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Gefühlte Momente und Emotionen Gedichte über Stimmungen und was euch innerlich bewegt. |
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01.03.2024, 18:34 | #1 |
Stille
Die Stille im Raum
Ist dieselbe wie gestern Fragen türmen sich auf Wie ein Stapel noch zu lesender Zeitungen Ich nehme den Stift Und streiche einen Tag Aus dem Kalender meiner Erinnerungen |
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01.03.2024, 20:11 | #2 |
Forumsleitung
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Das ist gut. Richtig gut. In diesen wenigen Zeilen wird der Stillstand spürbar. Als Leser stellt sich mir die Frage: Wer ist für den Stillstand mehr verantwortlich, das Lyrische ich oder die Stille im Raum, die sich anhäufenden, ungelesen bleibenden Zeitungen, oder die Erinnerungen, in einem Kalender gefangen, aus dem sie das Lyrische Ich nach und nach streicht. Demenz? Wer oder was wirkt hier mehr: die Stille auf das Lyrische Ich, oder umgekehrt? Was ist die Wechselwirkung? Gibt es sie überhaupt noch? Oder befindet sich das Lyrische Ich bereits in einer Einbahnstraße, auf einem Weg ohne Rückfahrkarte?
Oder ist es Resignation? Ändern kann man nichts mehr, dafür ist es zu spät. Oder auch: Das war gestern wichtig, heute nicht mehr, also aus dem Kalender gestrichen. Ein paar Verse, die hingeworfen erscheinen, aber Türen zu vielen Fragen und Überlegungen öffnen. LG Ilka |
02.03.2024, 14:48 | #3 | |
Zitat:
Deine Überlegungen dazu sind sehr gut. Ich möchte nicht unbedingt auflösen, verrate nur so viel: Mit Demenz hat es nichts zu tun. LG DieSilbermöwe |
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02.03.2024, 15:30 | #4 | |
Forumsleitung
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Zitat:
Damit steigt man in der Bundesliga ab . |
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05.03.2024, 12:19 | #5 |
Hallo liebe Silbermöwe,
Kompliment auch von mir: Mit wenigen Worten drückst Du viel aus, die Begrifflichkeit gefällt mir sehr gut. Es passiert nichts und alles und dauert nur einen Augenblick. Gerne gelesen! Viele Grüße von georg |
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05.03.2024, 17:09 | #6 |
Hallo DieSilbermöwe,
mir haben deine Worte gefallen. Ich konnte mich einfühlen, weil es mir gestern genauso erging. In der Stille kreisten die Gedanken. Kreuz und quer, immer schneller ... Fragen türmten sich auf ohne jede Antwort. Quälend! Diesen Tag hab ich tatsächlich gestrichen. Das Denken raubt manchmal viel Kraft. Grüße zu dir, Candlebee |
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05.03.2024, 17:47 | #7 |
Lieber Georg,
Liebe Candlebee, vielen Dank für eure Kommentare! Es freut mich, dass euch das Gedicht gefällt. Manche Tage sind wirklich zum Vergessen ... Was mich etwas wundert: Warum kommen eher melancholische Gedichte oder Gedichte mit nachdenklicher, manchmal sogar gedrückter Stimmung besser an als die fröhlichen, die gute-Laune-Gedichte? Aber vielleicht ist das auch nur bei meinen so. Oder es liegt daran, dass die melancholischen meist ungereimt sind. LG DieSilbermöwe |
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06.03.2024, 14:22 | #8 | |
Ich schließe mich den Komplimenten an -
und nehme als Anregung mit, noch öfter mit minimalistischen Wortbildern zu spielen. Zitat:
LG |
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06.03.2024, 17:44 | #9 |
Vielleicht sind es ja nur meine eigenen. Die fröhlichen, eher nicht tiefschürfenden Gedichte, diejenigen, die keine Traurigkeit oder Düsternis vermitteln, werden meist übersehen oder für nicht so gut befunden.
