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Alt 19.12.2005, 17:05   #1
Erstgeborener
 
Dabei seit: 12/2005
Beiträge: 5


Standard Sommer

Sommer

Es war ein Sommertag. Der Himmel war klar und die Hitze auf der Straße kaum zu ertragen. Die Farben schienen zu verschwimmen, die ganze Stadt wirkte gebleicht.
Drinnen war es kalt und die Stille wurde nur duch das Summen der Klimaanlage gestört. Das Zimmer war nicht sonderlich groß, gerade genug für das wenige, dass er besaß. Unter dem verschmutzten Fenster, duch das man die Hitze sehen konnte, lag eine Matraze. Ein Schrank an der Wand, sowie ein Stapel Bücher und Zeitschriften in der Ecke.
Sie war gekommen um sich von ihm zu verabschieden und saß nun mit dem Rücken an die Tür gelehnt. In ein paar Stunden könnte sie auf dem Weg in ein neues Leben sein, endlich den Neuanfang haben über den sie so oft gesprochen hatten. Eigentlich hatte sie erwartet, dass er es sein würde, der die Stadt zuerst verlässt, grau und heiß und ohne Zukunft. Doch die Gelegenheit hatte sich ergeben und sie hatte sie ergriffen. Die Beute lag in einem Plastikbeutel zu ihren Füßen, schien das eh schon zu kalte Zimmer noch kälter zu machen.
Die Klimanlage lies sich nichtmehr regulieren, hatte er schon ewig reparieren wollen, aber er frohr sich wohl lieber den Arsch ab. Nächsten Winter wollte er dann ja auch spätestens von hier weggezogen sein, hatte Pläne wie er das Geld zusammenbekommen könnte.
„Ich freu mich für dich.“ sagte er unvermittelt in die Stille hinein.
Sie lächelte nur schwach zurück und starrte wieder auf den Beutel. Er enthielt genug Geld für eine Fahrkarte raus aus der Stadt und um sich dann noch ein paar Wochen über Wasser zu halten. Sie wollte so wie jeder, den das Schicksal hier festgesetzt hatte, lieber dort ertrinken, als in der Hitze dieses ewigen grau zu ersticken. Auch er redete von fast nichts anderem, wenn es Sommer war. Er hatte es geplant, seit sie ihn kannte, doch nichts was er versuchte, schien zu funktionieren.
„Aber es gehört mir nicht...“ sagte sie mehr zu sich selbst.
„Na ja, das ist schon ein Risiko. Vielleicht finden die ja raus, dass du das Geld hast. Musst auf jedenfall vertdammt vorsichtig sein. Du weisst ich bin kein Heiliger, aber... sei einfach vorsichtig.“
Er stand auf und lief ein wenig vor ihr auf und ab. Er machte das meistens, wenn er von seinen Plänen, wie er die Stadt verlassen würde, erzählte. Sie sagte ihm dann, er solle sich wieder setzten, da sie das verrückt machte. Heute lies sie ihn.
„Wir werden uns ne zeitlang nicht sehen. Bis ich hier raus bin, diesen Winter, spätestens.“
Er sagte das nicht als Vorwurf, ohne Bedauern. Er stellte es einfach fest. Sie wussten beide, dass dies der Abschied sein würde, wenn sie fährt.
„Ich warte auf dich, wenn ich dort bin.“
Er sah sie an, setzte sich unter das Fenster und blickte hinaus. Man konnte von hier nur die anderen Wohnblöcke sehen, wie sie sich bis in die Ewigkeit erstreckten.
Von vor der Tür hörten sie Schritte und wie eine Tür aufgeschlossen wurde. Sie war oft hier gewesen, doch hatte niemals gesehen, wie jemand in sein Zimmer ging. Versuchen zumindest für einige Zeit der Hitze zu entkommen. Immer hörte man sie nur.
Sie verabschiedete sich.
Als sie aus dem Zimmer trat, war die Hitze so massiv, dass ihr schwindelig wurde. Doch sie würde nicht mehr lange dagegen ankämpfen müssen.
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Alt 20.12.2005, 18:32   #2
Askeron
 
Dabei seit: 12/2005
Beiträge: 59


Ich muss ehrlich zugeben, dass ich vielleicht den Fehler gemacht habe 'Winter' zuerst zu lesen. Andererseits hätte ich mit 'Sommer' sonst wohl nur wenig anfangen können und es unter Umständen als belanglos abgetan. Setzt man die Beiden jedoch in Verbindung sieht die Sache ganz anders aus. Zwei Bruchstücke aus einer hoffentlich vierteiligen Reihe. Ich freue mich schon auf 'Frühling' und 'Herbst', die das Bild hoffentlich vervollständigen werden.
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