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13.12.2018, 07:12 | #1 |
Schmuddelkinds Erinnerungen
Ich kann mich zurückerinnern bis zum dritten Lebensjahr.
Damals 1961 war ich drei Jahre alt und wohnte mit einer zwei Jahre älteren Halbschwester und mit zwei je 1 Jahr jüngeren Brüdern, in einem einhundert Seelen Weiler. In guter Erinnerung blieb mir die herrlich blühende Natur, die Tierwelt und die still anmutige Weite der Landschaft. Wenn Mutter mit uns nachmittags spazieren ging, konnte ich stundenlang mitten auf der Straße, mit dem Dreirad gefahrlos meine Runden drehen. Erst nach 17 Uhr kamen zwei Autofahrer und drei Motorradfahrer von ihrer Arbeit ins Dorf zurück. Die meisten Anwohner waren noch Bauern, die mit ihren Traktoren, Ochsen und Ackergäulen ihre Felder bestellten. Zu der Zeit gab es auch selten Flugzeuge am Himmel. In den Abendstunden beim Einschlafen hörte ich gerne das sonore Brummen der Propellermaschinen. Die Dorfbewohner waren misstrauisch und wortkarg. Das lag vermutlich daran, dass wir erst zugezogen waren. Vielleicht missgönnten sie uns auch das alte Bauernhaus, wo wir zur Miete wohnten? Vielleicht dachten sie auch, dass mein Vater ein Ausländer war? Mit seinen rabenschwarz, dicht gekräuselten Haaren, seinem mächtigen Schnauzbart und seiner Sommerbräune, weil er als Straßenwärter stets im Freien arbeitete, hatte er schon ein südländisches Aussehen. Auch vom Temperament her, war er hitzig. Wenn er laut wurde, bzw. cholerisch wurde, war seine Stimme so wie ein Donnergewitter. Außerdem war er autoritär und konservativ. Eigentlich war Vater nur wegen der krankhaften Eifersucht der Mutter aufbrausend, andauernd nervte sie ihn mit alten Kamellen und mit diversen unbewiesenen Verdächtigungen. Ich bekam nicht einmal einen Schimpf, obwohl ich ihn mal angelogen hatte. Als ich mal meine Notdurft in der Scheune machte, weil ich Befürchtete drinnen bleiben zu müssen, kam gerade mein Vater von der Arbeit zurück. Er schimpfte wegen der Sauerei im Schopf, ich behauptete dreist, dass der Hund die Sauerei gemacht hatte. Es tat mir schon leid, dass der liebe Rex nur meinetwegen ein Tritt abbekam und weil er deswegen traurig heulte. Ich hatte in diesem Ort keinen Freund, außer unserem lieben altdeutschen Schäferhund Rex. Er mochte mich so gerne, dass er mir selbst noch das Mamaladenverschmierte Gesicht sauber ableckte. Später reute es mich und ich gab zu das ich es war, sagte; dass es mir nicht mehr aufs Klo reichte. Vater antwortete, dass beim Aufkehren er schon wusste, von wem die Sauerei war. Rex war ein braver und folgsamer Hund. Zum Gassi machen von der Kette genommen, machte er seine Runde und kam wieder zurück. Auch bei Spaziergängen musste er nie angeleint werden. Er mochte es auch so wie ich, auf den Motorradanhänger aufs Kartoffelfeld oder zu Waldarbeiten, usw. mitgenommen zu werden. Ich war als Kleinkind schon wissbegierig und fragte Vater und Mutter ein Loch in den Bauch. Daher kannte ich schon viele Blumensorten Bäume, Gräser, Gemüsesorten usw. Sonntag sind wir mal in ein Marienkloster in der Nähe gelaufen. Fragte neugierig; warum die Personen auf den Bildern ein Licht auf dem Kopf tragen. Bekam als Antwort, das Heilige als Zeichen ihrer Heiligkeit einen Heiligenschein tragen. Ich fragte; ob es keine Heiligen mehr gäbe, da ich noch nie ein Kopflicht gesehen habe. Daraufhin haben sie gelacht, aber sie konnten sie mir keine Antwort geben. Bruder Nummer drei erblickte vor Weihnachten an diesem Weiler noch das Licht der Welt. Dann sind wir ca. Mitte 1962 vom dem Ort weggezogen weil Vater ein Haus kaufte. Aber das ist eine andere Geschichte. |
