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Gefühlte Momente und Emotionen Gedichte über Stimmungen und was euch innerlich bewegt. |
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06.03.2019, 23:40 | #1 |
Dabei seit: 10/2006
Ort: Reimershagen in Mecklenburg-Vorpommern, Nähe Güstrow
Beiträge: 7.879
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Ut mine Festungstid
Ut mine Festungstid
Gestern noch auf hohem Rossen? Nein, ich bin kein kühner Reitersmann. Doch das Leben habe ich genossen - herrlich war‘s, im Amazonenzauberbann Frühlingsblütendämpfe zu genießen, einen süßen Schatz im Arm zu halten, Wachtelschlag und Hahnenschrei bei Sonnenaufgang zu begrüßen, mit homerischem Gelächter beim Zitronenfalten Wein vom Rhein zuerst ins Glas, dann in den Schlund zu gießen. Unverhofft, spricht Volkes Mund, kommt oft! Stundenlang musst ich auf einem unbequemen Stuhle hocken, hundert dumme Fragen, einem Sturzbach gleich, quälten meine Ohren, klopften mir die Sinne weich . Meine Kehle, meine Lippen wurden trocken, mein Verstand verriet mir, dass ich mich total verzofft. Durch Verrat und Tücke wurde ich, der Festival genannt, von dem Stasi nach fünf Jahren als Geheimagent erkannt; nach dem Urteil - fünfzehn Jahre Zuchthaus Bautzen - gnadenlos verbannt. Fünfmal tausend hoffnungslose Tage sollten Mauern, Gitter mich umgeben. Lieber Gott, ich hab da eine Frage: Wie soll ich das Elend überleben? Einmal nur am Tage durft ich an die Luft, nachts, da wälzt ich mich in der Matratzengruft, träumt von Liebe, Freiheit, zartem Blumenduft, wachte auf durch weit entferntes Kinderlachen - Dank sei dir, du gnäd‘ger Gott, durch solche Sachen wolltest du gewiss mein Leben leichter machen. Mir schwanden, ich spürt es, der Mut und die physischen Kräfte, des Lebens lebendige Pulse und quirlige Säfte versiegten, je länger die Knechtschaft hier dauert und Brüderchen Hein seine Opfer frech grinsend belauert. Mir schien, die Welt sei grau in grau gemalt, für alle Sünden, die ich je begangen, so glaubte ich, hab ich genug bezahlt und übermächtig wurde mein Verlangen nach frischen Farben, süßen Düften und Musik. Ach kämen doch die schönen Tage bald zurück, ach könnte ich doch Hand in Hand mit dir, mein Schatz spazieren gehn - du kennst den Ort, du weißt den Platz, wo wir uns beide fühlten wie im Paradies, ein Engel uns den Rosenpfad zum Himmel wies. Ein Traum, geträumt am hellen Tag, ein süßer Traum, und ringsumher nur grau in grau, kein Strauch, kein Baum, der grünbelaubt zum Himmel seine Äste streckt - nur in des Hofes hintrer Ecke, ganz versteckt, hab ich ein blaues Blümchen ganz erstaunt entdeckt. Ich ging, das Blumenwunder näher zu besehn, in jenes grauen Hofes Ecke, bückte mich und hört es wispern: Bitte, bitte .lass mich stehn, , ich blüh nur heut einmal und dufte nur für dich. Am nächsten Tag, es war im Wonnemonat Mai, betrat der Oberleutnant Jahn mit festem Schritt die Zelle, sah mich an und brummte: „Kommse mit! Für sie ist Schluss!“, und ich verstand nur: Frei! Frei! Frei! "Ut mine Festungstid" ist ein bei dem Heimatdichter Fritz Reuter entliehen. Das LI spricht von seiner "Festungstid" Sonderhaftanstalt des Staatssicherheitsdienstes der DDR in Bautzen II, die nach 33 Monaten durch einen Agentenaustausch am 10./11. Mai 1982 endete. Einen autobiografischen Hintergrund zu vermuten, ist völlig abwegig. Genauso abwegig ist die Vermutung, die "blaue Blume" hätte einen romantischen Hintergrund. Genauer betrachtet war sie blau-gelb, eine Iris/Schwertlilie. Geändert von Heinz (07.03.2019 um 01:04 Uhr) |
06.03.2019, 23:58 | #2 |
abgemeldet
Dabei seit: 04/2018
Ort: Zwischen den Gedanken
Alter: 57
Beiträge: 697
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Lieber Heinz,
das gefällt mir ausgesprochen gut. Da kann ich nur sagen: Hut ab! Meine Bewunderung, ob dieses gelungenen Werkes hast du. Verneigende Grüsse, Serpentina |
07.03.2019, 00:44 | #3 |
Dabei seit: 10/2006
Ort: Reimershagen in Mecklenburg-Vorpommern, Nähe Güstrow
Beiträge: 7.879
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Liebe Serpentina,
verneigen musst Du Dich nicht vor mir, es sei denn, ich müsste Dir wie Harry Heine seinerzeit der holden, reinen, schönen Maid die Hände auf das Köpfchen legen wollt, weil es so schön und rein und hold Vielen Dank für Dein überschwängliches Lob! Liebe Grüße, Heinz |
07.03.2019, 11:39 | #4 | |
abgemeldet
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servus Heinz -
phänomenal die beschreibung Zitat:
r |
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07.03.2019, 13:27 | #5 |
Dabei seit: 10/2006
Ort: Reimershagen in Mecklenburg-Vorpommern, Nähe Güstrow
Beiträge: 7.879
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Liebes Ralfchen,ich nehme Dein Lob gern mit in ein hoffentlich phantastisches Wochenende. Lieben Dank!
Heinz |
07.03.2019, 15:49 | #6 |
Lieber Heinz,
chapeau! Eine moderne Ballade, mit Schwung und fast filmischen Bildern erzählt zu einem nachdenkenswerten Thema. Sehr gerne gelesen, AlteLyrikerin. |
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07.03.2019, 16:07 | #7 |
Dabei seit: 10/2006
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Beiträge: 7.879
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Liebe AlteLyrikerin,
uiiii, auf Ballade bin ich selbst noch nicht gekommen. Dür die (fast) filmischen Bilder und den Schwung danke ich sehr. Liebe Grüß, Heinz |
07.03.2019, 19:36 | #8 |
Lieber Heinz,
ich habe dich gerade erst verlassen, da bin ich schon wieder. Trotz der Länge des Textes, hältst du mich mühelos wieder beim geschehen. Sehr gerne gelesen! Liebe Grüße Gylon |
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07.03.2019, 21:19 | #9 |
Dabei seit: 10/2006
Ort: Reimershagen in Mecklenburg-Vorpommern, Nähe Güstrow
Beiträge: 7.879
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Lieber Gylon,
das freut mich (und bedeutet ha wohl, dass das Geschriebene nicht langweilig ist). Danke fürs "sehe gern gelesen"! Liebe Grüße, Heinz |
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