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Fantasy, Magie und Religion Gedichte über Religion, Mythologie, Magie, Zauber und Fantasy. |
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24.03.2020, 14:56 | #1 |
Betender Zweifel
Es heißt, Du bist das Feuer,
das den Dornbusch nicht verbrennt, die Liebe, die sich ganz verschenkt. Das sind für mich nur Worte. Zeig mir das Feuer, das die Nacht erhellt und nichts verzehrt. Schenk mir ganz und gar geliebt zu sein. Ergänzt in allem, was mir fehlt. Entflammt in allen meinen Sinnen. Verlockt zu leben alle meine Potentiale. In jedem Schmerz bei Dir geborgen und selbst, wenn ich versage, nicht allein. |
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24.03.2020, 15:18 | #2 | |
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Zitat:
so recht verstehe ich die erste Strophe nicht. Das "Feuer, das den Dornbusch nicht verbrennt" kann ja nur der mosaische Gott sein, von dem die Tafeln mit den Zehn Geboten stammen. Dieser Gott hat aber nichts mit Liebe zu tun. Im Gegenteil nennt er sich selbst den "eifersüchtigen" Gott, der jeden grausam straft, der ihm nicht gehorcht (siehe die Vertreibung aus dem Paradies). Die Liebe ist dem christlichen Gott zuzuweisen, der mit seiner Lehre, zu verzeihen statt nach Vergeltung zu trachten, den mosaischen Glauben abgelöst hat. Kurz gesagt: Ich bekomme diese beiden Aspkete nicht unter ein Dach. Ich sehe das übrigens nicht als eine religiöse, sondern als eine philosophische Frage. Besten Gruß Ilka |
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24.03.2020, 15:30 | #3 |
Liebe Ilka-Maria,
erlaube mir auf die philosophische Frage theologisch zu antworten. Das Christentum entwickelte sich aus dem Judentum (wenn das auch nicht jeder so sehen möchte). Jesus meint den mosaischen Gott, wenn er von "seinem Vater" spricht. Bei Jesus verschiebt sich das Gottesbild von dem kriegerischen Gott eines kleinen Nomadenstammes zum Gott, der für alle Menschen da ist und sie grundsätzlich bejaht, sie zur Fülle des Lebens führen möchte. Diese Veränderung im Gottesbild ist eine über Jahrhunderte hinweggehende, schon an einigen Psalmen erkennbare, wenn davon die Rede ist, dass Gott keine Brandopfer will sondern die Liebe der Menschen. Diese muss sich daran messen lassen, ob sie den Ärmsten Gerechtigkeit werden lässt. Jesus wird von christlichen Kirchen als der "gelesen", der die Verheißungen des alten Testaments erfüllt. Herzliche Grüße, AlteLyrikerin. |
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24.03.2020, 17:24 | #4 | |
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Zitat:
Heißt es nicht im christlichen Testament, man solle seinen "Nächsten lieben"? Von allen Menschen ist nicht die Rede. Meine Nächsten, das sind meine Familie und Freunde. Weshalb sollte ich "die Menschen" lieben? Was den "Vater" angeht: Für mich ist Jesus nicht in größerem Maße der Sohn Gottes, wie ein Ministrant, dem ein Geistlicher die Hand auf den Kopf legt und ihn mit "mein Sohn" anspricht - verwandt im Geiste, aber nicht körperlich. Die Dreifaltigkeitslehre ist sowieso nur ein mühsam gedrechseltes Konstrukt, mit dessen Auslegung die Kirchenvertreter bis heute nicht klarkommen. Für mich ist und bleibt Jesus der Sohn Marias und Josephs und der Erneuerer einer Religion durch die Hinwendung zu humanistischem Gedankengut, das die Menschen von den Ängsten der alten, mosaischen Religion befreit hat. Wäre er nicht zum Religionsstifter geworden (und das eher unbeabsichtigt), müsste man ihn den Philosophen zuordnen. |
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25.03.2020, 12:32 | #5 |
Da habe ich mich wohl unklar ausgedrückt. Gott will die "Liebe aller Menschen" als ein Ja zum Ursprung ihres Seins und ein Ja zu sich selbst.
