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Zeitgeschehen und Gesellschaft Gedichte über aktuelle Ereignisse und über die Menschen dieser Welt.

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Alt 05.06.2012, 22:58   #1
männlich Ex-Sinzky
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Standard Wachschlaf

Wachschlaf


Strahlen dringen durch schlecht versiegelte Bretter
die ich vor meine Fenster nagelte
Vor langer Zeit

Ich ahne Bewegung unter dem ganzen Müll
Vielleicht Schaben oder sonstiges
Sicherlich nur Projektion

Die ranzige Couch auf welcher ich lange schon
welke ist bald verbraucht
Ich stehe nicht auf
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Alt 05.06.2012, 23:39   #2
Thing
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Halli Hallo, Sinzky -


diese bedrückenden Zeilen gehen mir unter die Haut, so intensiv sind sie.
Ich persönlich halte Deinen guten Text nicht für ein Gedicht, aber das ist rein subjektiv.

Ich dachte instinktiv an E.A.Poe (Gordon Pym), der als eine Art Logbuch geschrieben wurde.
So etwas könnte das hier auch sein.


Lieben Gruß
von
Thing
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Alt 06.06.2012, 12:44   #3
weiblich Sunshine
 
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Mir gings auch durch und durch, bekam ein leichtes Frösteln...
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Alt 08.06.2012, 12:08   #4
männlich Ex-Sinzky
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Halli hallo, Thing

Danke für's Lesen und Kommentieren. Es freut mich, dass meine Zeilen intensiv wirken konnten und sogar unter die Haut gingen.

Halli hallo, Sunshine

Auch dir danke ich für's Lesen und Kommentieren. Ja, es fröstelt mich auch immer, wenn ich an diesen Zustand denke.

Nun möchte ich denn fragen, ob der Text auch Sinn ergeben kann für euch, oder ob die Beschreibung dieses Zustandes zu weit hergeholt ist.

Liebe Grüsse
Sinzky
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Alt 08.06.2012, 12:58   #5
männlich Ex-Sinzky
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Vielleicht sollte ich noch anmerken, dass sich dieser Text auf eine Definition des Wortes Wachschlaf, welche ich im www gefunden habe, bezieht.

Zitat:

Der Wachschlaf ist das, was der gewöhnliche Durchschnittsmensch, der das Alltagsweltbild verinnerlicht hat, als "Bewußtsein" betrachtet — nämlich den Zustand, in dem er sich befindet, wenn er nicht direkt schläft, sondern die Augen offen hat.

Zu den Haupttabus des Alltagsweltbildes gehört es, den hypnotisch-selbsthypnotischen Zustand des "Inneren Dialogs" zu unterschlagen, bei dem der Mensch mit seiner Bewußtheit eben nicht, sondern nur scheinbar im Augenblick lebt. In Wahrheit träumt er mit offenen Augen, denn er lebt ganz und gar in seiner eigenen Vorstellungswelt aus Gedanken, Wünschen, Ressentiments und den dazugehörigen Assoziationen.

Da das aber praktisch alle Menschen betrifft, hat man sich, vor allem in der modernen Massengesellschaft, die die Ablenkung und Selbstvergessenheit besonders stark kultiviert, darauf geeinigt, dies für "Wachheit" zu erklären.

Liebe Grüsse
Sinzky
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Alt 08.06.2012, 13:40   #6
gummibaum
 
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Solche Zeiten kenne ich.

So bin ich denn der Motten Fraß,
die in mir wachsen: lebend Aas...,

Bedrückende Phasen, die keine Ende erkennen lassen. Aber gut vor Augen geführt.

LG gummibaum
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Alt 08.06.2012, 14:41   #7
Thing
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Ich hielt den Wachschlaf bisher für einen Zustand, der in Hypnose oder bei Somnambulismus herrscht.
Wenn aber unser bewußtes Wachsein eigentlich ein Wachschlaf ist, was ist dann das wirkliche Wachsein, d.h. der Zustand nach Erwachen aus dem Wachschlaf?

Ehrlich gesagt, ich komme damit nicht zurecht.
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Alt 08.06.2012, 17:25   #8
gummibaum
 
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Hallo, Thing, hallo Sinzky,

ich sehe das so. Es "schläft" der Wille, am Leben teilzunehmen, bzw. er ist gelähmt. Die Sinne sind wach, registrieren aber nur nach innen gerichtet. Der Raum ist eine Metapher für das Ich und wird entsprechend auch möbliert (ranzige Couch). Der Unrat, unter dem die Schaben leben, ist eine "Projektion" der inneren Befindlichkeit in diesem "Raum".

