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Zeitgeschehen und Gesellschaft Gedichte über aktuelle Ereignisse und über die Menschen dieser Welt. |
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15.02.2015, 11:44 | #1 |
Gast
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Europas Arbeitsmoral
Europas Arbeitsmoral ©Hans Hartmut Karg 2015 „Arbeit lerne, hast Du Brot, Sandelst Du, so bist Du tot!“ Wer nur faul im Schatten liegt, Unablässig Botschaft kriegt, Der kommt gar nicht in die Gänge, Übersieht die Lebenszwänge. Wer sich sputet, etwas lernt, Von der Faulheit sich entfernt, Den hat ganz Europa gern, Denn er achtet den Lehrherrn. Lerne Deine Lehrer achten, Wolln Sie doch nach Aufbau trachten, Dass Du weiterkommst im Leben In dem eigenen Bestreben: Dieser Welt ein Fleißkerl sein, Dann wird Geld Dein Freiheitswein. * |
15.02.2015, 12:11 | #2 |
Hallo DrKarg,
ja, so werden wir programmiert und programmieren damit gern andere. Liebe Sonntagsgrüße gummibaum |
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15.02.2015, 12:23 | #3 | |
Forumsleitung
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Zitat:
Fleiß ist eine andere Baustelle. Eine Baustelle ohne Garantie. Schon gar nicht für Geld. Nicht jeder Fleißige taucht wie Dagobert in einen Swimmingpool voller Golddukaten. Die meisten Menschen schuften am Minimalerhalt vorbei. Geld hat nichts mit Freiheit zu tun. Das Gegenteil ist der Fall: Besitz verpflichtet. Wer nichts hat, der hat auch nichts zu verwalten und nichts zu verteidigen. Frei zu sein heißt, keine Verpflichtungen zu haben. König ist, wer sich das leisten kann. |
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15.02.2015, 13:17 | #4 |
Hallo Hr. Dr. Karg,
Ihr Text zielt eindeutig auf den Süden Europas ab, siehe St.1V3 u. St.2V3. Wäre ich ein spanischer Jugendlicher (nur ein Beispiel!), würde ich Ihnen sagen: Dieser Text ist doch wohl an der Realität völlig vorbeigeschrieben. Sprachlich ist er dogmatischer Natur, demzufolge einseitig. Dieser Text suggeriert eine gewisse „Einfachheit“ der Dinge, die nicht zutreffen kann, da der reale Sachverhalt zu komplex ist. MfG, Farrell |
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15.02.2015, 15:54 | #5 |
Dieser Welt ein Fleißkerl sein, Dann wird Geld Dein Freiheitswein. http://www.t-online.de/wirtschaft/id...swachstum.html "Pro Umverteilung - OECD: Kluft zwischen Arm und Reich verlangsamt Wirtschaftswachstum 09.12.2014, 08:30 Uhr … Die reichsten zehn Prozent der Bevölkerung verdienten vor 30 Jahren fünf Mal so viel wie die ärmsten zehn Prozent - heute verdienen die reichsten zehn Prozent sieben Mal so viel. Starkes und dauerhaftes Wachstum sei nur bei energischem Eintreten gegen wachsende Ungleichheit möglich, so die OECD. …" Haben sich die Betreffenden das alles mit Fleiß erarbeitet? Gibt es eigentlich den Begriff des Couponschneiders noch? Viele Grüße Pfil |
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15.02.2015, 17:54 | #6 | |
Forumsleitung
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Zitat:
Es geht um das Einkommen, und das ist vertraglich ausgehandelt. Wer sich als Hering verkauft, wird als Hering gegessen. Wer überzeugt ist vom System der Ungerechtigkeit, kann sich arbeitslos melden, jeden Tag ausschlafen und muss keine Besitzstände verwalten. Reich sein kann in Deutschland jeder Mensch. Die Frage ist, an was. |
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15.02.2015, 18:20 | #7 |
Ilka hat recht: "'verdienen' ist der falsche Ausdruck. Wer bekommt schon, was er verdient?"
