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Lebensalltag, Natur und Universum Gedichte über den Lebensalltag, Universum, Pflanzen, Tiere und Jahreszeiten.

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Alt 23.11.2007, 01:39   #1
exmaex
 
Dabei seit: 04/2005
Beiträge: 362

Standard frost

zum strang im raum
der welt geastet

ein symmetrie-fest
nagen am plexi -
glas wächst über die
ohren / betäubend

lässt jenseits dem
blühen der kerzen
zuletzt doch noch
hände verwachsen
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Alt 24.11.2007, 03:58   #2
jule
 
Dabei seit: 07/2006
Beiträge: 378

Hey Max,

schön, endlich mal wieder was von dir zu lesen. Erster Eindruck: schwierig, aber zu interessant, es unkommentiert zu lassen und außerdem bietet es eine sehr schöne Abwechslung zu dem ständigen Interpretieren von romantischen (bisher nur Eichendorff-) Gedichten.

Zitat:
zum strang im raum
der welt geastet
Etwas, jemand, die Menscheit zieht endlich an einem Strang, ein Zusammenhalt entsteht, jedoch ist er steif, unecht, ja schwierig ("geastet"). Es wirkt positiv, von außen her, aber in Wirklichkeit fehlt noch eine Menge.


Zitat:
ein symmetrie-fest
nagen am plexi -
glas wächst über die
ohren / betäubend
Wunderbare Konstruktion. Zum einen ein "Symmetriefest", was auch wieder nach Perfektion etc. klingt, gleichzeitig ist das Ganze aber festgenagt und das auch noch am Plexiglas, welches zudem "angenagt" wird/ist und "über die ohren wächst", es also gewissermaßen zu viel wird, was gewollt ist, denn das Schlechte überwiegt. (Ach herrjee, was für ein Satz, entschuldige, aber es ist spät und dennoch hab ich keine Lust auf Schlafen...)
"ohrenbetäubend" lässt mich stark an Bauarbeiten denken. Verbunden mit dem Rest würde ich schlichtweg behaupten, dass es sich um die Arbeit am Leben des eigenen Ichs und ggf. auch der Welt handelt, allerdings eher oberflächlich.


Zitat:
lässt jenseits dem
blühen der kerzen
zuletzt doch noch
hände verwachsen
Das "Blühen der Kerzen" ist ein sehr schönes Bild. Die Kerzen werden nicht einfach nur entzündet, sie strahlen dadurch anscheinend noch etwas besonderes aus, was irgendwann mehr oder weniger seinen Hochpunkt erreicht, eine Atmosphäre, einen Geruch (wobei ich die Atmosphäre bevorzuge).
Doch die Hände verwachsen jenseits dieser Atmosphäre. Entweder die Kerzen sind schon fast abgebrannt, oder die Blüte (generell) ist schon länger/lange her und trotzdem können jetzt, in einer weniger rosigen Zeit, doch noch ein Ziel erreichen. "Hände verwachsen" lässt sich wunderbar wieder auf den "Strang" aus S1 beziehen. Doch nun mit Entwicklung: Es ist nicht alles, wie es sein sollte, dennoch wird sich ein Herz gefasst, Hände werden ergriffen, es wird sich gegenseitig geholfen/Menschen finden zueinander etc.

Formal finde ich es auch sehr gut. Gewissermaßen eine einleitende erste Strophe, eine besonders starke zweite und eine sich "leichter lesen lassende", dennoch sehr bildhafte dritte Strophe.

Wiedermal sehr gerne gelesen.

Liebe Grüße,
Jule
jule ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 24.11.2007, 14:59   #3
exmaex
 
Dabei seit: 04/2005
Beiträge: 362

hei jule,

ich freue mich immer wieder von dir zu lesen
hier hast du wieder eine sehr interessante und ausführliche interpretation geliefert, von der ich sehr überrascht bin, weil du mir viele dinge zeigst, die ich selbst so noch garnicht gesehen hab. lediglich bei der dritten strophe konvergieren unsere sichtweisen auf den text, bei der formellen betrachtung auch.

um ehrlich zu sein, bin ich deshalb aber etwas unzufrieden. meine intention beim schreiben war ja eine andere. wenn das zu oft vorkommt, zeigt mir das entweder, dass man zuviel assoziieren muss, es also in die beliebigkeit driftet und/oder dass ich einfach zu vermetaphert schreibe und die intention deshalb wieder mal auf der strecke bleibt (was hier vllt. gar nicht so schlimm ist, weil sie etwas banal ist (sehr titelbezogen)).

also
auch mal wieder sehr gern gelesen, deinen beitrag
lieben gruß maex
exmaex ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 24.11.2007, 15:43   #4
jule
 
Dabei seit: 07/2006
Beiträge: 378

Hey,

freut mich, dass es dich freut, von mir zu lesen

Hmm, versuche ich es mal mit einer weiteren Interpretation:
"ein symmetrie-fest/nagen" könnte auch bedeuten, dass zwei Menschen (ein Paar) auf einer Meinung beharren, jeder meint, er habe recht.
"(fest)nagen am plexi/glas": eine Glaswand, die diese Menschen voneinander trennt und gleichzeitig wieder Metapher für die Meinung, an der sie "hängen".
"glas wächst über die ohren": die eigene Verbohrtheit wird immer schlimmer, wächst den beiden über "die ohren" - den Kopf.
"ohrenbetäubend" lässt mich auf einen dazu lautstarken Streit schließen.
(Wenn ich wach bin, klingt das jetz für mich irgendwo auch schlüssiger)

So, das Ganze mit der ersten Strophe zu verbinden fällt mir gerade ein wenig schwer. Vielleicht ein Zusammengehören, eine Beziehung, die steif wurde, einfror (ums mal auf den Titel zu beziehen). Dann komme ich allerdings nicht ganz mit der Welt klar.

Die letzte Strophe stellt dann die Versöhnung dar.


Wieder daneben? Dann bitte ich um eine PN

Liebe Grüße
jule ist offline   Mit Zitat antworten
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