Die Waschmaschine der Zukunft bei Poetry.de

Feanor · 06.11.2007, 01:12

Wir schreiben den 30. September im Jahre 3007.

„Jetzt neu im Wäscheregal! Die LongLifeTurboClean4D ist die Waschmaschine ihrer Wahl! Sie hat viele tolle, neue Funktionen! So umfasst ihr reiches Repertoire nicht nur eine vollautomatische hochsensitive Neutronenvernudlerschaltung, sondern auch die neuesten Video-Applications können, dank der hochmodernen GFX5000XL-Technologie über den eingebauten hochwertigen 4-dimensionalen Plasmapopel-LCD und die aktuellsten HighDefinition doppeldigitalen Audioports verwendet werden. Außerdem ist die neue LongLifeTurboClean4D mit einem Computerhirn ausgestattet, das sehr viel mehr Leistung bringen kann, als die grauen Zellen so manchen Benutzers! So kann das Gerät zum Beispiel völlig von allein
- Differentialgleichungen beliebiger Ordnung lösen,
- den Verschleißkoeffizienten einer Fliegenklatsche beliebig genau bestimmen,
- links und rechts voneinander (fast) fehlerfrei unterscheiden!"

Soweit der Werbespot. „Also dann mal gleich auf zur Internetseite des Elektrogeschäfts und nichts wie gekauft“, dachte sich Herr Anton B. aus C., auch wenn er nicht wirklich verstanden hatte, inwiefern 4-dimensionale Plasmapopel und Differentialgleichungen beliebiger Ordnung mit seiner Wäsche zusammenhingen. Nichts ahnend und in dem Glauben, eine wertvolle Investition in die einwandfreie Säuberung seiner Wäsche zu machen, erwarb er also schon bald jenes technische Wunderwerk, wendete sich dann aber gleich nachdem er seine Neuanschaffung wohlwollend ausprobiert hatte frustriert und enttäuscht an den Kundendienst:

„Diese Waschmaschine wäscht meine Wäsche nicht!"

Nach einer langwierigen Antwort, einer noch langwierigeren Antwort auf die Antwort und einer in Langwierigkeit beide vorhergehenden Antworten noch übertreffenden Antwort auf die Antwort der Antwort weigerte sich die Verkaufsstelle immernoch jegliche Rechtmäßigkeit der Beschwerde anzuerkennen oder gar das Gerät zurückzunehmen und die bezahlten Kredite zurückzuerstatten.
Denn, wie im Untertitel des Werbespots höflichst erwähnt worden sei, um den unbedarften Interessenten nicht in die Irre zu leiten, sei die vollkommen nebensächliche Funktion des Wäschewaschens beim Entwurf dieses formvollendeten High-End-Systems nicht berücksichtigt worden. Moderne Waschmaschinen hätten ohnehin - dank ihrem neuestens eingebauten Bewusstseinschip seien sie nämlich sogar zu derlei Empfindungen in der Lage - einfach keine Lust sich solch profanen Beschäftigungen wie dem Wäschewaschen hinzugeben. Das sei einfach nicht mehr zeitgemäß! Modernen Waschmaschinen stehe der Sinn mehr nach der höheren Mathematik und Philosophie!
Zur Säuberung seiner Wäsche solle der erfahrene Anwender sich doch lieber eines gewöhnlichen Toasters oder eines gar zu primitiven Rasenmähers bedienen, welche sich aufgrund ihrer groben Chipstruktur ja für nichts zu schade und daher für eine derart schmutzige Verwendung bestens geeignet seien!

Gefrustet wusch der arme Herr Anton B. aus C. an diesem Tage seine Wäsche dann doch - in Ermangelung eines Toasters oder Rasenmähers, dem er ausreichend vertraute - selbst, während jene neueste Errungenschaft der Waschmaschinenforschung auf dem Schrottplatz begann, inmitten von alten und verrosteten, jedoch nicht ganz uninteressiert erscheinenden Autoradios die „Kritik der reinen Vernunft“ zu predigen...

Chryss · 20.12.2007, 11:21

Ich finde Deine Geschichte gut im Thema, ich warte ja schon ewig auf das neueste Handy mit dem man dann nicht mehr telefonieren kann. Die Ausführungen sind für meine Augen noch etwas hackelig, das kann aber auch einfach nur an mir liegen. Auf jeden Fall ist die Geschichte in sich stimmig und eine lupenreine Persiflage auf die Gesellschaft, die sich immer weiter entwickelt ohne innezuhalten, auf die Werbeindustrie die uns sowieso immer ein X für ein U vormachen wollen und auf die Technikhörigkeit der "immer das Neueste haben müsser".
Danke, ich habe Deine Geschichte gerne gelesen!
Mittlerweile stellt ja sowieso jedes Siliciumchiplein mehr "FLOPs" in einer Sekunde an als Fermat in seinem ganzen Leben getätigt hat. Trotzdem bleibt der Rechenknecht aus Silicium dumm, kann er diese Berechnungen einfach (noch) nicht interpretieren, und von Fermat hört man immer wieder. Rechnen ist nicht mehr die große Kunst, und hier hat es auch noch selten die Masse gemacht.
Aber ich komme vom Thema ab.
Deinen Schluß finde ich toll, die Rückbesinnung auf das Wesentliche stellt sich mir als Überschrift dar. "Wenn meine Waschmaschine philosophiert, dann bitte nicht bei mir, sondern auf dem Schrottplatz" -> Richtig so!