LG gummibaum
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Alt 08.06.2012, 17:28   #9
männlich Ex-Sinzky
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Halli hallo, Gummibaum

Ja, du triffst es nicht schlecht, nur denke ich, dass es unglaublich schwer, wenn nicht sogar unmöglich ist, dauerhaft aus diesem Zustand zu erwachen.
Dazu müssten wir unseren analytischen Geist sozusagen ausschalten.

Thing,

ich versuche dir näherzubringen wie ich den Zustand des wach-seins erlebe.
Wachsein bedeutet für mich einen Moment in all seinen Facetten wahrnehmen zu können, ohne Assoziation und ohne zu denken.
Momente solcher Wachheit erlebe ich oft bei extremsportarten welche diesen Zustand überlebenswichtig machen.
Wenn ich mit meinem Snowboard einen frischverschneiten, leicht bewaldeten Berg befahre, könnte mich jeder Gedanke das Leben kosten. Es bleibt gar keine Zeit meine Umgebung zu analisieren. Folglich bin ich komplett auf die wahrnehmung meiner Sinne angewiesen. Ich kann in dem Zustand gar nicht denken sondern nur reagieren.
Die Wissenschaft spricht von sogenannten Flow-Erlebnissen.
Hierzu der Link zum Wikipedia Artikel falls es dich interessiert.
http://de.wikipedia.org/wiki/Flow_%28Psychologie%29
Soviel ich weis wird dieser Zustand auch in fernöstlichen Kampfsportarten angestrebt, da man somit ohne zeitliche Verzögerung reagieren kann.

Ich selbst befinde diese vollkommenen Momente als echte, ungetrübte Wachheit.

Liebe Grüsse
Sinzky
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Alt 08.06.2012, 17:47   #10
männlich Ex-Sinzky
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Nochmal, hallo Gummibaum

Da haben sich unsere Kommis gerade gekreuzt.
Du triffst meine Intention sehr gut. Das einzige das ich dem noch hinzufügen möchte ist, dass der schlafende Wille durch die beklemmtheit des denkenden Geistes, der sich bewusst ist, dass er keinen Platz hat in einem wachen Moment, sozusagen mit Absicht im Schlafzustand gehalten wird.
Das meinte ich mit "Ich stehe nicht auf".

Danke für das interesse an meinen Zeilen

Liebe Grüsse
Sinzky
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Alt 08.06.2012, 17:50   #11
Thing
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Wachheit oder Konzentriertheit?

Also habe ich recht vermutet:
Es ist nicht der Normalzustand.
Die Energie im ZNS wird in diesen Momenten für andre Extreme gebraucht.

Interessantes Thema!
Ich kenne solche Absencen aus dem Halbschlaf, in dem seltsame Dinge überaus wichtig werden (nicht überlebensnotwendig!).


Bin auf Weiteres gespannt.
Den Link führe ich mir nach dem Heimkommen zu Gemüte.
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Alt 11.06.2012, 12:02   #12
männlich Ex-Sinzky
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Wachheit trifft es meines Erachtens besser. Wenn ich mich auf etwas konzentriere, tritt der Rest in den Hintergrund. Auch scheint mir Konzentration eine Geistige Eigenschaft zu sein. Doch in diesen Momenten geschieht genau das Gegenteil.
Es ist eine Art von Verschmelzung des Handelnden mit der Handlung selbst. Jegliche Wertung und Analyse bleit aus.
Mann könnte es von mir aus als eine Art des Konzentrierens auf die Kausalität selbst auslegen. Die Vollkommene schärfung der Sinne.
Nein, es ist nicht der Normalzustand. Fraglich wäre nun, ob es erstrebenswert wäre, es zum Normalzustand zu machen. Gleich den Bhuddisten, die nach Erleuchtung streben. Für das oben genannte Beispiel wäre das sicherlich töricht. Schliesslich muss ich mich vorher den Begebenheiten anpassen. Lawienengefahr, Wetter und Schneebedingungen, wahl des Materials usw. Dies sind alles Geistige Wertungen und Analysen die ich vor der Handlung treffen muss.
Und doch bleibt fraglich, wieso ich solche Momente für vollkommen befinde. Es scheint fast als ob der Verstand DAS Hindernis für das erleben von wahrem Glück sei. Diese Erkenntnis verstört natürlich meinen Verstand und dann entsteht ein solcher Text wie oben.

Liebe Grüsse
Sinzky
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Alt 11.06.2012, 12:12   #13
Thing
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Ich möchte ein Zitat einschieben, das mir immer wieder in den Sinn kommt, wenn ich z.B. aus einem kontemplativen Verhalten in den sog. Alltag zurückkehre:

O, wach ich auf - muß ich nicht rasend werden?

Ich glaube, das ist von Shakespeare, aber ich bin mir nicht sicher.
Es hat auf jeden Fall nichts mit Meditation zu tun, wo ja die vollkommene Leere des Geistes angestrebt wird.

Ein sehr interessantes Thema.
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