Nordwind bei Poetry.de

Cash · 28.01.2013, 14:33

Zu spät realisierte er die Auswüchse des blechenden Köters in seinem schwarz getränkten Hirn. Mit vierhundert, fünfhundert, sechshundert Sachen auf eine Mauer zurasen. Er war müde; überdrüssig des schäbig skizzierten Theaters, das wie ein Universalschloss das Nonkonforme aussperrt. Ein Fenster, zubetoniert und drüber tapeziert. Sollte es das gewesen sein, war es keinen Deut wertvoll, war es nicht. Bellend sackte sein Kopf nach unten, und während seine Schultern folgten, metaphosierte der Körper in eine dahin geraunte Kartoffelsackexistenz. Wo sie ist, durfte er nicht sein. Und als der Regen einsetzte und seinen zusammengerafften Torso nässte, spiegelte sich ein Bild vor seinen Augengliedern, ausgefranst an den Rändern, farblich zermürbt im Zentrum, von Kratzern und Staub bedeckt. Es erinnerte ihn, erinnerte ihn an. Sollen sie ihn doch auslachen, dachte er.

Ein Sprichwort besagt. Sterben wir einsam. Einsam wandeln wir durchs Leben. Leben kommt wie ein implodierender Stern sintflutartig aus allen Poren eines nimmer speienden Wasserfalls. Wo sie war, konnte er nicht sagen. Wo sie sein würde, überall. Ihr Körper leicht zart, ruht sie im Sand, das goldene Haar aufgepeitscht vom Nordwind, wild zerzaust, den Fotoapparat in den Händen des Anderen. Ein Kuss, Streicheln über ihren nackten Arm. Ein Kuss; feuchtgewordene Lippen, Zungenspitzen, sanftes Stöhnen. Eine Kugel zermartert das Bild, hingeworfen auf die weißgestrichene, poröse Platte. Ein Klick, wie eingebrannt das fremde Glück. Und sie lächelt, digital konserviert. Und er lächelt, widerlich elitär.

Menschen kommen. Kommen immer wieder. Ihre Gesichter eine nonchalante Mixtur gebrechlicher Eruptionen. Vorne fängt es an, geht bis zum Ende durch, macht Halt; und dann strecken sie ihre Finger aus, punktieren ihn wie ein Scharfschütze, erfassen ihn, wie das Zielfernrohr den schweißgetränkten, von Stress und Adrenalin bestimmten Kopf des Täters. Und die Mündung lacht ihn aus. Gruppieren sich um ihn, bis ihre Körper eine hermetische Mauer bilden.

Wo du bist, wird es keine Rolle spielen. Du wirst es irgendwann erfahren. Und es ist nicht deine Schuld. Das war es nie.

Bis das Herz zu schlagen aufhört. Bis die Welt verschwimmt, dann eine Blende. Ein Alan Smithee Film. Schau mich an, wie erniedrigend, wie jämmerlich primatenhaft. Wie weinerlich.

Du magst starke Menschen, starke Menschen, die dich nicht mit ihren Problemen vollsülzen. Dafür hast du keine Zeit. Fehlt dir das Interesse.

Ich kann dich sehen. Du lachst. Du fürchtest dich. Vielleicht hast du schon angefangen. Es ist zu warm für Socken. Liest ein Buch, möglicherweise. Sind da Daemonen. Wenn ich ein Tier wäre, was wärst du?

Kreisrund wird der Boden ausgehöhlt, mit grünen Plastikrasen umzingelt. Ein lahmer Trick, schon ist es weg.

Danke, dass sie da war. Ihm bedeutet das viel.

Ein Sprichwort besagt. Trinkt Blut. Was ein Werwolf ist. Wo ein Geier kackt.

Besonders weh tut die Brust.

28.01.2013, 14:33	#1
Cash Dabei seit: 11/2006 Alter: 38 Beiträge: 21	Nordwind Zu spät realisierte er die Auswüchse des blechenden Köters in seinem schwarz getränkten Hirn. Mit vierhundert, fünfhundert, sechshundert Sachen auf eine Mauer zurasen. Er war müde; überdrüssig des schäbig skizzierten Theaters, das wie ein Universalschloss das Nonkonforme aussperrt. Ein Fenster, zubetoniert und drüber tapeziert. Sollte es das gewesen sein, war es keinen Deut wertvoll, war es nicht. Bellend sackte sein Kopf nach unten, und während seine Schultern folgten, metaphosierte der Körper in eine dahin geraunte Kartoffelsackexistenz. Wo sie ist, durfte er nicht sein. Und als der Regen einsetzte und seinen zusammengerafften Torso nässte, spiegelte sich ein Bild vor seinen Augengliedern, ausgefranst an den Rändern, farblich zermürbt im Zentrum, von Kratzern und Staub bedeckt. Es erinnerte ihn, erinnerte ihn an. Sollen sie ihn doch auslachen, dachte er. Ein Sprichwort besagt. Sterben wir einsam. Einsam wandeln wir durchs Leben. Leben kommt wie ein implodierender Stern sintflutartig aus allen Poren eines nimmer speienden Wasserfalls. Wo sie war, konnte er nicht sagen. Wo sie sein würde, überall. Ihr Körper leicht zart, ruht sie im Sand, das goldene Haar aufgepeitscht vom Nordwind, wild zerzaust, den Fotoapparat in den Händen des Anderen. Ein Kuss, Streicheln über ihren nackten Arm. Ein Kuss; feuchtgewordene Lippen, Zungenspitzen, sanftes Stöhnen. Eine Kugel zermartert das Bild, hingeworfen auf die weißgestrichene, poröse Platte. Ein Klick, wie eingebrannt das fremde Glück. Und sie lächelt, digital konserviert. Und er lächelt, widerlich elitär. Menschen kommen. Kommen immer wieder. Ihre Gesichter eine nonchalante Mixtur gebrechlicher Eruptionen. Vorne fängt es an, geht bis zum Ende durch, macht Halt; und dann strecken sie ihre Finger aus, punktieren ihn wie ein Scharfschütze, erfassen ihn, wie das Zielfernrohr den schweißgetränkten, von Stress und Adrenalin bestimmten Kopf des Täters. Und die Mündung lacht ihn aus. Gruppieren sich um ihn, bis ihre Körper eine hermetische Mauer bilden. Wo du bist, wird es keine Rolle spielen. Du wirst es irgendwann erfahren. Und es ist nicht deine Schuld. Das war es nie. Bis das Herz zu schlagen aufhört. Bis die Welt verschwimmt, dann eine Blende. Ein Alan Smithee Film. Schau mich an, wie erniedrigend, wie jämmerlich primatenhaft. Wie weinerlich. Du magst starke Menschen, starke Menschen, die dich nicht mit ihren Problemen vollsülzen. Dafür hast du keine Zeit. Fehlt dir das Interesse. Ich kann dich sehen. Du lachst. Du fürchtest dich. Vielleicht hast du schon angefangen. Es ist zu warm für Socken. Liest ein Buch, möglicherweise. Sind da Daemonen. Wenn ich ein Tier wäre, was wärst du? Kreisrund wird der Boden ausgehöhlt, mit grünen Plastikrasen umzingelt. Ein lahmer Trick, schon ist es weg. Danke, dass sie da war. Ihm bedeutet das viel. Ein Sprichwort besagt. Trinkt Blut. Was ein Werwolf ist. Wo ein Geier kackt. Besonders weh tut die Brust.