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15.12.2018, 06:06 | #2 |
Das einsame Haus am Waldrand
Anno 1962 kaufte mein Vater ein älteres Einsiedlerhaus,
das zuvor als Straßenwärterunterkunft genutzt wurde. Weil die Straßenmeisterei einen neuen Bauhof besaß, konnte er das verlassene Haus günstig erwerben. Es lag in einer Lichtung am Ende einer Bergschlucht und in der Nähe der Hauptstraße. Von Westen, Osten und Norden waren wir von Wäldern umschlossen, nur auf das südliche Tal mit mit seinen Anhöhen, hatten wir Aussicht. Ein Km südöstlich gab es ein Sägewerk und eine Ansiedlung von 10 Häusern. Über dem Wiesental, hinter dem Wald im Nordwesten, wo hinter dem Hügel die Sonne unterging, lag in ca. 1,5 Km Entfernung ein Dorf mit sechshundert Seelen. Das Haus wurde mal landwirtschaftlich genutzt. Im EG. wurde ein Teil der Stallung als Werkstatt eingerichtet. Da war noch ein Amboss, ein Dengelstock für das dengeln von Sensen, ein Schleifstein und div. Gerätschaften. Der Garten mit den Beerensträuchern, samt Obstbaumwiese, war riesengroß und hatte eine Fläche von 2 Hektar. Die steile Wiesenfläche bis zum Waldrand, hatte ca. 3 Hektar. Am Waldrand hatten wir auch noch vier Bienenstöcke. Wir hatten fast alles was man zum Leben braucht. Geißen für die Milch, Hühner, Hasen, alle Beeren Äpfel, Birnen, Quitten, Nüsse alle Gemüsearten, Kräuter, Tee aus Kamillen und Hagebutten, wenn es mal kein Salat im Garten mehr gab, machte Mutter aus jungem Löwenzahn, usw. Salate. Das war mir mal zu viel und ich fragte Mutter, ob des vielen Grünzeugs, ob wir Rindviecher sind. Fleisch gab es nur sonntags und in der Herbstzeit kauften wir dem Opa eine 4-5 Zentner schwere Sau ab, die hernach geschlachtet wurde. Damals konnte man bei größeren Gemeinden noch große Kühltruhen anmieten und dort das Fleisch, Brote, und das Gemüse, usw. einlagern. Der Speck und haltbare Würste kamen in die Rauchkammer. Die Einkäufe waren damals auch bescheiden. Meistens kauften wir wöchentlich, Zucker, Salz, Mehl und Hefe, da ich motzte, dass das Wasser keinen Geschmack hat, gab es oft zusätzlich noch Brausepäckchen. Zucker brauchten wir viel, weil Mutter die Beeren und das Obst in Einmach- Gläsern einlagerte. Auch Sauerkraut wurde im großen Bottich gelagert. Schokolade gab`s nur an Geburtstagen Ostern und an Weihnachten, dafür gab es öfters mal Schokoladen, Grieß oder Vanillepudding. In einem Waschzuber wurden die Kleider und wir Kinder gewaschen. Für heißes Wasser gab es einen Ofen mit einem abnehmbaren großen Zinkwasserbottich. Meine Mutter war stets auf den Beinen, bzw. mit Arbeit beschäftigt. Selbst zum Essen ist sie nie gesessen. |
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16.12.2018, 02:09 | #3 |
Die verlorene Zeit
In dem einsamen Haus an der Waldlichtung, verlor sich die Zeit.
