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Gefühlte Momente und Emotionen Gedichte über Stimmungen und was euch innerlich bewegt.

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Alt 16.11.2011, 14:48   #1
männlich Erich Kykal
 
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Dabei seit: 09/2011
Ort: Österreich
Alter: 59
Beiträge: 876

Standard Lieblingsbilder(zyklus) III

BACH IM SONNENLICHT (Antonín Hudecek, 1897)

Noch bist du Unschuld, klarer Weidentäufer,
so reg und rein wie eines Kindes Tasten,
ein schlanker, jugendlicher Dauerläufer,
dem nicht bestimmt ist, jemals auszurasten.

Gealtert wird in tiefen Meeresbuchten,
beladen von der Menschen Werk und Last,
die deine Strömung zu benützen suchten,
dereinst versinken, was du Trübes hast.

Doch hier, an diesen grünen Wiesengründen,
bist du der Kinder heimlicher Vertrauter,
denn nur die Alten wissen um die Sünden,

die man sich auflädt immerzu im Fließen
durch Raum und Zeit, die - ewig angeschauter -
die trüben Augen bitten, sich zu schließen.


FRÜHSTÜCK IM GARTEN (Guiseppe De Nittis, 1884)

Wie bildet ein versunkenes Jahrhundert
am Tisch sich ab, in dieser Bäume Schatten,
als trüge es sein Fühlen, fast verwundert,
herauf durch Tage, die längst andre hatten.

Wer kennt noch hohe Kleider so wie jenes,
und tafelt so, als wäre endlos Zeit?
Wer hat sie noch für Lebendes und Schönes,
das seine Seele für den Tag befreit?

So vieles ändert sich mit seinen Zeiten,
doch manches dauert an durch alle Jahre,
die uns durch unser Erdensein begleiten:

Der Kinder Frohsinn und der Mütter Sorgen,
als sollte es bedeuten: Seht das Wahre...
und tragt es zärtlich in ein Bild von Morgen.


DIE WASSER DES MOGUDA (Joaquin Mir Trinxet, 1917)

Aus dunkler Ufer Unterwuchs erhebt sich
ein Farbenspiel im Zauberbann des Lichts.
Das Bild der Wasser kräuselt und belebt sich
vor einem Hintergrund, der angesichts

der heitren Tupfen jäh besonnter Grüne
ins Vage tritt, ein untertäniger Statist.
Er überlässt dem Laubwerk seine Bühne,
das bunt und wirr und vordergründig ist.

Und doch, welch Gleichklang der Nuancen!
Des Herbstes letzte Glut auf kahlem Ast,
ein warmer Wirbeltanz der letzen Chancen

auf kurze Tage und auf blasses Grün,
bevor ein Kaltes alle Wasser überfasst,
um seinen blinden Spiegel drauf zu ziehn.


TEICH IN MEDFIELD (Dennis Miller Bunker, 1889)

Wie wird der helle Anblick mir zuviel!
War ich je Kind genug, inmitten diesen
so wunderbar ins Licht getauchten Wiesen
zu spielen, sorgenlos und ohne Ziel?

Wie wird ein Blau zu Tiefe, die mich bindet!
An diesen Wassern geht ein andrer Tag
als der von je in bloßem Überdauern lag,
das mir die trübe Pflicht alltäglich findet.

Was ist's, was bleibt als eines Traumes Flöte,
die mich mit Farbentönen lockt ins Spiel?
Ich bleibe - wissend wohl, was Leben böte,

gerönne mir nicht alle Zeit zu Schulden -
ein dunkler Träumer ohne Sinn und Ziel,
den seine wachen Stunden wissend dulden.
Erich Kykal ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 18.11.2011, 07:47   #2
weiblich Ex-Sabi de Sombre
abgemeldet
 
Dabei seit: 08/2010
Beiträge: 993

Zitat:
Zitat von Erich Kykal Beitrag anzeigen
auf kurze Tage und auf blasses Grün,
bevor ein Kaltes alle Wasser überfasst,
um seinen blinden Spiegel drauf zu ziehn.
deine sonette, eky, heben sich wohltuend von vielen anderen werken ab.
die von mir ins zitat gesetzte stelle empfinde ich als besonders gelungen.

die idee, gedichte auf eindrücke zu bildbetrachtungen zu schreiben, finde ich prima.
bilder können inspirierend sein.

alles in allem von mir ein herausragend!

lg sabi
Ex-Sabi de Sombre ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 18.11.2011, 16:24   #3
männlich Erich Kykal
 
Benutzerbild von Erich Kykal
 
Dabei seit: 09/2011
Ort: Österreich
Alter: 59
Beiträge: 876

Vielen Dank, Sabi!

Die Idee kam zufällig, ergab sich irgendwie. Es ist ein dankbares Feld, denn der Stoff geht einem praktisch nie aus!
Weißt, du, wenn man ein Thema schon zum 5. Mal oder öfter durch hat, gehen einem irgendwann Lust, Worte und die nötigen tiefen Gefühle aus, die für authentische Dichtung so nötig sind. Ich hatte schon viiiiele Themen "durch" und hatte zunehmend Schwierigkeiten, mich zum Schreiben zu motivieren.
Hier finde ich alles, was mir als "Anreiz" in meinem Umfeld schon gefehlt hat!

Bisher sind es insgesamt 20 Sonette, aber ich will weitermachen. Womöglich wird irgendwann ein eigenes Buch draus - und bei jedem Sonett ist eine Abbildung des dazugehörenden Kunstwerkes! Wär schön, das...
Ob das urheberrechtlich machbar ist, müsste eruiert werden, aber anders ist es kaum vorstellbar.

Nochmal danke für deine lobenden und freundlichen Worte. Ein paar Schwachstellen sind vielleicht noch drin, aber da grüble ich nochmal drüber.

LG, eKy
Erich Kykal ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 18.11.2011, 19:17   #4
männlich Ex-Ralfchen
abgemeldet
 
Dabei seit: 10/2009
Alter: 77
Beiträge: 17.302

die idee es mit bildern in einem eigenen band zu kombinieren, finde ich aussergwöhnlich gut (!). die lyriken sind exeptionell und würden mit den bidl-tafeln sicher einen band füllen. so etwas in dieser form gibt es meines wissens nach nicht. das bändchen wäre sicher auch in museumsshops verkäuflich. die frage der urheberrechte ist, wie wir wissen, nur bei jenen werken zu klären, die noch im urheberrecht stehen. einen Antonín Hudecek, VAN GOGH, oder KLIMT etc., trifft das m.w.n. sicher nicht, da es dazu keine rechte mehr gibt.
Ex-Ralfchen ist offline   Mit Zitat antworten
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