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Sonstiges und Experimentelles Andersartige, experimentelle Texte und sonstige Querschläger.

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Alt 28.05.2006, 20:51   #1
Torsten
 
Dabei seit: 11/2005
Beiträge: 69

Standard Lügen und lügen lassen

Lügen und lügen lassen

Wer hat sich wohl noch nicht einmal gefreut, welch scheinbar gute Beurteilung er von einer Ausbildungs-, Praktikums- oder Arbeitsstelle mit auf seinen weiteren Weg bekam. Insbesondere, wenn sie besser ausfällt als die eigene Einschätzung.

Die Freude währt aber nur so lange, bis man sich mit einer solchen Beurteilung irgendwo bewirbt oder in anderem Zusammenhang auf den Beurteilungscode stößt, welcher überspitzt darauf hinausläuft, daß da vermeintlich steht, man sei mit offenen Armen zu empfangen, aber durch die Übereinkunft auf bestimmte Formulierungen, man sei sofort zu erschießen. Der Ahnungslose überbringt die Botschaft sogar noch selbst frohen Mutes.

Dies ist nur ein Beispiel der Lüge und Heuchelei, welche die ganze kapitalistische Gesellschaft durchzieht wie ein Schimmelpilz das Brot. Der Einzelne sieht nur an der Oberfläche eine kleine schimmlige Stelle - dabei ist aber Alles durch und durch verdorben.

Zwangsarbeit heißt „Chance auf beruflichen Wiedereinstieg“, Sozialkahlschlag „Förderung der Eigenverantwortung“, Aggressionskriege sind „humanitäre Einsätze“, Rundumüberwachung heißt „Terrorabwehr“, der staatliche Schutz von Naziaufmärschen ist „Gewährleistung der Meinungsfreiheit“, das lobbygesteuerte parlamentarische Kasperletheater nennt man „Demokratie“.

Ich könnte nahezu endlose Beispiele der alltäglichen Verarschung nennen, die Andere uns und die wir Anderen antun. Gehe ich in den Laden, werde ich gefragt, was man für mich tun kann. Gemeint ist aber, was ich für die tun kann: nämlich mein Geld und möglichst viel davon dalassen. Einer der besonderen Schmankerln ist, wenn Firmen, mit denen ich einmal was zu tun hatte, per Post und eMail über mich „treuen Kunden“ herfallen.

Aber auch im privaten Bereich macht das nicht halt. „Wie geht's?“ ist weder eine Frage danach, wie's mir geht, noch ist das obligate „Gut.“ eine ehrliche Antwort. Menschen, die man nicht ausstehen kann, wünscht man „Guten Tag.“. Zwei der Spitzenreiter unter den Lügen sind: „Ich überlege mir das nochmal.“ und „Ich melde mich.“. Auch „Ich will Dir ja nicht zu nahe treten ...“ leitet in aller Regel eine sehr nahetretende Beleidigung ein. Selbst das gute alte Händeschütteln stammt aus dem Mittelalter und diente ursprünglich nur dazu, zu überprüfen, ob sich zumindest in der Arbeitshand von Rechtshändern in diesem Moment keine Waffe befindet.

Ich staune immer wieder, welche Verwirrung ich stifte, wenn ich mich einer kurzen, klaren, unmißverständlichen Sprache bediene. Offensichtlich wird von mir erwartet, auch die allgemein übliche Verlogenheit zu praktizieren. Das ist erstens uneffektiv und dient zweitens nicht der Problemlösung. Diplomatie, Kompromisse und Toleranz sind salonfähige Formen von Lüge, Täuschung und Heuchelei.

Eine langfristig stabil funktionierende Gesellschaft kann ihr Fundament niemals in Lügen haben, in denen Jeder nach Anderem strebt, als er vorgibt. Und genau daran ist der Lügner auch IMMER zu erkennen: Seine Sprache ist in sich unschlüssig und / oder steht im Widerspruch zu seinem Handeln. Zwei berühmte Zitate zeigen, daß die Verlogenheit schon seit Langem als schädlich bekannt ist:

Matthäus 5,37: „Es sei aber eure Rede: Ja, ja! Nein, nein! Was darüber ist, das ist vom Bösen.“

Manifest der Kommunistischen Partei: „Die Kommunisten verschmähen es, ihre Ansichten und Absichten zu verheimlichen.“

Und wie man Wahrheit und Lüge unterscheidet, ist auch seit Jahrtausenden bekannt:

Matthäus 7,20: „Darum sollt ihr sie an ihren Früchten erkennen.“

Also bleibt mir mit Euren Lügen und der verlogenen kapitalistischen Klassengesellschaft vom Hals.
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