Eine kleine afghanische Geschichte
Der Seminarleiter legte ihn mir besonders ans Herz. Ich unterrichtete damals das Fach Gemeinschaftskunde oder Gesellschaftslehre in einer Abendrealschule. Ein Schulabschluss war schon wichtig. Ohne Abschluss kein vernünftiger Beruf und er wollte schon etwas zwischen Architekt und Bauingenieur werden.
Unsere Begegnungen in der Schule beschränkten sich in den drei Jahren auf etwa zehn Tage. Da er das Deutsche nicht beherrschte, erklärte ich ihm auf Englisch, welche Fragen ich ihm in der Prüfung stellen würde und wie die Antworten seien. Es war eigentlich gar keine Prüfung, es war eine "Herzenssache". Man kann einem Afghanen einfach nicht weh tun, indem man ihm Fragen stellt, noch dazu in Gesellschaftslehre auf Deutsch. "Was willst du denn jetzt werden?" - "Pilot." Sicher konnte er mit dem Zeugnis nichts anfangen, aber er hatte es um der lieben Integration willen.
Für die anderen Kursteilnehmer, die Kurden und Iraner war der deutsche Weg in die Gesellschaft ungleich schwerer. Aber die lagen auch nicht so nah am Herzen.
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