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Lebensalltag, Natur und Universum Gedichte über den Lebensalltag, Universum, Pflanzen, Tiere und Jahreszeiten. |
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09.08.2012, 22:29 | #1 |
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In der Schönhauser Allee
Durch den Prenzlauer Berg, juchhe,
führt stolz die Schönhauser Allee. Geschwängert die Berliner Luft vom Diesel- und vom Dönerduft. Viel Leben, wo ich geh und steh, hier in der Schönhauser Allee. Arbeiter, Rentner, Mutter, Kind eiln über Stock und Stein geschwind. Ein Punk mit seinem kleinen Hund ist glücklich, ihm schlägt keine Stund, wählt hoffnungsfroh APPD hier in der Schönhauser Allee. Seh Läden, sehe Restaurants, seh ferne Länder wie in Trance, Kleider aus Mali und Peru, aus Nepal Schmuck, aus Rom die Schuh, ess Nudelsuppe aus Taipeh hier in der Schönhauser Allee. Bierdosen liegen rum im Dreck. Was soll’s? Ich kick sie einfach weg. Ein Rapper feiert wild ein Fest, ein harter Drink gibt ihm den Rest. Ein Glatzkopf wankt vom BFC hier in die Schönhauser Allee. Bei Konnopke am Stand, oh weh, steht wer auf meinem großen Zeh. Würzig und heiß die Currywurst, ein kühles Pils löscht meinen Durst, während ich manchen Promi seh hier in der Schönhauser Allee. Ins Kino, einst ein Pferdestall, strömt Alt und Jung von überall, Kauft Cola, Popcorn, Tickets ein, drängt in die Kinosäle rein, bestaunt das Monster und die Fee hier in der Schönhauser Allee. Arcaden, du Konsumpalast! Raubst viele Euros deinem Gast. Wie die Bekloppten kaufen sie, ganz stumpf und willenlos wie Vieh. Ein armer Bettler sitzt im Schnee hier in der Schönhauser Allee. Ein alter Opa singt voll Hohn ein Spottlied zum Akkordeon. Verkäuferinnen sind geschlaucht, es wird ne Kippe schnell geraucht. Der Yuppie trinkt sein’ Milchkaffee hier in der Schönhauser Allee. Die Glocke von Gethsemane trägt in die Straße die Idee von Frieden und Gerechtigkeit, vom Aufbruch in der Wendezeit. Die Freiheit ist kein alter Schnee hier in der Schönhauser Allee! |
10.08.2012, 05:12 | #2 |
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Hi Rosenblüte,
für die Länge ein ansprechendes, klares Gedicht. Über den Stil der poetischen Alltagssprache ("Currywurst", "vom Diesel- und vom Dönerduft") kann man streiten, über das Handwerk nicht. Mir gefällt dies nicht so sehr, da mir ein wenig das Poetische fehlt und die Kunst nicht unbedingt heraussticht, wie andere Lyrik, erkenne jedoch, wie oben angedeutet, das feine Schreibkönnen an, das sich beispielsweise in den gut gemachten, "trickreichen" Reimen zeigt. Willkommen in der Schönhausener Allee! LG Martin |
10.08.2012, 08:38 | #3 | |
Forumsleitung
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Mich stört die Alltagssprache nicht, denn sie wird bis zum Schluß durchgehalten und charakterisiert dieses Gedicht, das einem Bänkelgesang ähnelt. Außerdem paßt es zu Berlin. Hildegard Knef hatte sich in ihren Chancons einer ähnlichen Sprache bedient, wie z.B. in dem Lied "In dieser Stadt":
Zitat:
Einen kleinen Meckerer habe ich noch: "Der Yuppie trinkt sein' Milchkaffee". Mit dieser Verkürzung kann man den Leser nicht bestechen, denn in Gedanken fügt er die unterdrückte Endung automatisch an. Ich bin jedenfalls heftig gestolpert. Besser wäre gewesen, ein gekürztes Wort aus der Alltagssprache zu nehmen: "Der Yuppie trinkt 'nen Milchkaffee". Das wär's aber schon, rundum finde ich das Gedicht gelungen. Es muß nicht immer sublime Poesie sein. LG Ilka |
