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Düstere Welten und Abgründiges Gedichte über düstere Welten, dunkle und abgründige Gedanken.

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Alt 05.06.2008, 15:53   #1
LeSchmürz
 
Dabei seit: 03/2008
Beiträge: 66

Standard Angst, dazwischen

.
Wegrand Brombeerhecken . – . Angst, dazwischen



dornen ranken ohr zu ohr
wurmkrummes ver/schlingen, blutmundig
wunden umwindend

zwischen nesseln und wegerich
kotze, kippen, kondome, kronkorken
(könig-pils): fürstliche funde
die auf der zunge brennen wie säure
bei jedem bleckenden blick
inwärts gefletschter zähne

ich?
ich bin zu feige
trau nicht zwischen
die dornen zu picken
beeren zu sammeln
so kleine

gestrüpp wuchert wirr
zwischen meinen ohren
sprießen haare als quecken
durch die schädeldecke
beim jäten
bleiben in den wurzeln hängen
kleine klümpchen hirn


.
LeSchmürz ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 11.06.2008, 00:38   #2
vulcanus_rubin
 
Dabei seit: 02/2008
Beiträge: 56

hallo leschmürz,

ein interessantes stück lyrik präsentierst du hier. es beinhaltet einige ansätze, die überzeugen, spannende wortverbindungen und bilder, aber auch einige stellen, die mir bisher nicht zusagen.

Zitat:
Wegrand Brombeerhecken . – . Angst, dazwischen
der volle titel ist meines erachtens zu lang und bietet nicht die nötige faszination, um leser anzuziehen. angst im titel ist alles andere als innovativ, was nicht heißt, dass man es nicht verwenden kann, dennoch verrät es hier zu viel bzw zwingt den leser in eine bestimmte richtung. "wegrand brombeerhecken" ist mir schlicht zu unwichtig und banal. mein vorschlag wäre zb "brombeer, dazwischen", um die länge und das große wort angst zu vermeiden.

Zitat:
dornen ranken ohr zu ohr
wurmkrummes ver/schlingen, blutmundig
wunden umwindend
genaugenommen haben brombeeren stacheln, keine dornen, auch frage ich mich, wie dornen ranken können, wobei man es gelesen als stängel/ zweige voll von stacheln gelten lassen könnte. "ohr zu ohr" ist mir persönlich zu ausgelutscht, zumal ich momentan nicht zuordnen kann, was das ohr der brombeere darstellen könnte.
die wortspiele in den folgenden versen sind eine interessante idee, unterstreichen sie doch das ranken/verschlungen sein der brombeerpflanze(n). "ver/schlingen" bietet meines erachtens nicht genügend neue lesemöglichkeiten, um eine trennung innerhalb des wortes sinnvoll erscheinen zu lassen.

Zitat:
zwischen nesseln und wegerich
interessant, kann man doch auch aus diesen beiden gefahren lesen: das sich in die nesseln setzen einerseits und andererseits das vorbeigehen bzw dinge ungenutzt zu lassen, an sich vorbeiziehen zu sehen etc.

Zitat:
kotze, kippen, kondome, kronkorken
(könig-pils): fürstliche funde
dazwischen aber ebensolche gefahren oder abfälle. diese stelle allerdings liest sich meines erachtens nicht rund. der dreifache hinweis auf krone, könig, fürst ist unnötig und störend, auch kotze passt meiner meinung nach nicht ins bild. mein vorschlag:

kondome, kippen, korken:
fürstliche funde

kondome vor die kippen zu setzen lässt sich mit dem typischen sexbild "kippe danach" verbinden, andererseits vielleicht der versuch der absicherung durch das kondom, kippe und korken deuten dann aber in eine andere richtung. die nähe des korkens zum fürstlichen macht den zusammenhang des bildes deutlicher. die alliterationen erscheinen insgesamt passend und unterstreichen die verbindung der bilder untereinander.

Zitat:
die auf der zunge brennen wie säure
bei jedem bleckenden blick
inwärts gefletschter zähne
brennen wie säure ist wieder eines dieser bilder, das man häufig liest. wie-vergleiche in gedichten sind meines erachtens sowieso überflüssig. der bleckende blick gefällt, obwohl es damit fast schon zu viele alliterationen in einer strophe sind. "gefletscht" ist mir persönlich zu langweilig, allerdings habe ich gerade keine alternative anzubieten. vielleicht könnte man aber die söäure innerhalb dieser verse auch anders verarbeiten.

Zitat:
ich?
ich bin zu feige
trau nicht zwischen
die dornen zu picken
beeren zu sammeln
so kleine
die wiederholung des ichs ist meiner meinung nach ein viel zu offensichtlicher umschwung auf das li. abgesehen davon, dass man auch vorher schon auf das li bezogen lesen kann, ist der umschwung so radikal und gleichzeitig banal, dass man gar nicht mehr weiter lesen mag.

die strophe ist insgesamt sehr schwach und bringt den text kaum voran. "ich bin zu feige" ist wieder viel zu offensichtlich, dornen und zwischen taugen nicht zur neuerlichen wiederholung. was aus der strophe bleibt:

trau nicht
die beeren zu picken
so kleine

wobei "so kleine" auch wieder kritisch ist, da es kaum etwas aussagt. und der teil so auch nicht in den text passt.

Zitat:
gestrüpp wuchert wirr
zwischen meinen ohren
generell bin ich sehr für die schaffung von rahmen bzw bezügen zum anfang des textes, hier sind es aber zu viele wiederholungen. die bezeichnung "gestrüpp" verliert erstmal jegliche gefahr, die neuerliche alliteration mag als rahmen passen, wuchern und wirr in verbindung ist mir aber wieder zu offensichtlich und langweilig.
in jeder strophe und im titel zwischen zu verwenden ist meines erachtens zu viel. auch kann ich die ohren wieder nicht richtig in den text einordnen, sie passen wohl zum kopf, aber zu hören bekommt das li im text doch nicht viel.

Zitat:
sprießen haare als quecken
durch die schädeldecke
das bild der haare als quecken ist gelungen und interessant, ich würde es aber auch hier nicht so offensichtlich machen und haare streichen:

sprießen quecken
durch die schädeldecke

Zitat:
beim jäten
bleiben in den wurzeln hängen
kleine klümpchen hirn
will man das jäten auf den oberen sowie auch auf den unteren strophenteil beziehen, ergibt sich für den zweiten teil eine stockung beim lesen. ich halte den hinweis aufs hirn hier nicht für notwendig, würde den teil wie folgt umschreiben:

bleiben klümpchen hängen
in den wurzeln

das erlaubt dem leser meines erachtens mehr klesewege, der bezug zur schädeldecke ist klar, die klümpchen können aber wiederum auch auf die brombeeren bezogen werden usw.

insgesamt einige gute stellen/ansätze, die mich überzeugen, aber viele kleinigkeiten, die den text noch unfertig wirken lassen. so, wie ich dir die verse auseinandergenommen habe, passt's nun natürlich nicht mehr als text zusammen, aber bvielleicht findest du ja einige überlegenswerte anregungen.

liebe grüße,

vulcanus
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