Poetry.de - das Gedichte-Forum
 kostenlos registrieren Letzte Beiträge

Zurück   Poetry.de > Gedichte-Forum > Liebe, Romantik und Leidenschaft

Liebe, Romantik und Leidenschaft Gedichte über Liebe, Herzschmerz, Sehnsucht und Leidenschaft.

Antwort
 
Themen-Optionen Thema durchsuchen
Alt 09.08.2005, 16:37   #1
Silent Winter
 
Dabei seit: 04/2005
Beiträge: 224

Standard Donnerglatt

Und wieder einmal.

--

Es war in süßer, trunk'ner Nacht,
in der nichts schien als Mondenglanz.
Ich hab in sanftem Schlaf gewacht,
als bald begann der Flaschentanz.

In einem grauen Sommerschatten
habe ich dich hergerufen
wollt in deinen donnerglatten,
Wellen meine Furcht verfluchen.

Doch in der bittertrunk'nen Nacht,
als Schaf dem Wolf die Hand gegeben,
hab' ich um deine Tränen gelacht,
und versucht Gedanken tot zu leben.

---

Meinungen DRINGEND erwünscht!
Silent Winter ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 11.08.2005, 18:51   #2
Inline
 
Dabei seit: 07/2006
Beiträge: 626

Standard RE: Donnerglatt

Hi Silentiatine,

ich habe auch Deinen Beitrag in Gefühlswelten gelesen, aber "Donnerglatt" fand ich persönlich ansprechender.

Das Gedicht finde ich, steigert sich bwzüglich der Dramaturgie vom Anfang bis zum Ende hin. Die ersten 1 1/2 Strophen sind vom Wortgebrauch her eher sanft, spielerisch, etwas verträumt.
Die andere Hälfte ist dramatischer, ausdrucksstärker.

Am besten finde ich die letzte Strophe, solche Metaphern oder auch die Abwandlung von Gewohnheitssätzen ("Um die Liebe weinen") gefallen mir. Ist auch persönlich mein Ding. Dabei fällt einem, meiner Ansicht, nach erst auf, was für eine Bedeutung ein bestimmter Satz hat. In der Regel werden Worte verschwendet. Die gefühlte Instensität stimmt meistens nicht mit der daher gebührenden Aussage überein.

Ich hab s gern gelesen.

Freundliche Grüße Inline
Inline ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 11.08.2005, 18:56   #3
Silent Winter
 
Dabei seit: 04/2005
Beiträge: 224

Danke sehr für deinen Kommentar, freut mich sehr.

Natürlich würde es mich noch mehr freuen, wenn du Blätterreigen auch noch kommentieren würdest. *g*
Silent Winter ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 16.08.2005, 22:22   #4
Poesielos
 
Dabei seit: 08/2005
Beiträge: 166

Standard RE: Donnerglatt

Hallo Silent Winter,

Zitat:
Original von Silent Winter
Meinungen DRINGEND erwünscht!
ich folge deinem Ruf, denn der Titel "Donnerglatt" hatte etwas prägnantes ansprechendes. Ich werde mich mal in einer ausführlichen Analyse versuchen... vorsicht: das habe ich schon lange nicht mehr gemacht, könnte etwas eingerostet sein

Also, zum allgemeinen Ablauf
- Strophenzitat
1) Reim- und Reimschemaanalyse
2) Silbenzahlenanalyse
3) Metrikanalyse
4) Zusätzliche Kommentare


Zitat:
Es war in süßer, trunk'ner Nacht,
in der nichts schien als Mondenglanz.
Ich hab in sanftem Schlaf gewacht,
als bald begann der Flaschentanz.
1) Kreuzreim mit klingendem Reimschema, alles lupenrein und lässt die Endungen der Verse sehr weich klingen. Allein anhand des sanftmütigen Intros gelungen.

2) 8-8-8-8
--> Silbenzahleneinheitlichkeit, die ein Grundstein für gute Metrik und Lesefluss bietet. Bravissimo.

3)
xXxXxXxX
xXxXxXxX
xXxXxXxX
xXxXxXxX
--> 4-hebiger Jambus komplett von V1-4, hervorragender Lesefluss, was sich mit den klingenden Reimen hervorragend ergänzt.

4) Die klassische 4-Versform wird mit einer ebenso traditionellen Sprache unterlegt; sanftmütiges Intro mit klingendem Reimausgang, so dass der Leser auf Wellen zu treiben scheint. Sehr schön


Zitat:
In einem grauen Sommerschatten
habe ich dich hergerufen
wollt in deinen donnerglatten,
Wellen meine Furcht verfluchen.
1) siehe Strophe 1, hervorragend weitergeführt - Pluspunkt

2) 9-8-8-8
--> eine zusätzliche Silbe in V1, keine direkte Einheitlichkeit mehr und Bruch zu Strophe 1. Sehe es aber nicht wirklich als formalen Fehler, nur als verzeihlichen Ausrutscher, sofern Metrik und Lesefluss nicht darunter leiden.

3)
xXxXxXxXx
XxXxXxXx
XxXxXxXx
XxXxXxXx
--> der vierhebige Jambus bleibt in V1 noch bestehen, wechselt dann aber zu einem vierhebigem Trochäus in V2-4, der Bruch ist auch beim Lesen sehr hart, insbesondere bei dem Enjambement V3 zu 4. Schade...

