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Philosophisches und Nachdenkliches Philosophische Gedichte und solche, die zum Nachdenken anregen sollen. |
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27.06.2015, 09:04 | #1 |
R.I.P.
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dum loquimur
Die Häupter der toten Giganten bedecken, gleich kühlenden Tüchern, die mittäglich reglosen, flimmernden Schlieren am westlich und nördlich ganz mählich zerbröckelnden Föhnhimmel.
Die blendenden, schneeweissen Rippen und Schulpe verzwirbeln sich stärker, verändern, noch etwas verschlafen, doch stetig, gekitzelt von ostwärts gemächlich vorbei defilierenden Wölkchen, zusehends ihr Aussehen. Der Wanderer lauscht und hält inne. Verschiedenste Arten von Wespen, auch allerlei andern Insekten, besuchen, versunken in meditatives Gesinge, die Halme und Blüten der einstweilen frohgemut aufrecht dem Licht und der Wärme, der Sonne sich öffnenden Flora der Almweiden. Emsiges Surren und Brummen, eifriges Flattern und Schlagen von winzigen Flügeln, ein Sirren und Schwirren vermittelt des Wanderers Ohr die Gewissheit, dass vor seinem Auge gar strebsame Wesen, die menschliches Wissen und Technik nicht kennen, vorausschauend Wetter beobachten, deuten und nutzen. Das Leben, so sagen die Menschen, sei planvoll zu führen, der Wille bestimme das Elend so gut wie das Glück. Der Wanderer sieht diese Wespen und Blumen, bewundert ihr planloses Wirken und Schaffen und denkt sich, dass solcherlei Wesen im Grunde die glücklichsten sind. |
27.06.2015, 09:35 | #2 |
Gast
Beiträge: n/a
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großartig!
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27.06.2015, 13:38 | #3 |
Forumsleitung
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Könnte schön zu lesen sein ohne den Prozessionsmarsch der Adjektive.
Es ist unerheblich, ob die Giganten tot sind oder nicht, das Bild von den Schneekuppen kommt auch ohne das Adjektiv rüber. Dann haben wir „reglosen, flimmernden“ … ja was nun? Gemeint ist wohl eher „glänzend“ statt „flimmernd“. Bei den „schneeweißen Rippen“ hätte es des „blendenden“ nicht mehr bedurft, es ist bereits des Leuchtens genug; das „stärker“ macht das Verzwirbeln nicht stärker. Den Substantiven „Summen und Brummen“ ist das „emsig“ bereits immanent, ebenso das „eifrig“ im „Flattern und Schlagen“. Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, wie ein Flattern und Schlagen uneifrig aussähe. Ob das Wirken und Schaffen der Insekten und Blumen „planlos“ ist, darüber kann man streiten. Instinkten muss ja wohl auch ein Lernen aus Versuch, Fehler und Korrektur vorausgegangen sein. Die Adjektive blähen den Text unnütz auf. Schade, denn das Bild, das er vermittelt, ist sehr poetisch. LG Ilka |
28.06.2015, 16:48 | #4 |
R.I.P.
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Hallo WSM
Es steckt schon ein wenig der Gedanke drin, dem echt "Grossartigen" eine Form zu geben, welche in ihrer eigenen "Grossartigkeit" in dem Masse künstlich wirkt, wie sie macht- und hilflos ist gegenüber dem, was sie beschreibt. Mein Deutschlehrer kritisierte immer meine "Schachtelsätze", vielleicht habe ich hier ein Hintertürchen gesucht, um trotzdem mal im Schachteln zu schwelgen. Wie Ilka-Maria treffsicher das Schachtelgebäude zerpflückt, zeigt, wie un vermögend ich gegenüber dem Gegenstand bin. Trotzdem oder gerade deshalb bleibe ich dabei, auch bei der Adjektive-Prozession (Adjektive als "Prozessions-Spinnerraupen", eine erheiternde vorstellung). Trotzdem 2: Ich habe einiges aus ihrer Kritik auch umzusetzen versucht. (s.O.) Hallo Ilka-Maria Danke für dein Zerpflücken dieses Vers-Schwulstes. Da die Schwülstigkeit Ausflucht aus meiner Wortlosigkeit angesichts des Gegenstandes ist, bleibe ich dabei. Aber habe dankbar einige Kritikpunkte in Änderungen umgesetzt. Weiteres findest du allenfalls ein wenig weiter oben (an WSM gerichtet). Wenn ich jetzt so meinen untauglichen Versuch anschaue, denke ich an tauglichere Verarbeitungen wie z.b. jene F.Hodlers oder anderer Maler der wilden Natur. Ihre Gratwanderung am Rande des schwülstigen Kitsches, so was möchte ich auch können. Vielleicht kannst du mir ja einen Texter nennen, welchem das gelungen ist. Deine Frage, wie weit man denn im vorliegenden Fall von "planlos" sprechen kann, möchte ich offen lassen, ich meine, sie ist Teil des Textinhaltes. Beiden einen schönen Abend Url Neue Fassung, überarbeitet nicht im Sinne von, aber aufgrund von I.M.s Kritik: Erstarrter Giganten gesichtslose Häupter beschatten sich, ziehen sich über, als wären es kühlende Tücher, die mittäglich reglos erscheinenden Schlieren, verzwirbelt am westlich und nördlich ganz mählich zerbröckelnden Föhnhimmel. Die blendend und schnee-weissen Rippen und Schulpe verzwirbeln sich stärker, verändern, noch etwas verschlafen, doch stetig gekitzelt von ostwärts gemächlich vorbei defilierenden Wölkchen, zusehends ihr Aussehen. Der Wanderer lauscht und hält inne. Verschiedenste Arten von Wespen, auch allerlei andern Insekten, besuchen, versunken in meditatives Gesinge, die Halme und Blüten der einstweilen frohgemut aufrecht dem Licht und der Wärme sich öffnenden Flora der Almweiden. Ein emsiges Surren und Brummen, ein eifriges Flattern und Schlagen von winzigen Flügeln, ein Sirren und Schwirren eröffnet dem Ohr die Gewissheit, dass strebsame Wesen, die menschliches Wissen und Technik entbehren, vorausschauend Wetter beobachten, deuten und nutzen. Das Leben, so sagen die Menschen, sei planvoll zu führen, der Wille bestimme das Elend so gut wie das Glück. Der Wanderer sieht diese Wespen und Blumen, bewundert ihr planloses Wirken und Schaffen und denkt sich, dass solcherlei Wesen im Grunde die glücklichsten sind. |