Liegt es daran, dass man sich nicht gerne mit einem glücklichen LI identifiziert? Das kann doch eigentlich nicht sein. |
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06.03.2024, 18:36 | #10 | |
Forumsleitung
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Zitat:
Das Leise, Leichte, Beschwingte bis hin zur Komödie hat es schwerer als Drama, Leser und Kinogänger auf einem Niveau zu unterhalten, dass sie die Geschichte durchgehend als vergnüglich empfinden lässt. Im Grunde behandeln auch die vermeintlich stillen und leichtfüßigen Stoffe ernste Themen, aber die Meister dieses Fachs kleiden sie in Wortwitz, Resignation oder Ironie: Man muss das Leben eben nehmen, wie es ist, und über sich selbst oder groteske Situationen lachen können. Wie schwierig das ist, zeigt, dass einem beim Abfragen von Namen zunächst nur die ganz Großen einfallen, wie z.B. Wilhelm Busch, Ringelnatz, Erich Kästner, Billy Wilder, Charlie Chaplin, Lubitsch und Loriot. Man muss aufpassen, dass man die Schmerzgrenze nicht überschreitet, sonst geht einem solchen Stoff das Leichte und Humorvolle verloren. Drama hingegen darf die Register bis zum Anschlag ziehen, um dem Leser oder Zuschauer sowohl physischen wie auch psychischen Schmerz zu bereiten. Die Skala ist nach oben offen, und mancher Roman wurde deshalb schon halbgelesen für immer zugeklappt. Auch in der Lyrik habe ich bereits Gedichte gelesen, die grausam und nur hart zu ertragen waren. Es bedarf weit weniger Feinsinnigkeit und Phantasie, einen dramatischen Stoff zu entwickeln, denn die reale Welt steckt voller Beispiele, was Menschen anderen Menschen antun können oder welchen Katastrophen sie oftmals ausgesetzt sind. Es gehört Meisterschaft dazu, wie Charlie Chaplin eine Szene großer Hungersnot humoristisch darzustellen ("Goldrausch") oder wie Woody Allen die Angst vor dem Tod ironisch zu erzählen ("Die letzte Nacht des Boris Gruschenko"). Nicht ohne tiefe psychologische Einsicht eröffnete Tolstoi seinen Roman "Anna Karenina" mit dem Satz: "Alle glücklichen Familien gleichen einander, jede unglückliche Familie ist auf ihre eigene Weise unglücklich." Wie also variiert man in der Literatur Stoffe, die alle einen glücklichen Inhalt haben, ohne ihn der Langeweile preiszugeben? LG Ilka |
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07.03.2024, 08:11 | #11 |
Das ist eine gute Erklärung, Ilka. Das hilft mir tatsächlich weiter, dieses Phänomen zu verstehen.
Dabei hätte ich es mir eigentlich denken können, denn ich sehe mir Komödien gar nicht gerne an, weil ich die meisten fürchterlich schlecht finde, abgesehen von den großen Ausnahmen, die du schon erwähnt hast. LG DieSilbermöwe |
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07.03.2024, 08:33 | #12 |
07.03.2024, 08:38 | #13 |
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Stimmt, Epilog. Aber der war genauso genial. Die russischen Autoren waren alle hervorragende Psychologen.
Aber danke für die Richtigstellung. Habe meinen Text entsprechend korrigiert. |
07.03.2024, 12:46 | #14 |
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Heyho DieSilbermöwe,
das Werkchen gelang dir wirklich, vor allem das Zeitungsbild! Das ist wie an Wolken zu nuckeln, oder die Kanäle Venedigs mit Mineralwasser zu füllen. Sehr eingänglich und bleibt hängen und ist vor allem zeitgenössisch. (Was ich mittlerweile ja sehr mag). lg EV! @Ilka Ich glaube, bei den Meistern, die du ansprichst, ging sehr viel Leid voraus, bevor es "leichtfüßiger" verdaut wurde. Soweit ich weiß, gibt es in der Traumapsychologie einen Punkt, wo sich tief empfundener und verdrängter Schmerz in Humor umwandelt. Wenn also jemanden in drei Tagen tausend beschissene Dinge passieren, kann es sein, dass der Betroffene wortwörtlich irgendwann vor Lachen in die Knie geht. Und andererseits waren die berühmten Persönlichkeiten ihrer Zeit sehr belesen und wussten, welche Literatur vielleicht abgegriffen oder inflationär war. Allen noch eine schöne Woche. lg EV |
07.03.2024, 18:28 | #15 | |
Zitat:
LG DieSilbermöwe |
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07.03.2024, 19:31 | #16 |
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08.03.2024, 13:25 | #17 |
Dem kann ich mich nur anschließen. Es entspricht meinem momentanen Lebensgefühl und erinnert mich daran, dass ich dringend mal wieder was Verrücktes anstellen muss, um mich lebendig zu fühlen. Ein Stück auf der Stadtautobahn herum spazieren und mich verhaften lassen vielleicht. Dann ist es kein Tag, den man aus der Erinnerung streicht, sondern der Tag, als ich verhaftet wurde.
Liebe Grüße, Lee |
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08.03.2024, 15:04 | #18 | |
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Zitat:
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08.03.2024, 15:27 | #19 |
Forumsleitung
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Keine gute Idee - wie bei allem, zu dem der Gerichtsmediziner hinzugerufen wird. Da ist Eisenvorhangs Vorschlag die günstigere Variante (soweit man es nicht von der finanziellen Seite betrachtet, das könnte nämlich zum teuersten Steak aller Zeiten werden).
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08.03.2024, 15:58 | #20 |
Ihr seid mir ja zwei Spaßvögel!
Nach gründlicher Überlegung habe ich entschieden, auf der Autobahn spazieren zu gehen und dann das Polizeiauto anzuzünden, mir im Gummireifendampf ein Steak zu grillen und es mit dem Gerichtsmediziner zusammen zu verzehren. Aber nur, wenn er Kartoffelsalat mitbringt. Dies wird ein unvergesslicher Tag! Liebe Grüße, Lee |
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