Der Ausdruck "verdienen" stammt aus dem T-Online-Zitat. Es gibt nicht-vertragsgebundene Einkommen sowie Verträge, bei denen die Bedingungen von einer Seite diktiert werden. Wem das Wasser bis zum Hals steht, der wird sich gerne als Hering verkaufen, um nicht ganz abzusaufen. Gefressen werden die Kleinen von den Großen - ob als Hering oder als Unternehmen … Wer überzeugt ist vom System der Ungerechtigkeit, kann (hoffentlich) arbeiten und sich einer Gewerkschaft anschließen oder anderweitig organisieren. Grüße an alle Pfil |
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16.02.2015, 05:33 | #8 | |
Forumsleitung
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Zitat:
Ich habe nie eine derartige Organisation nötig gehabt. |
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16.02.2015, 17:27 | #9 |
Hallo alle,
indem die Gewerkschaften ihre Klientel bedienen, tragen sie ein Stück zur Verteilungs“gerechtigkeit“ bei. Definieren kann man den Begriff m.E. in diesem Zusammenhang nicht, zu viele Faktoren spielen eine Rolle: quantitative und qualitative Aspekte der Arbeitsleistung, soziale Gesichtspunkte wie Familienstand, Alter, Betriebszugehörigkeit, ... Es geht also nicht um „Gerechtigkeit“; sondern wegen der gegensätzlichen Interessen immer um Kräfteverhältnisse. Der abhängig Beschäftigte ist als Einzelperson im Regelfall nach wie vor dem Arbeitgeber (egal, ob Klein-, Mittel-, Großbertrieb oder Konzern) unterlegen. Um dieses Ungleichgewicht zumindest teilweise aufzuheben, können sich „Arbeitnehmer“ organisieren. Viele Menschen kommen auch ohne Organisation aus, profitieren aber dennoch von den gemeinsam erkämpften Errungenschaften wie Lohnfortzahlung im Krankheitsfall (IGM-Streik von fast 4 Monaten 1956) oder 5-Tage-Woche. Die Frage, ob der südeuropäische Arbeiter also, wie Dr.Karg schreibt, "seinen Lehrherrn" [Europas Bankenretter?] "achten" oder sich lieber organisieren und gemeinsam mit seinesgleichen für z.B. mehr Steuer“gerechtigkeit“ (evtl. ist er ja der Ansicht, daß auch Milliardäre und Multis Steuern zahlen müssen) kämpfen sollte, mag hier offen bleiben. Sorry, wenn das zu einem Vortrag ausgeartet ist. Viele Grüße Pfil |
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17.02.2015, 12:10 | #10 |
Gast
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Re: Europas Arbeitsmoral
Liebe Dichterfreunde,
tatsächlich gibt es (noch) so etwas wie ein christliches Arbeitsethos - ob man dies nun anerkennen will oder nicht. Und tatsächlich ist es so, dass der, der nicht entsprechend arbeitet, auch kein Geld hat. "Ohne Fleiß kein Preis." Das mag nicht jedem behagen - aber das ist Tatsache.... Herzliche Grüße H. H. Karg |
17.02.2015, 19:12 | #11 |
Hallo DrKarg,
was Du ansprichst, wollte ich nicht in Abrede stellen. Ich wollte einfach zusätzliche Aspekte einbringen, die in einem Gedicht nicht immer Platz finden können. Und Du hast ja eine schöne Diskussion angezettelt ... Noch ein Hinweis: Als wir für die Agenda 2010 weichgekocht werden sollten, wurden wir bombardiert mit Meldungen, die Deutschen seien Weltmeister im Krankfeiern, wir hätten die kürzesten Arbeitszeiten, den meisten Urlaub, die höchsten Löhne, … das könne so nicht weitergehen. Heute sind wir Vorbild für andere. Die Propagandamaschine läuft eben so, wie es interessierten Kreisen am besten in den Kram paßt. Viele Grüße Pfil |
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18.02.2015, 09:10 | #12 |
Leider, lieber Dr.Karg,
gibt es nicht mehr für jeden Arbeit! Das zu übersehen, zu leugnen und mit Arbeitsfleiß zu kaschieren, haut in eine Kerbe mit dem, was Pfil so schön mit Propagandamaschine beschrieben hat. Vielleicht fällt der Baum ja um, lange soll es bekanntlicherweise ja nicht mehr dauern. Liebe, liebe Grüße an alle |
