Stadt im Winter bei Poetry.de

Ilka-Maria · 20.12.2011, 18:07

Was in der Früh noch weiß gewesen,
ward bis zum Mittag brauner Matsch,
da helfen weder Schaufeln, Besen,
die Sohlen laufen auf Pitschpatsch.

Wo Reifen durch die Pfützen flitzen,
da spritzt der Dreck Passanten voll,
läßt Zorn aus ihren Augen blitzen
und Hälse bersten, dick vor Groll.

Die Spur im Modder zeugt vom Laufen,
hier gingen Herr und Hund entlang,
ein aufgeweichter, brauner Haufen
zeugt von alltäglich Pflicht und Drang.

Die Vögel sitzen in den Bäumen,
des Fliegens und des Singens müd,
von Futterhäuschen sie jetzt träumen
und von dem Winterklageslied.

Derweilen tropft von kahlen Zweigen
das Naß des Himmels Herrlichkeit -
für die Romantik, die ihm eigen,
war unsre Erde nie bereit.

20. Dezember 2011
by Ilka-Maria

Kurier · 20.12.2011, 19:52

Hi Ilka-Maria,
wenn schon die Natur im Wachsen, Werden und Gedeihen ruht (oder doch sehr kurztritt), haben wir alle eine gewisse Vorstellung vom Winter:
Winter muss weiß sein, nur dann ist er auch schön.
Das Schmuddelwetter aber überwiegt (in vielen Breiten –der Kölner Raum ist dafür wie prädestiniert), und die trübe Stimmung ist eigentlich unausweichlich vorgegeben.
HG Dieter

Schmuddelkind · 21.12.2011, 03:22

Das ist überaus wortgewandt, wie ich finde. Auch wenn ich den Schnee z.Z. sehr mag, gefällt es mir, dass du deine berechtigte und pointiert formulierte Sichtweise entgegenstellst.

LG

Ex-Jack · 21.12.2011, 03:32

Hallo Ilka,

ich hab geschmunzelt beim Lesen, Dein Gedicht gefällt mir gut.
An einer Stelle hakte ich:

Zitat:

zeugt von alltäglich Pflicht und Drang.

Das passt irgendwie nicht ins Versmaß.

Und meintest Du "Winterklageslied" oder 'Winterklagelied'?

Ansonsten: Toll! Hat Spaß gemacht!

Liebe Grüße,
Jack

Ilka-Maria · 21.12.2011, 03:36

Ja, da ist ein "s" zuviel.

Ich hasse dieses Matschwetter!

Thing · 21.12.2011, 07:58

Halli Hallo, Ilka-Maria -

das sind Bilder, die sofort vor meinen Augen auftauchen.
Plitsch-Platsch .....
Und die Schmutzwasserfontänen, üblerweise von Hundehäufchen gesprenkelt ...
igitt!

Zieh aufs Land!

Gefällt mir wegen der Vögel-Zeilen.
Und die Romantik empfinden wohl eher die "Nordländer".
Denk an Breughel.

LG
Thing

Ex-Gamma · 21.12.2011, 08:10

Zum Text: Endlich wird es gesagt: es geht nur der Mann, mit seinem Hunde, im Kot dem Orakel, dem Rätsel, enträt er sich selbst davon die Kunde.

Zum Inhalt: Der Weisheit das Genie, der Praxis seine Exzellenz; Plato und Aristoteles, ich steck mir immer meinen Finger mir selbst ins eigene Loch.

Ilka-Maria · 21.12.2011, 08:33

Zitat:

Zitat von Thing

Zieh aufs Land!

Niemals! Ich bin ein ausgesprochener Stadtmensch.

Thing · 21.12.2011, 09:28

Dann finde Dich (ergeben?) mit Plitsch-Platsch und Hundehäufchen ab...

Ilka-Maria · 21.12.2011, 09:35

Zitat:

Zitat von Thing

Dann finde Dich (ergeben?) mit Plitsch-Platsch und Hundehäufchen ab...

Davor ist man zumindest in Frankfurt sicher. Dort ist es für die Hundehalter Vorschrift, die Häufchen ihrer vierbeinigen Kameraden vom Gehweg zu entfernen. In der Stadt hängen inzwischen mehr Hundehäufchentütenspender als Briefkästen.

Auch herrscht Leinenpflicht.

In Paris sind die Zustände weniger zivil, wie ich kürzlich feststellen mußte. Mir fiel auf, daß es dort enorm viele Hundehalter gibt, da kann man sich vorstellen, wie oft man als Fußgänger bei Dunkelheit solch eine Tretmine erwischt.

