|
|
Geschichten, Märchen und Legenden Geschichten aller Art, Märchen, Legenden, Dramen, Krimis, usw. |
|
Themen-Optionen | Thema durchsuchen |
20.09.2015, 20:00 | #1 |
abgemeldet
|
Das geheime Wir
Das geheime Wir
Es war wohl dein langes Haar, das mir den Atem raubte. In deinen unwahrscheinlichen, grau-blauen Augen blitzte jedes Mal aufs Neue etwas Geheimnisvolles hervor. Ich schrieb in meinem Tagebuch unser nächstes Treffen nieder. Es sollte niemand wissen, wofür sind Tagebücher schließlich da? Ohne deine besonders auffällige Art wäre es wohl nie zu diesen Gefühlen in mir gekommen. Ohne dich wäre alles noch beim Alten, vielleicht wäre es besser gewesen, vielleicht auch nicht, ich wusste es erst, als ich den Schritt wagte. Denn wer sagt, ich wär zu alt, und wer, es wär entschieden gewesen. Da hat man sich schnell geirrt – und das weiß ich genau. Ich mochte eben die Abenteuer, die man für sich behält. Man muss ja nicht alles von sich preisgeben. Er war auf Geschäftsreise, das Haus war leer. Und ist etwas leer, so muss man es füllen. Und als du den Fuß herein setztest, beflockte den Flur ein Duft der Phantasie. Ich fühlte unbeschreibliches. Ich nahm nur dich wahr in deiner kühlen Präsenz, die Geheimnisvolles zeichnete. Du glichst einer Schildkröte – wenn du etwas wolltest, kamst du aus deinem Panzer, wenn dir nicht danach war, dann verstecktest du dich darin. Doch vor wem oder was verstecktest du dich? War es das Neue, das du nicht wolltest, dass es dir widerfuhr? Oder warst du ein Mensch, der Leute distanziert prüft und dann blitzschnell ohne Vorwand zuschlägt? Ich konnte nur spekulieren. Noch. Aber was ich bereits wusste, ist meine Begabung, zu deinem weichen Inneren durchdringen zu können. Und Tatsachen lügen wohl nicht: schon nach mehreren Treffen mit dir bemerkte ich, welch verschiedene Gesichter du doch hast. Immer intensiver wurde unsere Beziehung, doch: mich bezog ein Gefühl der Schuld, der Schande. Er hat von uns erfahren. Nun füllte sich mein Fass der Lust mit Unwohl, bis es fast überging. Ich wusste nicht, was zu tun war und was zu meiden verblieb. So unwissend am Anfang und so unwissend nun zum Schluss, dass er die Ehe schmiss. Die größte Angst war auch jetzt erfüllt und in mir baute sich etwas auf, ich kann es nicht beschreiben. Nicht mal mehr deine Nähe war meinem Herzen eine Wohltat. Nein, vielmehr ein noch größeres Vergehen. Doch es war ein ebenso geheimnisvolles Gefühl, wie wir beide es waren. Die Leute zerrissen sich die Mäuler. Doch dir schien es egal, dir schien die Welt egal. War denn auch ich dir egal? War unser geheimes Wir ebenso geheim wie dein lang ersehnter und nun erfüllter Todeswunsch? War es das letzte Abenteuer, bevor du gingst? Und nun: das Haus steht leer. Das ist zugänglich. |
20.09.2015, 20:55 | #2 |
abgemeldet
|
Liebe Lara,
die Geschichte, die Du erzählst, geht unter die Haut. Zwei liebende Menschen, die daran zerbrechen, weil ihre "unmoralische Liebe" aufgeflogen ist. Sicher gab sie nur vor, dass ihr alles egal sei. In ihrem Inneren tobte wahrscheinlich ein Vulkan, der sie mit Haut und Haaren verschlungen hatte ... Liebe und nachdenkliche Grüße Deine Moni |
20.09.2015, 21:16 | #3 |
abgemeldet
|
Hallo Moni,
danke für die flotte Antwort. Freue mich, dass ich Dich zum Nachdenken anregen konnte. So oder so... Ich lasse die wirklichen Gefühle des Du´s offen. Darf man sich selbst aussuchen. Ganz lieben Gruß von Deiner Lara |
Lesezeichen für Das geheime Wir |
|
Ähnliche Themen | ||||
Thema | Autor | Forum | Antworten | Letzter Beitrag |
Das Geheime Gericht | Anaju | Sonstiges Gedichte und Experimentelles | 1 | 01.07.2013 20:36 |
Das geheime Tor | Phoenixfeuer | Geschichten, Märchen und Legenden | 3 | 02.04.2011 10:00 |
Der geheime Garten | Phönix | Gefühlte Momente und Emotionen | 1 | 10.05.2010 08:04 |
Geheime Geister | Ilka-Maria | Düstere Welten und Abgründiges | 1 | 22.07.2009 11:40 |
Der geheime Auftrag | Periphalos | Theorie und Dichterlatein | 0 | 17.02.2007 15:26 |