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18.02.2015, 11:14 | #13 |
Gast
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Re: Europas Arbeitsmoral
Tremolo,
ja, das ist wirklich ein Problem! Und es gibt auf der intensiven Suche nach Bewerbern gerade in den MINT-Bereichen immer komplexere und kompliziertere Jobs, wobei durch die Online-Bestellungen natürlich auch die Kauf- und Warenhäuser um ihre Erträge und damit um die Jobs ihrer Verkäuferinnen bangen müssen. Deshalb kann man nur raten: Je höher sich ein junger Mensch qualifiziert - und zwar nicht in Nischenfächern und/oder in exotischen Berufen, wo man niemanden benötigt! -, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass er beschäftigt werden kann. Lieber Pil, danke für die klärenden Worte! Beste Grüße H. H. Karg |
18.02.2015, 16:11 | #14 |
Lieber Dr.Karg,
eine Gesellschaft, die ihre Mitglieder nicht integrieren kann, ist keine Gesellschaft, sie ist eine Kumulation aus Besitzenden und Besitzlosen. Die Stühle werden früh verteilt, der keinen hat, sitzt auf dem Boden und mit Vehemenz werden sie verteidigt, diese Stühle. Die Menschen können zwar aufstehen und gehen, doch nie können sie ewig laufen, irgendwann müssen sie wieder sitzen, dann kann es passieren, dass dort kein Boden mehr ist, vielleicht Schlamm oder Moor, vielleicht auch Schnee oder Meer, vielleicht auch heißer Wüstensand oder Fels auf dem man nicht sitzen kann, da kann man noch so fleißig sein, lieber Dr. Karg, alles, alles Liebe T. |
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18.02.2015, 16:38 | #15 | |
Forumsleitung
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Zitat:
Dort, wo Deine Ausführungen stimmen, muss ein Bewerber ein enorm hohes, gewinnversprechendes Potential vorweisen. Da ich in der Branche arbeite, gehe ich mal von Juristen aus: Aus dem Meer der hervorragend ausgebildeten Leute wird ein Bruchteil von den führenden Kanzleien herausgefiltert. Diese Leute sind noch relativ jung, haben bereits einen Doktortitel, Auslandserfahrung, sprechen neben ihrer Muttersprache mindestens noch zwei Fremdsprachen, haben sich in der Fachwelt bereits durch Publikationen einen Namen gemacht und sind durch Praktika, Ehrenämter und diverse fachliche Zugehörigkeiten weit vernetzt. Wer das alles nicht bringen kann, geht im großen im Bereich der "BMW"-Anwälte unter, so dass die Frage aufkommt, ob sich dafür eine lange Studienzeit und die Arbeit an einer Dissertation lohnt. Nur nebenbei bemerkt: In der Kanzlei, in der ich arbeite, hatten wir ein Jahr lang einen Mitarbeiter beschäftigt, der für das Anfertigen von Kopien, Bindearbeiten und die Wartung der Kopierer zuständig war. Er war vorher arbeitslos gewesen, brauchte aber noch einen Job bis zum Renteneintritt. Um nicht arbeitslos zu bleiben, hatte er diesen Job für einen zwar angemessenen, aber niedrigen Lohn angenommen, der in keinem Verhältnis zu dem stand, was er vor seiner Arbeitslosigkeit verdient hatte. Sein erlernter Beruf war Flugzeugingenieur. |
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18.02.2015, 19:14 | #16 | ||
abgemeldet
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Darüber hinaus erleben wir gerade eine enorme Zentralisierung der Berufe - Informatik und die angesprochene Jurisprudenz in den Akademien, Bürofachkräfte und Mechatroniker in den handwerklichen Betrieben. Die gesamte Wirtschaft wird die übersteigerte Anzahl möglicher Arbeitskräfte in keinem Falle ausreichend nutzen und das bedeutet, dass die Gesellschaft mit einem gewaltigen Anstieg der Arbeitslosigkeit rechnen muss. Eine ähnliche Situation finden wir vor 1789 in Frankreich, als sich junge Intellektuelle mit Gelegenheitsarbeiten ein ärmliches Leben finanzierten und die Tagelöhner - neben Bürgertum und Bourgeoisie - die Masse der städtischen Bevölkerung ausmachten.