Jesus fordert im NT mehrfach "Gott zu lieben mit ganzem Herzen […] und seinen Nächsten wie sich selbst". Darin bestehe die vollständige Erfüllung des Gesetzes. In meinem Text selbst geht es mehr um den Zweifel und die Sehnsucht. Ein Feuer, das nichts verzehrt, kann nicht geglaubt werden. Es sei denn, man versteht auch diesen alttestamentlichen Text wie eine Metapher. Gott offenbart sich also als eine Liebe, die nichts verzehrt, nichts zerstört, wie es die besitzergreifende, menschliche Liebe oft mit sich bringt. Was menschliche Sehnsucht eigentlich von Gott erwartet, versuchen die letzten 6 Zeilen des Textes zu beschreiben. Missionieren will ich mit diesem Text niemanden. Er soll nur versuchsweise beschreiben, was einen ehrlichen Beter ausmacht, der keine Schablonen vor sich hinplappert, sondern seine Zweifel und seine Sehnsucht ins Wort bringt. Wer solche Art zu beten gar nicht kennt, wird sicherlich mit dem Text auch nichts anfangen können und ihn aus seiner Sicht, völlig legitim, als "unsinnig" ablehnen. Herzliche Grüße, AlteLyrikerin. |
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25.03.2020, 12:38 | #6 |
Nächstenliebe verstehe ich.. Seinen nächsten Menschen zu lieben , dies impliziert jeden einer nächsten Begegnung, auch jene die nah stehen.
Summiert: liebe jeden.. Dies entspräche auch dem Konzept der allgöötlichen liebe.. denn es heißt nicht nähstenliebe / von Nähe abgeleitet |
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25.03.2020, 13:07 | #7 |
Hallo kaskadia,
herzlichen Dank für Deinen Besuch und Deinen freundlichen Kommentar. Bleib gesund und habe einen schönen Tag, AlteLyrikerin. |
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25.03.2020, 13:13 | #8 |
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Als Missionierungsversuch habe ich das Gedicht keineswegs aufgenommen. Ich glaube zu verstehen, was du meinst. Ein Gebet ist im Grunde nichts anderes als ein Gespräch mit sich selbst, aber es gut, so zu tun, als höre jemand zu. Kinder machen das in einem bestimmten Alter oft so, dass sie sich einen imaginären Freund erschaffen, mit dem sie reden. Wenn ein Mensch Tagebuch führt und mit den Zeilen "Liebes Tagebuch ..." beginnt (ich glaube, Anne Frank hat das getan), ist das ähnlich.
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25.03.2020, 14:23 | #9 |
Für mich ist ein Gebet mehr als ein Selbstgespräch, aber ich kann das gerne so stehen lassen und muss darüber keinen Disput führen.
Herzlichen Dank für Deine Fragen und den konstruktiven Kommentar, AlteLyrikerin. |
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26.03.2020, 13:35 | #10 |
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hhhhhhhhhhh...was für ein wunderbarer teggst. goddchen wird dich dafür in den himmel aufnehmen guteste AL. du bist eine begnadete anbeterin und wärst ein leckerbissen für jede riesen-mantis.
in mottung ralfi |
26.03.2020, 13:43 | #11 |
Lieber Ralfchen,
Danke für das Erwartete, AlteLyrikerin. |
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26.03.2020, 19:53 | #12 |
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schön dass du das erwartet hast. Ilka hat genügend angemerkt. und ja der grässliche j. war ein makaberes wüstenfantasieprodukt. sowie der neuere von jeserl. liebe hat sich nach und nach unter den menschen als ein kulturelles mischkulanzium entwickelt. wahrscheinlich ist die nur eine einbildung. zuneigung und hingabe gabs dagegen schon immer. das was dem am nächsten kommt ist die mutterleibe die ihren ursprung aber im selbsterhaltungstrieb hat.
