem Atem an ... Die Entwickler der Zeichensetzung hatten sich halt eine Menge dabei gedacht. Und mit der Syntax ist es im Deutschen so eine Sache, denn im Gegensatz zu anderen Sprachen ist bei uns ziemlich viel an Wortumstellungen erlaubt. Aber das kann eben zu Missverständnissen führen. |
25.02.2024, 21:51 | #4 |
Da hast du sicher Recht, liebe Ilka-Maria,
mir aber mir gefällt die Rätselhaftigkeit, die Verspieltheit, auch die Missverständlichkeit und dass sich der Text nicht sofort logisch erschließt. Dadurch fange ich erst an, über Grammatik nachzudenken. Sprache an sich infrage zu stellen. Die Abwesenheit des Kommas erweitert den Interpretationsspielraum. "gesegn" ist auch kein richtiges Wort. Aber in diesem Gedicht geht es um den Klang und um die sprerrige Aussprache des Deutschen. "noch auch nach Trockenblumen kränklich süß" - "CH CH CH TR KR BLM and KR sch süß" So klingt deutsch für Ausländer und das gefällt mir an dem grünen Tod. Liebe Grüße, Lee |
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25.02.2024, 21:58 | #5 |
Forumsleitung
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Der Text erschließt sich durchaus logisch, Doppeldeutigkeiten oder auch falsche Deutungen müssen nicht zwangsläufig unlogisch sein. Insgesamt ist mir das Gedicht aber zu überladen, zuviel Füllmasse.
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25.02.2024, 22:42 | #6 | |
Zitat:
Liebe Grüße, Lee |
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26.02.2024, 12:32 | #7 |
hallo, ihr beiden.
Euer Dialog über mein Todgedicht ist sehr aufschlussreich für mich. Ich versuche seit langem, mit einem Minimum an Satzzeichen auszukommen, war mir aber hier keiner Missverständnis-Möglichkeiten bewusst. Ich lese, wie wahrscheinlich alle Textkreativen, zum Überprüfen die Zeilen laut; sie schienen mir okay. Vielen Dank jedenfalls fürs Feedback. @ Lee Berta. Das Zitat mit dem gesegn stammt von einem Lied aus dem 16. Jh. Es geht weiter: gesegn dich alles, was da was [war] / ich muoß von hinnen scheiden. Es war der Anlass für das vorliegende Gedicht. LG ftatateeta |
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26.02.2024, 23:33 | #8 |
Also eine frühe Variante von "I've seen it all, there is no more to see"
Mit oldschool-Deutsch kenne ich mich leider nicht aus, Germanistik ist nicht mein Fach, aber weitere Informationen zu dem Lied aus dem 16. Jahrhundert würde ich begrüßen. Liebe Grüße, Lee |
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27.02.2024, 11:50 | #9 |
Hi Lee.
Guck mal da rein, wenn du magst. https://www.lieder-archiv.de/gesegn_...tt_300385.html https://www.youtube.com/watch?v=IiakH3xZcyc LG ftatateeta |
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01.03.2024, 22:17 | #10 |
Danke für die Links
Liebe Grüße, Lee |
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