Die zunehmende Visualisierung der Gesellschaft wirkt sich im Übrigen nicht weniger nachteilig aus - neben dem Absterben ganzer Berufszweige, deren Notwendigkeit durch die entstandene Technokratie mit einem Hammerschlag vernichtet wurde, werden die sozialen Triebe des Menschen nicht mehr durch die Arbeit, durch die Einfügung in die materielle, reale Gesellschaft befriedigt, sondern durch die virtuelle Welt - Arbeiten ist nicht bloß Mittel zu überleben, sie befriedigt auch die Forderung der menschlichen Psyche, sich in die Gesellschaft einzufügen. Je intensiver der virtuelle Konsum wird, desto weniger erfüllt die Arbeit an sich diesen Dienst, womit die Notwendigkeit nach Arbeit überhaupt ad absurdum geführt wird. Besehen wir uns die horrenden Lebenskosten, die daneben niedrigen Löhne, verliert Arbeit auch ihren Sinn als Mittel der erfolgreichen Lebensbestreitung. Handelt es sich in unserer Wirtschaft nicht um klassisches Kleinbürgertum, Gewerbetreibende, beziehen die Konzerne und Kapitalbesitzer ihre Arbeitskräfte aus den Reihen der Arbeitslosen, die für niedrigste Löhne ihre Kraft verkaufen und somit die Stütze der Konzerne bilden. Das jedoch führt unweigerlich zu einem Rückzug der Ausbildungs - und Anstellungsangebote. Zitat:
Zitat:
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18.02.2015, 19:56 | #17 | |
Forumsleitung
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Zitat:
Weiterhin ist anzumerken, dass die virtuelle Welt der breiten Masse bereits mit dem Buchdruck und der Erfindung des Kinos begann. Die Befähigung von immer mehr Menschen, das Lesen zu erlernen, sowie der Bau großer Lichtspielsäle befähigten sie, durch Roman und Film in fremde, künstliche Welten einzutauchen, und zwar völlig allein - ein Miteinander war nicht notwendig. Inzwischen beschäftigen sich die Leute mehr mit der virtuellen Welt als mit der realen: Zu den Romanen und Spielfilmen kamen Fernsehen, Computer, Internet, PC-Spiele, Smartphones, soziale Netze, Navigationsgeräte usw. hinzu. Manche Menschen sind nicht mehr in der Lage, eine Straßenkarte selbst zu deuten, und der sinnliche Bezug zu Materialien wie z.B. Papier geht seit der Vermarktung des E-Book mehr und mehr verloren. Das alles geht auf Kosten von Bewegung und Gesundheit. Was der Mensch heute dringend lernen muss, ist die Beschaffung eines Ausgleichs, sonst wird er trotz "high-sophisticated education" immer dümmer, lebensfremder, kränker und stumpfsinniger, wenn nicht gar depressiv. Vielleicht haben das etliche junge Leute schon kapiert, denn Strömungen sind überall zu bemerken, dass es ihnen mehr auf Lebensqualität statt auf Lebensstandard ankommt. |
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19.02.2015, 11:53 | #18 |
Gast
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Re: Europas Arbeitsmoral
Liebe Dichterfreunde, liebe Ilka-Maria,
für Eure ausgezeichneten und klugen Kommentare und Anschlussgedichte danke ich sehr. Es wird alles nicht leichter werden.... Herzliche Grüße H. H. Karg |
Lesezeichen für Europas Arbeitsmoral |
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europas arbeitsmoral |
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