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Sonstiges und Experimentelles Andersartige, experimentelle Texte und sonstige Querschläger.

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Alt 23.12.2006, 01:38   #1
reztuneb
 
Dabei seit: 08/2006
Beiträge: 64

Standard mein schönstes ferienerlebnis

aber es sind doch ihre regeln, die sie immer wieder brechen um dieses system am leben zu erhalten. es sind nicht unsere regeln, es ist nicht unser system.




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ich fahre zur arbeit. dort bleibe ich acht stunden und versuche nicht unglücklich zu werden. jemand erzählt mir, ich soll froh sein, acht stunden arbeiten zu dürfen, fünf tage die woche. natürlich stimme ich dem zu.

jede handlung bleibt in der welt, aus der sie entspringt. die idee meiner handlung wurde in mir geboren, ich bin ein stück dieser welt. meine hände sind hebammen, weißt du. sie zerren alles ans land, schleifen es liebevoll in diesen sterilen raum, der keine ausgangstür hat.
ist das möglich? ein eingang und kein ausgang? und niemand erinnert sich an den rückweg?

ich bin ein stück von dieser welt. sie sagen: ein teil dieser welt. ein teil, das wäre schön. teil, das heißt ein großes und ein ganzes. wenn ich ein teil bin, dann ist das große und ganze auch ich, vielleicht gefällt es mir dann, nein, ganz bestimmt gefällt es mir dann.
aus dem radio dröhnt: ich hab jetzt ökostrom.



- es ist doch ganz einfach, sagte jemand zu mir, wenn viele menschen das gleiche wollen, dann muss das doch gemacht werden. es liegt doch völlig auf der hand, dass das dann richtig ist.
- aha, habe ich gesagt.

es war ein gelber wagen, der fuhr mitten in der nacht große kästen herum. uniformierte menschen standen an der strecke mit stecken und stab, die beschützten das gefährt.
- was ist denn da drin, in den kästen, habe ich gefragt.
- der tod, hat einer gesagt.
- warum beschützen sie denn den tod,habe ich gefragt.
- weil der tod uns reich macht, hat einer gesagt.
- aha, habe ich gesagt.

ich sah mir das treiben an und wunderte mich, denn auf dem feld, an dem der wagen vorbeifuhr, waren menschen und sie schrien sorgen in den wind.
alles ging sehr langsam voran, taghell war die nacht, scheinwerfer blendeten mich. jemand sang:
mit wasserwerfern, tränengas, verboten aller art, lässt die staatsgewalt die katze aus dem sack. freund und helfer knüppeln los, oft sogar in gegenwart der presse auf unappetitliches pack.

gestern habe ich sie wieder gesehen. sie standen in der stadt herum und verteilten kleine broschüren. da stand drin:wir sorgen für recht und ordnung. die broschüren waren sehr hübsch anzusehen. lachen mit geprellten rippen kann sehr weh tun, habe ich gemerkt.




manchmal sitze ich zusammen mit menschen, die ich mag. wir trinken ein bisschen wein und dann reden wir über dies und das.

- meine tochter will nicht mehr in die schule gehen, sagt anna.
- warum nicht, fragt arthur
- sie sagt, sie lernt da nichts
- sie ist nicht gut in der schule
- ja, das stimmt, sagt anna, eher schlecht
- bleibt sie sitzen, fragt arthur
- nein, sie will die schule aufgeben
- ohne abschluss bekommt niemand heute arbeit hier
- sie will gar nicht arbeiten
- oh, sagt arthur, was will sie dann
- leben, hat sie gesagt
- aber dafür braucht sie doch einen abschluss, sagt arthur

ich schenke mir noch einmal nach.





morgens stehe ich auf und sehe als erstes aus dem fenster. es ist immer der gleiche ausblick, im winter und im sommer. die häuser stehen an der richtigen stelle und die straße überlegt sich nicht, einfach woanders entlang zu laufen. manchmal gehen auch ein paar menschen auf der straße. es sind immerdie gleichen. wenn ich nichts zu tun habe, dann beobachte ich sie. mit der zeit kommt die regelmäßigkeit.
jeden abend um halb zehn läuft da eine frau mit ihren beiden hunden. es folgt ein alter mann. ich nenne ihn „den raucher“. an welchem tag auch immer ich ihn vorbei laufen sehe, er raucht. eine altmännermütze und seine pfeife, ein spazierstock mit wanderabzeichen und eine sandfarbene jacke. er trägt nie etwas anderes.
morgens fahren menschen auf fahrrädern vorbei. sie klingeln und schwatzen eifrig miteinander.

manchmal kommt auch das system vorbei, mal gucken gehen, was ich so mache. das system läuft dann unauffällig an meinem fenster vorbei, guckt hoch und beobachtet mich.
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