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10.08.2012, 11:08 | #4 |
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Hi ihr 2,
das Gedicht muss in Alltagssprache geschrieben sein, denn es schildert die Schönhauser Allee genauso wie sie ist. Die Prenzlberger, die das Gedicht lasen, kannten sogar alle den schimpfenden Opa mit seinem Akkordeon. Das Juchhe ist beabsichtigt, gerade weil es eine Art Bänkellied ist. nen Milchkaffee, das könnte man machen, wobei sein' ziemlich oft zu hören ist und ich es witziger und auch weniger sperrig finde als nen. Klar, der Text ist sehr lang geraten. Aber hier ist eben ne Menge los. Morgen verreise ich und weiß jetzt schon, dass ich Heimweh nach der Schönhauser haben werde. Liebe Grüße Rosenblüte |
12.08.2012, 08:38 | #5 |
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In der Schönhauser Allee
Liebe Rosenblüte,
du besingst die Schönhauser. Das machst du gekonnt, beinahe routiniert, die Alltagssprache passt dazu, ja, ist geradezu Pflicht, und hier und da ein kleiner Stolperer macht in der Aufzählung dessen, was man da so sehen kann, aufmerksam. Vielleicht hätte ich mir sogar mehr Alltagssprache gewünscht. Was mich an dem Gedicht stört, ist, dass du Klischees besingst. Es fehlt einfach gar nichts, das übliche Prenzlberg-Geschwurbel der Wohlbestallten, um es mal so zu sagen, alles schwebt an der Oberfläche. Aber auch am Prenzlberg geht die Gegenwart nicht vorbei mit ihren Mietervertreibungen, dem Schließen von Geschäften, der zunehmenden Anwesenheit von Menschen, die außerhalb des gesättigten Mainstreams existieren müssen. Du erwähnst einen "armen" Bettler, der einfach zur Freude der Vorübergehenden Musik macht. Aber glaubst du das wirklich? Einen mehr in die Tiefe gehenden Blick hätte ich mir bei diesem Thema schon gewünscht. Mit liebem Gruß Nitribitto |
12.08.2012, 10:50 | #6 |
Hallo Rosenblüte,
variantenreich und in Hinsicht treffend eine Ausschnitt dieser Großstadt präsentiert. Gern gelesen. LG gummibaum |
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29.08.2012, 11:08 | #7 |
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Hallo Nitribitto,
ja, Alltagssprache und Stolperer sind beabsichtigt. Da ich nur Rucksack-Berlinerin bin, fehlt es mir natürlich an Biss und Witz, um die Alltagssprache noch gezielter einzusetzen. Gerade das quirlige Leben, das du als Klischees bezeichnest, ist es, was den Prenzlauer Berg für mich so liebenswert macht und mich, der Gentrifizierung zum Trotz, hier ausharren lässt, bis sich die Lage wieder beruhigt hat. Im Gegensatz zu vielen Anderen ist mir das auch möglich, weil ich das Glück habe, in einer Genossenschaftswohnung mit moderater Miete zu leben. Die unliebsame Entwicklung in meiner Umgebung hatte ich bereits in "Blick aus dem Fenster" geschildert: https://www.poetry.de/showthread.php?t=27768 Eines möchte ich noch klarstellen: Der alte Opa singt nicht zur Freude der Vorübergehenden, ganz im Gegenteil. Zu den schrägen Klängen seines Akkordeons beschimpft er lauthals die Zuhörer. Reich wird er auf diese Weise nicht. Wenn er ein paar Groschen beisammen hat, geht er zum Bäcker und trinkt einen Kaffee. Lieben Gruß Rosenblüte *** Danke, lieber Gummibaum. Lieben Gruß Rosenblüte |
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