Beichte einer verhaltenskreativen Jugendlichen (reloaded)

[Schreibfan]

Ich habe das Gedicht schonmal hochgeladen und im Zuge einer Einreichung etwas verändert.
Triggerwarnung:
Explizite Gewaltdarstellung, nicht nachmachen
Beichte einer verhaltenskreativen Jugendlichen. Eine Moritaten-Ballade

Ich glaube ich muss mich erleichtern.
Ich hab etwas Schlimmes getan.
Denn gestern verhalf ich der Schwester
des nachts vor die Straßenbahn.

Ich wollt ihre Puppe kurz nehmen.
Da hat sie gezankt und geschrien.
Und mich in den Finger gebissen
Das hab ich ihr gar nicht verziehn.

Das folgende Schubsen und Treten
beendete Bahn Nummer drei
Mein Schwesterlein (Alter: zwei Jahre),
die wurde zu Babybrei.

Ich hab sie nachhause getragen.
Und dort hat sich niemand beschwert,
weil Mütterchen gern in Spelunken
und Vati im Laufhaus verkehrt.

Nur Fipsi hat Lunte gerochen
Er startete großes Gebell.
Da hab ich ein Messer gezogen.
Ich glaub... für ihn ging es schnell.

Sogleich hab ich Fips und die Schwester
gewaschen, gebraten, tranchiert
und beide mir selbst noch am Abend
als sehr spätes Dinner serviert.

Das ist der Beginn der Geschichte.
Doch was hab ich Schlimmes gemacht?
Ich aß meine Schwester mit Böhnchen
und hab dabei nicht bedacht,

dass Diese mich immer so quälen.
Es wundert nun in einem fort.
Ich muss mich jetzt wirklich erleichtern
und bin, falls wer fragt, beim Abort.



Copyright :Hannah May 25.02.19

[Schreibfan]

Anbei zum Vergleich das Original

Ich glaube ich muss mich erleichtern.
Ich hab etwas Schlimmes getan.
Denn gestern warf ich meine Schwester
des nachts vor die Straßenbahn.

Ich wollt ihre Puppe kurz nehmen.
Da hat sie gezankt und geschrien.
Und mich in den Finger gebissen
Das hab ich ihr gar nicht verziehn.

Das folgende Treten und Schubsen
beendete Bahn Nummer drei
Mein Schwesterlein (Alter: zwei Jahre),
die wurde zu Babybrei.

Ich hab sie nachhause genommen.
Und dort hat sich niemand beschwert,
weil Mama nachts gern in Spelunken
und Paps in Bordellen verkehrt.

Nur Fipsi hat Lunte gerochen
Er startete großes Gebell.
Da hab ich ein Messer gezogen.
Ich glaub für ihn ging es schnell

Ich hab dann den Fips und die Schwester
gewaschen, gebraten, tranchiert
und beide mir selbst noch am Abend
Als sehr spätes Dinner serviert.

Das war nun die Backroundgeschichte.
Doch was hab ich Schlimmes gemacht?
Ich aß meine Schwester mit Böhnchen
und hab dabei nicht bedacht,

das ich sowas gar nicht vertrage.
Nun windet es in einem fort.
Ich muss mich jetzt wirklich erleichtern
und bin, falls wer fragt, beim Abort.



Copyright :Hannah May 25.02.19

[Ilka-Maria]

Böse. Aber gut und mal etwas anderes. Am Rhythmus müsste noch gefeilt werden.

Ich habe übrigens schon einmal ein ähnlich grausames "Kinder"-Gedicht gelesen. Es ging darum, dass ein Kind eine geschlechtslose Puppe bekam mit dem Hinweis, Genitalien seien etwas Schmutziges und deshalb nicht erwünscht. Dann bekam das Kind ein Brüderchen, und in einer unbewachten Minute schnitt es dem Baby den Pimmel ab, so dass es verblutete. Die Eltern waren entsetzt, aber für das Kind war es okay.