06.11.2007, 01:12	#1
Feanor Dabei seit: 11/2007 Beiträge: 9	Die Waschmaschine der Zukunft Wir schreiben den 30. September im Jahre 3007. „Jetzt neu im Wäscheregal! Die LongLifeTurboClean4D ist die Waschmaschine ihrer Wahl! Sie hat viele tolle, neue Funktionen! So umfasst ihr reiches Repertoire nicht nur eine vollautomatische hochsensitive Neutronenvernudlerschaltung, sondern auch die neuesten Video-Applications können, dank der hochmodernen GFX5000XL-Technologie über den eingebauten hochwertigen 4-dimensionalen Plasmapopel-LCD und die aktuellsten HighDefinition doppeldigitalen Audioports verwendet werden. Außerdem ist die neue LongLifeTurboClean4D mit einem Computerhirn ausgestattet, das sehr viel mehr Leistung bringen kann, als die grauen Zellen so manchen Benutzers! So kann das Gerät zum Beispiel völlig von allein - Differentialgleichungen beliebiger Ordnung lösen, - den Verschleißkoeffizienten einer Fliegenklatsche beliebig genau bestimmen, - links und rechts voneinander (fast) fehlerfrei unterscheiden!" Soweit der Werbespot. „Also dann mal gleich auf zur Internetseite des Elektrogeschäfts und nichts wie gekauft“, dachte sich Herr Anton B. aus C., auch wenn er nicht wirklich verstanden hatte, inwiefern 4-dimensionale Plasmapopel und Differentialgleichungen beliebiger Ordnung mit seiner Wäsche zusammenhingen. Nichts ahnend und in dem Glauben, eine wertvolle Investition in die einwandfreie Säuberung seiner Wäsche zu machen, erwarb er also schon bald jenes technische Wunderwerk, wendete sich dann aber gleich nachdem er seine Neuanschaffung wohlwollend ausprobiert hatte frustriert und enttäuscht an den Kundendienst: „Diese Waschmaschine wäscht meine Wäsche nicht!" Nach einer langwierigen Antwort, einer noch langwierigeren Antwort auf die Antwort und einer in Langwierigkeit beide vorhergehenden Antworten noch übertreffenden Antwort auf die Antwort der Antwort weigerte sich die Verkaufsstelle immernoch jegliche Rechtmäßigkeit der Beschwerde anzuerkennen oder gar das Gerät zurückzunehmen und die bezahlten Kredite zurückzuerstatten. Denn, wie im Untertitel des Werbespots höflichst erwähnt worden sei, um den unbedarften Interessenten nicht in die Irre zu leiten, sei die vollkommen nebensächliche Funktion des Wäschewaschens beim Entwurf dieses formvollendeten High-End-Systems nicht berücksichtigt worden. Moderne Waschmaschinen hätten ohnehin - dank ihrem neuestens eingebauten Bewusstseinschip seien sie nämlich sogar zu derlei Empfindungen in der Lage - einfach keine Lust sich solch profanen Beschäftigungen wie dem Wäschewaschen hinzugeben. Das sei einfach nicht mehr zeitgemäß! Modernen Waschmaschinen stehe der Sinn mehr nach der höheren Mathematik und Philosophie! Zur Säuberung seiner Wäsche solle der erfahrene Anwender sich doch lieber eines gewöhnlichen Toasters oder eines gar zu primitiven Rasenmähers bedienen, welche sich aufgrund ihrer groben Chipstruktur ja für nichts zu schade und daher für eine derart schmutzige Verwendung bestens geeignet seien! Gefrustet wusch der arme Herr Anton B. aus C. an diesem Tage seine Wäsche dann doch - in Ermangelung eines Toasters oder Rasenmähers, dem er ausreichend vertraute - selbst, während jene neueste Errungenschaft der Waschmaschinenforschung auf dem Schrottplatz begann, inmitten von alten und verrosteten, jedoch nicht ganz uninteressiert erscheinenden Autoradios die „Kritik der reinen Vernunft“ zu predigen...

20.12.2007, 11:21	#2
Chryss Dabei seit: 12/2007 Beiträge: 19	Ich finde Deine Geschichte gut im Thema, ich warte ja schon ewig auf das neueste Handy mit dem man dann nicht mehr telefonieren kann. Die Ausführungen sind für meine Augen noch etwas hackelig, das kann aber auch einfach nur an mir liegen. Auf jeden Fall ist die Geschichte in sich stimmig und eine lupenreine Persiflage auf die Gesellschaft, die sich immer weiter entwickelt ohne innezuhalten, auf die Werbeindustrie die uns sowieso immer ein X für ein U vormachen wollen und auf die Technikhörigkeit der "immer das Neueste haben müsser". Danke, ich habe Deine Geschichte gerne gelesen! Mittlerweile stellt ja sowieso jedes Siliciumchiplein mehr "FLOPs" in einer Sekunde an als Fermat in seinem ganzen Leben getätigt hat. Trotzdem bleibt der Rechenknecht aus Silicium dumm, kann er diese Berechnungen einfach (noch) nicht interpretieren, und von Fermat hört man immer wieder. Rechnen ist nicht mehr die große Kunst, und hier hat es auch noch selten die Masse gemacht. Aber ich komme vom Thema ab. Deinen Schluß finde ich toll, die Rückbesinnung auf das Wesentliche stellt sich mir als Überschrift dar. "Wenn meine Waschmaschine philosophiert, dann bitte nicht bei mir, sondern auf dem Schrottplatz" -> Richtig so!