Trübsal machte sich beim nebeltrüben Wetter in meiner Seele breit. Die Minuten der nervend tickenden Wanduhr, dauerten eine Ewigkeit. An jedem Fenster huschte die gespenstische Einsamkeit durch die Fluren. Das war häufig so in den Morgenstunden und dauerte oft bis zum Mittag. Es lag hauptsächlich am Fluss, der sich parallel zur Landstraße, durch die 8 km lange Felsenschlucht schlängelte. Entfernung Fluss – Haus ca. 100 Meter Meine Schwester wetterte stets, dass wir in einem verfluchten Nebelloch wohnen. Für meine Mutter verrann die Zeit im Flug, sie hatte nebenher noch fünf hungrige Mäuler zu stopfen. Sehr nervig war der halbjährige Schreihals, wenn Mutter anderweitig beschäftigt war, Anfeuern, Waschen, Kochen, die Tiere füttern, usw. mussten die Schwester und ich die Kleinen hüten. So verging auch für uns diese Ewigkeit, bis sich draußen dieser unsichtbare und verhangene Raum, allmählich wieder lichtete. Wir durften bei Nebel nie raus, Mutter sagte; im Nebel lauern die Nebelgeister. |
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16.12.2018, 03:49 | #4 |
Die Sonnenseite des Lebens
Wenn nachmittags die Waschküche sich in Luft auflöste und es nicht regnete,
durften wir alle nach draußen auf die Wiese zum Spielen gehen. Wir hatten einen großen Sandkasten, eine Wipp-Schaukel und zwei Schaukeln an einem Baum. Mutter arbeitete stets im Garten und hatte in einer Korbwäschezeine oft unter einem Sonnenschirm, den Kleinsten neben sich. Auch die Tiere durften auf die Wiese, die Geißen wurden an die Bäume festgebunden und die Stallhasen kamen in zwei Verschläge. Die Schwester die auf den 1,5 jährigen aufpassen musste, setzte meinen Bruder meistens in den Hasenverschlag. Auch der Hund wurde von der Leine gelassen, am liebsten tollte er mit mir. Oft spürte der Hund Schlangen in der Wiese und im Garten auf. Mutter hatte panische Angst vor Schlangen und hackte jede aufgespürte Schlange in Stücke. Seltsam war, dass die Stücke sich solange windeten, bis die Sonne unterging. Es wimmelte von Schlangen, da es in der Wiese und im Wald noch viele größere Steine, bzw. kleinere Felsen gab. Vater ärgerte sich, weil Mutter zumeist die harmlosen Ringelnattern und Blindschleichen tötete. Er fing mit einer Astgabel nur die giftigen Kreuzottern, sogleich ließ er sie in einen Ast beißen, damit wir sehen konnten wie das Gift aus den Zähnen kommt. Hernach ließ er sie am Waldrand wieder frei. Schade das für so viele Schlangen die Schattenseite des Lebens zuschlug:-( |
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16.12.2018, 06:35 | #5 |
Der verwunschene Wald
Meine Schwester und ich durften als etwas länger draußen bleiben, weil
wir manchmal das geschnittene Gras in die Futtergrippen bringen mussten. Das nutzen wir schon mal aus, damit wir den verbotenen Wald erkunden konnten. Meine Schwester sagte; durch den Wald gäbe es einen Weg der zu einem Dorf führt, wo noch andere Menschen leben würden. Ich hatte schon Bammel. Mutter erzählte mir, dass es im Wald wilde Tiere, Verbrecher und Hexen gäbe. Meine Schwester meinte; dass ist nur ein Märchen zum uns Angst machen. Meistens kamen wir nicht sehr weit. Der Mischwald war wild durchwachsen mit Steinhügeln, Büschen und Sträuchern. Wenn wir die ersten Hürden mal überwunden hatten, standen wir in den unendlichen Weiten des Waldes. Da es immer dunkler wurde, machte sich bald Verlorenheit breit und der Wald bewahrte sein Geheimnis wieder einmal für sich. Wir waren als schon froh, dass wir wieder aus dem Wald herausgefunden haben, denn die Sonne ging hinter dem Waldhügel abends schnell unter. Wenn wir es nicht rechtzeitig schafften, hörten wir die Rufe der Mutter und danach gab es stets Ohrfeigen. Die Ohrfeigen bekam aber nur meine Schwester ab, weil sie 1,5 J. älter wie ich war. Aber das machte ihr nichts aus, denn sie wurde schon heftiger verprügelt. Das war noch in dem Weiler wo wir zuvor wohnten. Da hat sie mal Trauben von Nachbars Zaun genommen und wurde dafür von der Bäuerin so heftig verprügelt, dass sie aus den Lippen und aus der Nase blutete. Geändert von Vers-Auen (16.12.2018 um 08:49 Uhr) |