LG
Ilka

[Schreibfan]

Hallo Ilka Maria. Danke fürs Schreiben.
Wo stimmt denn der Rhythmus nicht? Eigentlich sollten es überall Daktylen mit Auftakt sein. Hängt es noch irgendwo?

LG Schreibfan

[Ilka-Maria]

Es hakt schon in der ersten Strophe, und Daktylen sind es nicht:

Ich glaube ich muss mich erleichtern.
Ich hab etwas Schlimmes getan.
Denn gestern warf ich meine Schwester
des nachts vor die Straßenbahn.

Ich hätte es so geschrieben:

Ich glaube, ich muss mich erleichtern,
denn Schlimmes habe ich getan:
Erst gestern warf ich meine Schwester
des nachts vor eine Straßenbahn.

[Schreibfan]

Du hast das Original gelesen, liebe Ilka Maria. Ging auch nicht anders, denn die neue Version wurde mir offensichtlich in meinem ersten Post abgeschnitten. Nun habe ich sie wieder eingefügt. Die alte Version hat wirklich geholpert, die neue habe ich dahingehend verbessert (hoffe ich)

[Ilka-Maria]

Zitat von Schreibfan

Du hast das Original gelesen, liebe Ilka Maria.

Nö, nicht dass ich wüsste. Kann mich an dergleichen nicht einmal erinnern.

[Schreibfan]

Doch, es war das Original. Das hattest Du auch schonmal kommentiert. Ich habe heute früh die bearbeitete Version eingestellt und dann in einem ersten Kommentar das Original zum Vergleich. Als ich dann deinen Kommentar gelesen hatte habe ich mich gewundert und festgestellt, dass die Technik nur die Einführung bis zur Triggerwarnung gepostet hat, der Rest war abgeschnitten. Jetzt habe ich die aktuelle Version wieder eingefügt. Man kann sie jetzt also wieder ganz normal lesen und der erste Kommentar von mir, dass ist dann die originale Version

[Ilka-Maria]

Ach so, früher einmal. Ich dachte, du meinstest es auf jetzt bezogen. Wäre gut gewesen, einen Link zur Urfassung einzustellen, um vergleichen zu können.

[Schreibfan]

Nochmal zum Verständnis: gepostet ist jetzt die neue Version und darunter im ersten Kommentar die alte Version. Alles in diesem Thread

[Ilka-Maria]

Alles klar. Den zweiten Post hatte ich übersehen.

Ich glaube ich muss mich erleichtern.
Ich hab etwas Schlimmes getan.
Denn verhalf ich der Schwester
des nachts vor die Straßenbahn.

Stand hier zunächst nicht "warf ich die Schwester" anstatt "verhalf ich der Schwester"? "Verhalf" klingt recht verharmlosend. Von helfen würde ich bei einer Gewalttat nicht sprechen, es sei denn, es soll zynisch klingen.

Leider wechselt der dritte Vers vom Jambus in den Trochäus. Dadurch wird der Lesefluss gebremst. Auch ist der dritte Vers zu kurz geraten.

Ich wollt ihre Puppe kurz nehmen.
Da hat sie gezankt und geschrien.
Und mich in den Finger gebissen
Das hab ich ihr gar nicht verziehn.

Das "gar nicht" passt nicht recht in den Kontext und scheint dem Rhythmus geschuldet zu sein. Einfacher wäre gewesen: "Das habe ich ihr nicht verziehn."

Das folgende Schubsen und Treten
beendete Bahn Nummer drei
Mein Schwesterlein (Alter: zwei Jahre),
die wurde zu Babybrei.

Bei "Nummer drei" stellt sich die Frage, ob die potentielle Täterin die dritte Bahn abgewartet hat, um die Schwester vor sie zu schubsen, was aber unwahrscheinlich ist. Gemeint ist wohl eher:

"... beendete Bahn Linie drei ..."

LG
Ilka

[dunkler Traum]

... gelegentlich leicht stolpernd gern gelesen.
Von den ...tylen hab ich keine Ahnung, ich weiß nur, es soll sie geben.

wsT
dT

[Schreibfan]

Liebe Ilka Maria, lieber dunkler Traum.
Danke euch für die Rückmeldungen. Wo genau holperst du dunkler Traum?

