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Alt 09.08.2008, 22:50   #1
Zebul
 
Dabei seit: 06/2008
Beiträge: 15

Standard Nikola Tesla

Nikola Tesla

Eine Hommage für N. Tesla

Der Nächte Mantel treibt die Luft
durch alle Wipfel, die mit Zweigen
wie Heil’ge an der grauen Gruft
sich vor dem Hochgeist ernst verneigen.
Und die Kapuzen, schwarz, umweht
der Wind und spielt dort klappernd knöchern
auf dürren Händen, ihr Gebet
lockt alles aus den letzten Löchern.

Schon heult es los! Ein jeder Ast
auf dem geschickte Tierchen turnen,
stöhnt unter einer schweren Last
und weckt die Eulen, die wie Urnen
am Friedhofsrand in Reih und Glied
verschwiegen hocken... Da! Sie saugen
die fernsten Lichter, die man sieht
in dunkle Karneolsteinaugen.

Die Silberdisteln, die verzweigt
sich tief im Unterholz verstecken,
zittern vor Angst, aus ihnen steigt
der Nebel wie aus Räucherbecken.
Da raunt es her! Der alte Geist
wälzt sich in seiner Ruhestätte,
und als er aufwacht huscht er dreist
zur Stadt mit ihrer Häuserkette.


* * *

Die Dächer drängeln dicht an dicht
mit kleinen dumpfen Blechzylindern,
die, manchmal rauchend, manchmal nicht,
auf ihren Häuptern überwintern.
Und manchmal scheppert, lärmt und lacht
der Abend auf den steifen Hüten
bis seine Glieder, kurz vor Nacht,
im roten Lampenschein ermüden.

Der Mondschein webt mit hellem Glanz
an Kuppeltürme Lichtersträhnen,
im Park verebbt schon leicht der Tanz
von aufwärts strebenden Fontänen.
Am Himmel braust das Sterngespann
und wirft in eine Fensterluke
den Geist und seinen Zauberbann,
das nebulöse Hausgespuke.

Dort drinnen harrt der Genius,
auf seinem grünen Polstersessel,
der Blick irrt um den Abakus -
der Lösung unbekannte Fessel.
Die Zeit verrinnt und er schaut auf
zu Reagenzien, Skalenenden,
des Kolbenschimmers blauer Lauf
flammt hoch an deren Innenwänden.

Im Flur erklingt ein Missgeschick,
die Standuhr knarzt schon mit den Türen,
es ist zu früh – noch ruht sein Blick
auf ihren Säulenkannelüren.
Der alte Geist jedoch umschwirrt
die breite Achse der Turbine
und führt den Genius, unbeirrt,
zur staubbedeckten Holzvitrine.

Dort weiß der goldne Bücherband
von seinen Dichtern zu erzählen,
und zeigt ihm seinen Titelrand:
„Der Diwan – Mythen und Ghaselen.“
Drin liest er leis des Orients
geheimnisvoll geschmückte Sagen
von Rumis göttlicher Essenz
und Hafis’ trauten Trinkgelagen.

Und da geschieht’s... Er ist gebannt
von Müdigkeit, und wie verloren
wirkt schon der Augen schwerer Stand
im Wirbel summender Rotoren.
Vom Pult her funkelt sprödes Iod
in einer gläsernen Viole,
und – wie ein Hauch – aus ihrem Schlot
strömt duftend die Lavendelkohle.

„O sel’ger Schlummer, kommst du nahn?
Raubst du mir meine wachen Lider?“,
er spricht - und Morpheus’ trauter Kahn
trägt ihn zu fremden Ufern nieder.
Dort steigt er aus und müht sich schwer
durchs Flackern dunkler Silhouetten
des Schilfrohrs auf den Pfad: „Hierher
kann sich kein Träumender mehr retten.“

* * *

Halbmonde ganz aus Elfenbein
ziern blass die Marmorbalustraden,
und vorm Palast sitzt, kalt wie Stein,
ein Scheich und winkt: „ Sag, welche Gnaden
bringst du mir her, du Pilger? Sprich!“
Ein Schweigen schleppt sich durch die Pforte,
vorbei am Brunnen (aus ihm wich
schon längst das Sprudeln wahrer Worte).

Nun tritt er näher, doch – der Scheich
dreht sich ihm weg, und putzt penibel
die Siegel, welche alle gleich
Juwelen sind am Turbangiebel.
Der Alte weilt und ein Geschrei
prahlt wild umher, denn aus den Palmen
fliegt schillernd bunt ein Papagei
und streift den Hain an goldnen Halmen.

„O Herr, so tief wollt ich den Schein
Euch nicht erweisen; er beschattet
den Euern in dem Ewigsein-
und ist ermüdet und ermattet.
Uns selbst des Hofs begrünter Saum,
der sich an glitzernden Gemäuern
erstreckt, wird Euren Reichtum kaum
beim nächsten Frühlingsblühn erneuern.“

Der Scheich erstarrt; die reiche Pracht
schenkt sich den Blumen und ein lauer,
entsandter Dämmerstrahl färbt sacht
Rabatten purpurn an der Mauer.
Die Pfeiler unterm Marmorbug,
die sich den Lasten sicher meinen,
zerfallen durch der Antwort Flug
zu Schutt und bröselnden Gesteinen.

Der Turban, den der Scheich umwob
mit seinen schönsten Schatzbeständen
zerbricht wie ein Kaleidoskop
und funkelt an den dunklen Wänden.
Und doch: Der allergrößte Stein,
- der violette - ist gestohlen,
fern sieht man einen trüben Schein
und hört die Schritte leiser Sohlen.

* * *

Just tönt erhellt der Glockenschlag
und er wacht auf in seiner Runde,
auf ihm verbleicht schon jäh der Tag
und bald darauf die Abendstunde.
Er bringt die Skizzen zu Papier,
berauscht wie wenn sich ein okkultes
Geheimnis lüftet, das nur hier
sich mächtigt nah des Schreiberpultes.

Nun schaut er auf die alte Uhr
und wieder tönt der Lärm der Zeiten,
in ihrem Ticken hört er nur
die allerletzten Kleinigkeiten.
Da lächelt er – wie nah verwandt –
spürt er den Geist aus sich entschwinden;-
im Amethyst in seiner Hand
wird er ihn immer neu erfinden!
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