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Alt 02.09.2018, 20:34   #1
männlich P-A.H.
 
Dabei seit: 09/2018
Beiträge: 1

Standard Die ersten Wesen

Die Winde und die See strömten einst im Einklang, verschlungen und harmonisch streiften sie nach dem Gesetz des gemeinsamen Fluentum. Auf den Zeilen, die auf der Oberfläche des Ozeans geschrieben sind, beruht beiderseits das Leben auf den Kontinenten und unter den Wassern. Tanzend bewegen sich die beiden Partner auf dem nassen Parkett, bringen Leben in die Wüste und auf den tiefen Meeresgrund. In der Nacht strahlt das Licht der Sterne auf die Wasseroberfläche, den Spiegel, der die beiden Seelen vereint. Der Himmel schaut hinab darauf, betrachtet das Spiel als sein eigen Augenlicht. Als ein einziger Strahl dessen das Meer bis auf den Grund durchleuchtet, öffnet sich die Iris der Gottheit, die dort haust. Sie wirkt wie ein Spalt, als läge das Gesicht der beiden in tiefen Falten. Die See fragt sich „Wie kann es sein, dass du ,meine Liebe, so viel sehen kannst und ich kann nur dies einzig kleine Licht hervorbringen?“
Plötzlich verfinstert sich der Himmel. Graue Wolken verdecken die Pracht der Sterne. Der Wind hält an. Kein Lüftchen wagt es, noch einen Schritt zu tun. Irrend streift der Augenspalt umher, sucht nach dem Fluss, aus dem es hervorstach. Die dabei entstehenden Turbulenzen stürzen die See in ein Chaos. Wellen brechen an Land, Türmen sich hoch, so hoch wie es irgend geht in der Hoffnung, dass sie die dunklen Wolken berühren können. Doch es reicht nicht. Der Sturm wird dem damaligen Tanz nicht gerecht. Der Lichtstrahl, der die Wiege der Sterne verließ, um das Meer zu erkunden zappelt weiter in diesem umher. Millionen von Jahren soll dieser seine Odyssee fortführen, bis eines Tages ein Wesen aus dem Gewässer aufsteigt und die Luft atmet, welche die Winde der Welt hinterließen. Die so starren Wolken fangen an, sich wieder zu bewegen, taumeln leicht hin und her. Mit dem sanften Atem des Wesens tut sich Hoffnung auf. Es steht am Rand des Ozeans, betrachtet die weite des Horizonts. Da bricht ein starker Strahl durch die Dunkelheit, scheint direkt in seine Augen. Es ist ein Stern, größer und schöner als all die kleinen stellaren Sphären, die in der Erinnerung des Wesens so fern wirken. Es kann auf der Oberfläche der See sein eigen Antlitz erkennen.
Das Wesen atmet das Licht tief in die Gefilde seines Körpers ein und mit dem Ausatmen gibt es einen Laut von sich: „Sol“.
Das Wesen wird sich seiner Stimme bewusst, es hört den eignen Klang. Es weiß nicht viel mit dieser anzufangen, also spricht es mit den stummen Bäumen. Die Vegetation ist erfreut gesehen zu werden, also dankt es mit einem lieblichen Duft, der das Wesen dazu verleitet, allem was es sieht einen Namen zu geben. Es streift umher, es singt und tanzt. Am Morgen begrüßt es die Sonne beim Aufgang mit einem tiefen Atemzug, um mit der Kraft, die sie spendet weiter Namen auszurufen. Die Welt wird somit bunter im Außen durch das Licht und im Innen durch das Wort. Als aller Name ausgesprochen und um jeden Baum getanzt entscheidet sich das Wesen, sich unter einen Baum zu setzen. Da macht sich eine Trauer, eine Sehnsucht breit. Es flüstert ins Gebüsch: „Wenn du doch bloß meinen Tanz erwidern könntest...“.
Und so schläft es ein im Schatten des Geäst. Das Licht der Sterne strahlt in der Nacht nicht mehr hell genug, um es wach zu halten. Der nächste Morgen graut, doch auch die Sonnenstrahlen können das Wesen nicht wecken. Noch einmal verfinstert sich der Himmel. Die Strömung der Lüfte kam abermals zum Stillstand. Betrübt beugt sich die Vegetation zu Boden und die Sonne muss mit anschauen, wie die Blüten in den Kummer sinken. Das Licht der Sterne strahlt die Wolkendecke in der Nacht an. Durch die Sonne wissen sie von dem, was darunter geschah. Ein mutiger Stern wagt es, herunter zu stürzen, um die Wolkendecke zu durchbrechen. Stürmisch rasen die Wolken umher, da schlägt ein Blitz in den Baum ein, unter dem das Wesen schläft. Mit einem Mark und Bein erschütternden Krach schreckt es auf, beobachtet, wie einer der Äste zu Boden fällt. Der Ast zittert, vom Blitzschlag durchzogen. Das Wesen erholt sich vom Schock, geht neugierig auf den brennenden Ast zu. Da erkennt es ein Gesicht, das dem seinen gleicht. Der brennende Ast liegt unter Schmerzen am Boden, die Mimik bettelt um Hilfe und Heilung. Also nimmt das Wesen seinen Mut zusammen und trägt das Gegenüber in die See, um das Feuer zu löschen. Es taucht den Ast in die Gewässer und als sie gemeinsam über die Wasserschwelle hervortreten werden aus den Flammen lange Haare, die sich geschmeidig um die Arme des Wesens legen. Das harte Geäst wurde unter dem Einfluss des Wassers zu zarter Haut. Und da erkannte das Wesen, wie sich sein eigen Fleisch anfühlt. „Stella“ sagt es. Da öffnen des andern Wesens Augen und es sprach mit dem ersten Atemzug, ebenfalls vom Licht der Sonne erfüllt „Sol“. So bekamen die ersten beiden Wesen ihre Namen.
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mythos, namen, wesen

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