Thing · 21.12.2011, 09:52

Tretmine

ist gut!
Hier hab ich im Geist eine Straße umbenannt:
Statt "Luitpoldstraße" heißt sie

Hundehäufchenstraße ...

20.12.2011, 18:07	#1
Ilka-Maria Forumsleitung Dabei seit: 07/2009 Ort: Arrival City Beiträge: 31.111 Meine Gedichte Meine Favoriten	Stadt im Winter Was in der Früh noch weiß gewesen, ward bis zum Mittag brauner Matsch, da helfen weder Schaufeln, Besen, die Sohlen laufen auf Pitschpatsch. Wo Reifen durch die Pfützen flitzen, da spritzt der Dreck Passanten voll, läßt Zorn aus ihren Augen blitzen und Hälse bersten, dick vor Groll. Die Spur im Modder zeugt vom Laufen, hier gingen Herr und Hund entlang, ein aufgeweichter, brauner Haufen zeugt von alltäglich Pflicht und Drang. Die Vögel sitzen in den Bäumen, des Fliegens und des Singens müd, von Futterhäuschen sie jetzt träumen und von dem Winterklageslied. Derweilen tropft von kahlen Zweigen das Naß des Himmels Herrlichkeit - für die Romantik, die ihm eigen, war unsre Erde nie bereit. 20. Dezember 2011 by Ilka-Maria

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20.12.2011, 19:52	#2
Kurier R.I.P. Dabei seit: 06/2010 Beiträge: 701 Meine Gedichte Meine Favoriten	Hi Ilka-Maria, wenn schon die Natur im Wachsen, Werden und Gedeihen ruht (oder doch sehr kurztritt), haben wir alle eine gewisse Vorstellung vom Winter: Winter muss weiß sein, nur dann ist er auch schön. Das Schmuddelwetter aber überwiegt (in vielen Breiten –der Kölner Raum ist dafür wie prädestiniert), und die trübe Stimmung ist eigentlich unausweichlich vorgegeben. HG Dieter

21.12.2011, 03:22	#3
Schmuddelkind Dabei seit: 12/2010 Ort: Berlin Alter: 38 Beiträge: 4.798 Meine Gedichte Meine Favoriten	Das ist überaus wortgewandt, wie ich finde. Auch wenn ich den Schnee z.Z. sehr mag, gefällt es mir, dass du deine berechtigte und pointiert formulierte Sichtweise entgegenstellst. LG

21.12.2011, 03:36	#5
Ilka-Maria Forumsleitung Dabei seit: 07/2009 Ort: Arrival City Beiträge: 31.111 Meine Gedichte Meine Favoriten	Ja, da ist ein "s" zuviel. Ich hasse dieses Matschwetter!

21.12.2011, 07:58	#6
Thing R.I.P. Dabei seit: 05/2010 Beiträge: 34.998 Meine Gedichte Meine Favoriten	Halli Hallo, Ilka-Maria - das sind Bilder, die sofort vor meinen Augen auftauchen. Plitsch-Platsch ..... Und die Schmutzwasserfontänen, üblerweise von Hundehäufchen gesprenkelt ... igitt! Zieh aufs Land! Gefällt mir wegen der Vögel-Zeilen. Und die Romantik empfinden wohl eher die "Nordländer". Denk an Breughel. LG Thing

21.12.2011, 08:10	#7
Ex-Gamma abgemeldet Dabei seit: 01/2011 Beiträge: 1.194 Meine Gedichte Meine Favoriten	Zum Text: Endlich wird es gesagt: es geht nur der Mann, mit seinem Hunde, im Kot dem Orakel, dem Rätsel, enträt er sich selbst davon die Kunde. Zum Inhalt: Der Weisheit das Genie, der Praxis seine Exzellenz; Plato und Aristoteles, ich steck mir immer meinen Finger mir selbst ins eigene Loch.

21.12.2011, 09:28	#9
Thing R.I.P. Dabei seit: 05/2010 Beiträge: 34.998 Meine Gedichte Meine Favoriten	Dann finde Dich (ergeben?) mit Plitsch-Platsch und Hundehäufchen ab...

21.12.2011, 09:52	#11
Thing R.I.P. Dabei seit: 05/2010 Beiträge: 34.998 Meine Gedichte Meine Favoriten	Tretmine ist gut! Hier hab ich im Geist eine Straße umbenannt: Statt "Luitpoldstraße" heißt sie Hundehäufchenstraße ...