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Liebe, Romantik und Leidenschaft Gedichte über Liebe, Herzschmerz, Sehnsucht und Leidenschaft.

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Alt 03.02.2011, 23:26   #1
Friedrich
 
Dabei seit: 05/2010
Beiträge: 237

Standard Januar im Zoo

Januar im Zoo

Januar im Zoo, wir sehen
schwarze Bären in der Grube;
unermüdlich tappen sie
hin zur Wand und dann zurück.

Plötzlich, braun, ein Nilpferdkopf
taucht aus trübem Wasser auf;
riesig gähnt der rote Rachen,
und sein fauler Atem weht.

Steinern steht mit spitzen Lippen
grau das Nashorn im Gehege;
Elefant ihm gegenüber
pendelt müde mit dem Rüssel.

Rotgesichtig blicken Affen
durch die hohen Gitterstäbe;
und der Mensch, so steht’s geschrieben,
sei der Tiere schlimmster Feind.

In geräumigen Volieren
hocken Vögel still auf Ästen,
dunkel flattern sie herab,
landen schwarz auf feinem Sand,

wo die toten Küken liegen,
die der Wärter grad gebracht;
spitze scharfe Schnäbel hacken,
zerren gierig an Gedärm.

Draußen sticht die bittre Kälte
ins Gesicht, kriecht in die Kleidung,
und im grauen Himmel schwimmt
rotorange die Sonnenscheibe.

Zeit zu gehn, es wird geschlossen,
doch zuvor vorm Affenkäfig
hat mich Wärme noch durchflutet,
meine Hand ... blieb nicht allein.
Friedrich ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 04.02.2011, 00:46   #2
Ex-Odiumediae
abgemeldet
 
Dabei seit: 07/2010
Beiträge: 1.151

Das Gedicht transportiert die Stimmung, die ich neulich im Berliner Tierpark auch hatte. Es war zwar noch Dezember, aber das tut nichts zur Sache. Mir gefällt das Gedicht. Es zeigt, wie unglücklich die meisten Tiere in Zoos eigentlich sind. Besonders die Elefanten, Bären und Raubkatzen tun mir jedes Mal Leid.

Man möchte gerne die Tiere sehen und will sie eigentlich durch den Zoobesuch unterstützen, bekommt dann aber erst das Elend vor die AUgen geführt.

Mag ich, was den Menschen angeht, auch noch so zynisch sein. Leidende Tiere sind für mich oft schlimmer anzusehen, als die inflationär vor sich hin sterbenden Menschen, die in den Nachrichten oder in der Emotionsheischenden, geschmacklosen Propaganda so genannter Hilforganiationen vorgeführt werden.

Um auf das Gedicht zurückzukommen: in meinen Augen ist es sehr gelungen.
Ex-Odiumediae ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 04.02.2011, 00:51   #3
männlich Ex-Schamanski
abgemeldet
 
Dabei seit: 12/2010
Beiträge: 2.884

Das ist es. Interessant auch die an die spanische Romanzenstrophe angelehnte Technik.
Ex-Schamanski ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 04.02.2011, 03:05   #4
weiblich Ilka-Maria
Forumsleitung
 
Benutzerbild von Ilka-Maria
 
Dabei seit: 07/2009
Ort: Arrival City
Beiträge: 31.089

Wohltuend, daß hier mal ein ungewöhnliches Thema angesprochen wird. So wie hier geschildert hat es lange Zeit leider in den Tierparks ausgesehen. Inzwischen haben sich zum Glück einige Einsichten durchgesetzt, so daß man auf bestimmte Tiere lieber verzichtet.

In Frankfurt wird der Zoo jetzt im großen Stil umgebaut, um den Tieren ein besseres Umfeld zu gewährleisten. Es ist auch höchste Zeit.
Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 04.02.2011, 23:22   #5
Friedrich
 
Dabei seit: 05/2010
Beiträge: 237

@Odiumediae
@Schamansky


Hallo Ihr beiden!

Vielen Dank für Eure Kommentare. Ist ein Großstadtzoo wegen der eingesperrten Tiere schon eine traurig anmutende Sache, so ist er es im Januar bei Kälte, kahlen Bäumen und spärlichen Besuchern noch ganz besonders.

Nur geht es hier nicht so sehr um das Los der Tiere, sondern um den Kontrast zwischen Kälte, Einsamkeit und Leere einerseits und dem Strahl von Wärme, den das LI empfängt, wenn die Hand seiner Begleiterin vor dem Affenkäfig plötzlich in seiner ruht, andererseits. Aus diesem Grund habe ich es auch in die Rubrik Liebe, Romantik und Leidenschaft eingestellt. Klar, diese Erfahrung von Wärme wird relativ bescheiden erst am Schluß erwähnt, doch hat gerade diese das Gedicht erst motiviert.

@Ilka-Maria

Ja, es gab im Frankfurter Zoo einmal eine Zeit, da hatten wir noch eine indische Elefantendame, die an einem Fuß angekettet an einem toten Baum stand und - hospitalismusverdächtig - unermüdlich ihren Rüssel schwenkte. Inzwischen hat sich dort einiges getan, um diesen Hospitalismuserscheinungen entgegenzuwirken. Doch kalt ist es in unseren Zoos im Monat Januar noch immer. Vielleicht ein Grund, weshalb sich so wenig Liebespaare zu dieser Zeit dort treffen.

Mit lieben Grüßen

Friedrich
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