4) Der harte Metrikwechsel nimmt dem Leser den Rhythmus und verleiht dem Sprachfluss ein gewisses Maß an Härte und Hektik. Da Bilder wie "Schatten" und "Donner" benutzt werden, kann ich dir da durchaus Absicht unterstellen, aber der Trochäus ist kein gutes Vermaß für Enjambements, insbesondere bei solcher klassischer Sprache. Und zur Interpunktion: das Komma in V3 kannst du getrost weglassen


Zitat:
Doch in der bittertrunk'nen Nacht,
als Schaf dem Wolf die Hand gegeben,
hab' ich um deine Tränen gelacht,
und versucht Gedanken tot zu leben.
1) siehe S1 und S2 - Pluspunkt.

2) 8-9-9-10
--> von Einheitlichkeit leider keine Spur mehr, ein mangelnder Lesefluss scheint vorprogrammiert.

3)
xXxXxXxX
xXxXxXxXx
xXxXxXxxX
xXxXxxXxXx
--> zwei Mal Daktylus in V2 und V3, die das Lesen sehr sehr beschwerlich machen und mich als Leser von der schönen Sprache wegführt.

4) Die schöne Sprache wird im Reimschema weitergeführt, was ich dir hoch anrechne, da ich die traditionellen Formen liebe, 4-Zeiler sowieso Doch in Strophe 3 bringen mich Silbenzahlenunheitlichkeit und fehlerhafte Metrik total aus dem Takt und das finde ich schade, da es dem Outro des Textes fast einen emotionalen Dämpfer verpasst.


Fazit: Formal mit sehr vielen guten und schönen Ansätzen, reimtechnisch und sprachlich meines erachtens einwandfrei, formal in Strophe 1 sehr stark, in Strophe 2 schwächeln, in Strophe 3 leider katastrophal schlecht.
--> da hat jemand eine Menge Talent! War mir eine Freude den Text formal zu analysieren! Wenn du Fragen zu meinen Ausführungen hast, immer her damit
Bis dato:

Liebe Grüße,
Benne|Aenima
Poesielos ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 17.08.2005, 07:49   #5
Silent Winter
 
Dabei seit: 04/2005
Beiträge: 224

Ich - in meiner bescheidenen, diesbetreffend ungebildeten Existenz - wüsste gern was ein "Enjambement" ist.

Mit Metrik hab ichs nicht. Ich kenn mich da wirklich garnicht aus und die Perfektheit von Strophe 1 ist wohl ein Zufall oder Intuition. Ich hab das garnicht nach Silben nachbearbeitet. :I

Danke für deine Sprachbemerkung, freut mich, dass speziell die Wortwahl hier wirklich jemandem gefällt.

Ansonsten: Vielen dank für die Rückmeldung.
Silent Winter ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 17.08.2005, 13:14   #6
Poesielos
 
Dabei seit: 08/2005
Beiträge: 166

Enjambement (v. frz.: enjamber überschreiten, überspringen) oder auch Zeilensprung ist ein lyrisches Stilmittel, das das Übergreifen des Satzes auf die nächste Verszeile bezeichnet (Zeilensprung bzw. Versabbrechung). Mit dem Satz wird auch der Sinnzusammenhang über die Versgrenze weitergeführt, die Monotonie des Versmaßes, der sonst im Zeilenstil Satz und Vers vereint, wird dadurch durchbrochen. Der Tonfall wird durch die Verbindung der Zeilen über die Grenze des Verses hinweg runder, gleitender und flüssiger. Ein das Syntagma durchbrechendes Enjambement nennt man ein hartes Enjambement. Das Fortführen eines Satzes über die Strophengrenze hinweg wird als Strophenenjambement bzw. Strophensprung bezeichnet.

Beispiel: Andreas Gryphius, Thränen in schwerer Krankheit (1640)

Mir ist, ich weiß nicht wie, ich seufze für und für.
Ich weine Tag und Nacht; ich sitz' in tausend Schmerzen;
Und tausend fürcht' ich noch; die Kraft in meinem Herzen
Verschwindt, der Geist verschmacht', die Hände sinken mir.
Die Wangen werden bleich, der muntern Augen Zier

Vergeht gleich als der Schein der schon verbrannten Kerzen.
Die Seele wird bestürmt, gleich wie die See im Märtzen.
Was ist dies Leben doch, was sind wir, ich und ihr?
Was bilden wir uns ein, was wünschen wir zu haben?

Itzt sind wir hoch und groß, und morgen schon vergraben;
Itzt Blumen, morgen Kot. Wir sind ein Wind, ein Schaum,
Ein Nebel und ein Bach, ein Reif, ein Tau, ein Schatten;

Itzt was und morgen nichts. Und was sind unsre Taten
Als ein mit herber Angst durchmischter Traum.

Enjambements in den Versen 3 und 13, ein Strophenenjambement von der ersten auf die zweite Strophe.


Als Hakenstil bezeichnet man eine Folge von Enjambements, so dass die Verse durch die übergreifenden Satzbögen gleichsam verhakt erscheinen.


Quelle: http://www.wikipedia.de


Dort gibt es auch schöne Beschreibungen der Versfüße/Metrik, wenn du Interesse hast, kann ich dir was Metrik angeht auch mit Rat und Tat zur Seite stehen, denn (auch wenn das nicht so rauskommt) so bin auch ich noch dabei Metrik zu lernen

Und nichts zu danken, ich kommentiere die 4-Zeiler immer gern

Liebe Grüße,
Benne|Aenima
Poesielos ist offline   Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen für Donnerglatt




Sämtliche Gedichte, Geschichten und alle sonstigen Artikel unterliegen dem deutschen Urheberrecht.
Das von den Autoren konkludent eingeräumte Recht zur Veröffentlichung ist Poetry.de vorbehalten.
Veröffentlichungen jedweder Art bedürfen stets einer Genehmigung durch die jeweiligen Autoren.