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Sonstiges und Experimentelles Andersartige, experimentelle Texte und sonstige Querschläger.

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Alt 28.09.2007, 14:46   #1
Lyrika
 
Dabei seit: 06/2007
Beiträge: 247

Standard Dem Drachen davonfliegen

Mein Vater hat mir einen Drachen geschenkt. Ich wollte gar keinen, aber habe einfach einen bekommen. Ich soll mit dem Drachen spielen und gut auf ihn aufpassen. Nicht dass er wegfliegt. Es handelt sich um einen grünen Drachen.

Er ist sehr groß und schwer. Wenn ich vor ihm stehe, dann zittert es mich überall vor seiner Größe und seiner unendlichen Schwere mit der er mich zu erdrücken scheint. Ich bin doch noch so klein und so dünn.
Wenn es dunkel ist und ich allein durch den Flur gehe, wenn es Sommer ist und ich im Hinterhof spiele oder wenn alle weg sind und ich im Wohnzimmer Hausaufgaben mache, dann höre ich seine schweren Schritte.
Es ist als würde die Erde beben, dabei ist es mein Herz das meinen Puls ansteigen lässt und hart klopft.
Und wenn ich zu Bett gehe und anfangen will zu schlafen, dann spüre ich seinen warmen Atem auf meiner Haut. Er kann Feuer speien.
Damit kann er alles verbrennen. Mein ganzes Spielzeug und mein ganzes Zimmer. Und er kann auf der Haut brennen. Heiß auf der Haut brennen.
Ich fürchte mich vor seinen spitzen Zähnen und seinen Krallen, mit denen er meine Kleidung und meine Bettwäsche zerreißt.

Immer will er spielen. Er ist dann immer ganz wild und hüpft durch die Wohnung. Damit macht er alles kaputt.
Er springt immer ganz schnell auf und ab und will mit mir hüpfen. Bis alles zerbricht.
Ich presse meine Augen zusammen und flüstere: "Mach das nicht, du machst alles alles kaputt!"
Aber es ist ein Drache und er versteht mich nicht. Er grinst und stolpert umher und greift mich und wir hüpfen auf und ab und die Decke des Hauses bekommt Risse und er schleudert seinen langen Schwanz durch die Gegend und die Türme aus Bauklötzen, die ich gebaut habe, fallen zusammen. Wenn er Feuer speiht verbrennen all die Bilder von Mami und Papi, die ich mit Wachsmalstiften gemalt habe.

Seine Haut ist so grün und schuppig. Und er hat einen sehr langen, dornigen Schwanz. Er setzt sich immer hin, richtet ihn auf und will gestreichelt werden. Jeden Tag ganz viel. Und seine Schuppen sind so hart.
Seinen langen Schwanz streichel ich sehr viel, aber er ist so dornig.
Wenn ich es nicht mache, dann speit er Feuer. Es ist so furchtbar sengend heiß. Ich habe schon viele Brandblasen.
Und dann hüpfe ich den ganzen Tag mit ihm. Er umarmt mich und legt sich mit seiner Schwere auf mich, sodass ich kaum noch Luft bekomme. Ich weiß, dass er es nur gut meint. Ich gebe ihm ein Küsschen auf den Kopf und streichel ihm über den Schwanz, damit er froh ist.
Er könnte mein Freund sein, aber ich habe Angst, dass er mich irgendwann frisst.


Er hat auch kleine Flügel. Und manchmal frage ich mich, ob er irgendwann davonfliegt.
Ich hätte auch gern Flügel. Dann könnte ich dem Drachen irgendwann davonfliegen.
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Alt 28.09.2007, 16:40   #2
Inline
 
Dabei seit: 07/2006
Beiträge: 626

... doch kein 'Rambo.

Hallo Lyrika,

das ist der erste Text von Dir der mir zusagt. Ich mag die Gegenwartssprache und das Phantasievolle.

Wenn du möchtest gebe ich Dir hierzu ein paar Beispiele.

Deine Phantasie kannst du ruhig noch weiter treiben. Jedoch sollte sie in Sinnzusammenhang stehen bwz. anders eine Funktion haben.

Was dem Text ein Stück Indentität nimmt, ist dass ich meine, schon ähnliches gelesen zu haben.

Kritisch muss ich aber auch anmerkungen, dass ein paar Formulierungen besser gestaltet werden könnten.

Die kindliche Sichtweise ist sehr weit und einfach. Das macht den Reiz wohl aus.

In meinem persönlichen Ranking bist du vorwärts gekommen.

LG Inline

PS: Du bist die vierte von oben.
Inline ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 28.09.2007, 17:12   #3
Lyrika
 
Dabei seit: 06/2007
Beiträge: 247

Haha, danke dass ich die vierte von oben bin.


Übrigens: Ich habe diese Geschichte heute Nacht geträumt.
Lyrika ist offline   Mit Zitat antworten
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