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16.12.2018, 07:04 | #6 |
Der Kinderhütehund
Die Landstraße, die nur 5 m vor unserem Haus entfernt, war für uns Kinder
ein absolutes Tabu. Sie war schon stärker befahren, weil sie zur Kreisstadt in unserem Landkreis führte. Wir hätten auch keine Chance gehabt, denn der Hund schlug, sobald wir uns der Straße auch nur annäherten, sofort an. Danach gab es auch für mich Ohrfeigen, in der Zeit wo wir dort wohnten, habe ich nicht einmal die Landstraße überquert. Wenn der Hund nicht angebunden war, hat er uns am Arm gepackt und uns zurückgezogen. Verletzungen hatten wir dadurch nicht. Vater kaufte den Schäferhund von einem alten Schäfer ab und da er in Gebrauch war, wurden ihm die Zähne abgeschliffen. Dennoch hatten wir schon derbe Zahnabdrücke am Arm. Wir die vom Frühling bis zum Herbst barfuß unterwegs, waren nicht so wehleidig, im Gegenteil. Wir prahlten oft damit wer die heftigeren Abdrücke hatte. Wenn ich mal Wunden hatte, verheilten die sehr schnell. Bin mal barfuß in ein Nagelbrett getreten, das Brett haftete an meinem Fuß und der Nagel war tief drinnen. Weil der Nagel rostig war musste ich ein Kamillenfußbad machen, nach ein paar Tagen war der Fuß wieder heile. War auch nie erkältet oder so. Es haben nur wenige Autos mal an der Straße angehalten. Vermutlich wollten manche nach einem Weg fragen, oder es waren Verkaufs-Vertreter oder Versicherungsvertreter? Wenn der Hund frei war, hat sich aber niemand getraut auszusteigen. Nach dem Verbellen, wäre vermutlich der Hund ihnen sofort an die Gurgel gesprungen!? |
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09.03.2019, 03:54 | #7 |
Freud und Leid
An einem schönen Samstagnachmittag parkte ein Polizei Auto,
damals noch VW-Käfer, auf unserem Grundstück. Vater rief den Rex zurück, aber als der Polizist seine Hand zum Gruß meinem Vater entgegenreichte, packte er ihn sofort am Arm. Der Polizist „der meinem Vater von einem verkehrsbehinderten Steinschlag berichtete“ war so fasziniert von unserem aufmerksamen Hund, dass er ihn um jeden Preis kaufen wollte. Bei 500 DM wurde Vater schwach, denn das war 1962 ein ganzer Monatslohn und der 10 fache Kaufpreis. Von dem Geld kaufte Vater sein erstes Auto. Da er nur den Motorradführerschein hatte, war es ein 2 Takt Goggomobil Coupé TS 250, es war genau das rotweiße wie im Bild. https://de.wikipedia.org/wiki/Goggom...1_b)_Seite.jpg So ein Auto machte zwar mobile Freude, aber der Verlust des treuen Wachhundes und Spielgefährten machte uns schon recht traurig. Mutter hatte dadurch Handelsvertreter, z. B. Bürsten, Besenverkäufer, Scherenschleifer, usw. am Hals. Sie hat sich auch von einem Vertreter einen teuren Kobold-Staubsauger aufschwatzen lassen. Vater hat sich zu einer Gebäude und Hausratversicherung überreden lassen, was aber kein Fehler war, wie wir noch später feststellen werden. Weil die Hausbesuche kein Ende nahmen und wir Kinder auch öfters in den Wald ausbüxten, kaufte Vater ein schwarzen Wolfsspitz. Da er ein richtig aggressiver Kläffer war, nannten wir ihn Bello. Bello hatten wir gottseidank nicht sehr lange. Er heulte den Mond und die Gewitter an, dazu zerriss er uns Kindern die Kleider, auch biss er uns mit seinen scharfen Zähnen oft blutig. Ich kann mich noch dunkel erinnern, wie Vater unseren gelehrigen Schäferhund Rex, nur in ca. einer Stunde ausbildete. Musste da, obwohl es warm war, einen Anorak und die lange Lederhose anziehen. Vater sagte ich soll Richtung Wald laufen, auf den Weg dorthin bekam Rex den Befehl „Bring“ dann rannte Rex los, packte mich am Arm und zog mich bis zu Vater zurück Zuvor hatte er das Bring Spiel mit Bengeln gemacht. Vater sagte mir, das man einen Hund abrichten muss. Von da ab war für mich ein abgerichteter Hund, ein gefährlicher Hund. |
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09.03.2019, 09:03 | #8 |
Forumsleitung
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Stelle deine Texte künftig bitte einzeln ein.
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