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26.03.2020, 20:01 | #13 |
Lieber Ralfchen,
da es sich hier (bei Deiner wie bei meiner Position) nicht um exaktes Wissen handelt, sondern um Anschauungen, kann ich nur sagen: ich verstehe Deinen Standpunkt ohne ihn zu teilen. Herzliche Grüße, bleib gesund, AlteLyrikerin. |
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26.03.2020, 20:12 | #14 |
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Da liegst du komplett falsch, liebes Ralfchen. Dir fehlen allerlei Bausteinchen in der Menschheitsgeschichte, auch was die Sicht auf Kinder und die angeblich angeborene Mutterliebe angeht.
Das alles sind nämlich moderne und erlernte Phänomene, die es bis vor wenigen Jahrhunderten nicht gab. Sie hängen eng zusammen mit der Herausbildung des Bürgertums und der daraus entstehenden kapitalistischen Gesellschaft. Kinder wurden jenseits des Adels erst zu Hätschelobjekten, als es Besitz zu vererben gab. Jesus, egal ob Wanderprediger oder Philosoph (damals war man sowieso alles in Einheit), war, sollte er existiert haben, mit seinen Ideen der Zeit weit voraus. Sonst hätte er nicht so viele Anhänger rekrutieren können, die diese Ideen weitergetragen haben. Mutterliebe ist ein Instinkt, aber nicht jede Mutter verfügt in genügend großem Maße darüber, um für das Kind optimal zu sorgen. Manchen Müttern geht der Instinkt total ab oder sie verfallen sogar in die sog. Kindbett-Depression. Bis weit in das Industrialiserungszeitalter galten Kinder ab dem fünften Lebensjahr als Erwachsene, die zu arbeiten und zur Familienexistenz beizusteuern und das Altenteil ihrer Eltern abzusichern hatten. Sie waren "Human Resources", nichts weiter. Von Psychokram hatte kein Mensch eine Ahnung. Wer durchdrehte, wurde für verrückt erklärt und ins Eisbad gesteckt - so einfach war das. Vor diesem Hintergrund war die christliche Lehre bestimmt nicht zum Schaden der Menschheit. Sie war ein Licht in der Finsternis, vor allem wenn mal wieder Seuchen und Hunger durchschlugen. |
26.03.2020, 21:15 | #15 | |
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schon klar bzw nicht klar. die zuneigung gibt es sogar unter den wirbeltieren. dass die liebe mit der kulturellen entwicklung zu tun hat, ist nicht etwas, dass ich nicht schon mehrer male betont hätte. dazu gab es auch ein buch von Freud. wobei ich heute denke, dass es liebe i,g,g, nicht gibt. es ist eine imagination bzw. ein mischgefühl aus verschiedenen emotionen.
Zitat:
Geändert von Ex-Ralfchen (27.03.2020 um 00:39 Uhr) |
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26.03.2020, 21:27 | #16 |
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Ralfchen, du bist ja ein Romantiker!
Übrigens: Freud ist schon lange "out". Er gehört in das sog. "mechanistische" Weltbild. Deshalb passt er auch nicht in deine Argumentation. Nach ihm wären nämlich alle Verhaltensweisen triebgesteuert, und das hat mit Empathie absolut nichts zu tun. Da könntest du eher darüber diskutieren, ob ein Verbrecher für seine Taten verantwortlich gemacht werden darf. Zum Glück ist die Welt ein Stück weiter und betrachtet den Menschen nicht mehr als Teil seiner Triebe oder seiner Reizreflexe, sondern als ein ganzheitliches Wesen. Und genau das tat schon Jesus Christus. |
27.03.2020, 00:42 | #17 | |
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Zitat:
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27.03.2020, 00:54 | #18 | |
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Zitat:
also Ilka hatte probleme mit St1. dagegen ist diese ST zur krönung mit der letzten zeile der absolute schwachsinn. |
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