Ich mag holpern nicht und würde das verändern, solltest du Recht haben.

Ilka Maria, ich kann keine Trochaen und Jamben finden.

In dem Original Post vor ein paar Jahren hast du den Rhythmus selbst (vor mir noch) als Daktylus mit Auftakt analysiert.

Hier ein Auszug aus deinem Kommentar von damals:

"
xXxxXxxXx
xXxxXxxX
xXxxXxxXx
xXxxXxx

Meiner Meinung nach handelt es sich um Daktylen"

Holperst es in dieser Lesart immer noch? Denn diesen Rhythmus habe ich versucht bei zu behalten.

Zum Wort "verhalf" : ein wenig hadere ich auch damit. Weniger weil es zu harmlos ist (tatsächlich würde ich es zynisch lesen) sondern weil man ja eigentlich sagt "Jemanden zu etwas verhelfen ". Aber an anderer Stelle wurde kritisiert, dass "gestern warf ich meine Schwester " einerseits die Situation zu früh aufdeckt und man andrerseits das Wort "ich" gegen das Sprachgefühl betonen muss um im (Daktylus) Rhythmus zu bleiben. Das konnte ich irgendwo nachvollziehen

[Ilka-Maria]

Zitat von Schreibfan

Ilka Maria, ich kann keine Trochaen und Jamben finden.

Das ganze Gedicht beruht auf Jamben. Aber hier, in dieser Neuversion:

Denn verhalf ich der Schwester
des nachts vor die Straßenbahn.

liegt die Betonung auf der ersten Silbe bzw. dem ersten Wort. Es ist also ein Trochäus. Ihm folgt dann ein Daktylus: "... verhalf ich der Schwester" = xXxxXx. Du hättest schreiben können: "Denn ich verhalf der Schwester ...". Dann wäre der Vers im Jambus geblieben.

[Schreibfan]

Da steht "denn gestern verhalf ich der Schwester"

[Heinz]

Liebe Schreibfan,
liebe Ilka-Maria,
irgendwie habe ich das Gefühl, dass Ihr beide mit "Daktylen mit Auftakt" und Jambenanklängen auf dem Holzweg seid.

Ich glaube ich muss mich erleichtern.
Ich hab etwas Schlimmes getan.
Denn gestern verhalf ich der Schwester
des nachts vor die Straßenbahn.

ließe sich auch so xsen:

xXx xXx xXx
xXx xXx xX
xXx xXx xXx
xXx xXx X --------- da hinkt nur der letzte Vers und wir wäre bei Amphibrachien.

Ich wollt ihre Puppe kurz nehmen.
Da hat sie gezankt und geschrien.
Und mich in den Finger gebissen
Das hab ich ihr gar nicht verziehn.

xXx xXx xXx vielleicht flüssiger: Ich wollte die Puppe ihr nehmen
xXx xXx xX
xXx xXx xXx
xXx xXx xX

Ein bisschen erschauert,
Heinz

[Ilka-Maria]

Zitat von Heinz

Liebe Schreibfan,
liebe Ilka-Maria,
irgendwie habe ich das Gefühl, dass Ihr beide mit "Daktylen mit Auftakt" und Jambenanklängen auf dem Holzweg seid.

Nee, ich hatte wohl eine alte Version kopiert, die mittlerweile umgeschrieben wurde. Ist also überholt.

[MonoTon]

Ich kann nicht lesen was Heinz schreibt, aber was da zitiert wurde unterstütze ich.
Der vorliegende Versfuß des Amphibrach xXx sollte hier strenger beachtet werden.
Es wird nicht nach Daktylen im Auftakt (x)Xxx, Jamben xX oder Trochäen Xx gesucht oder gefragt.

Lg Mono

[dunkler Traum]

... "Straßenbahn" und "Babybrei" musste ich ungewöhnlich betonen und: "und hab dabei nicht bedacht," brachte mich ins stolpern. Mit ein wenig Übung kriege ich es beim Rezitieren hin, doch beim ersten und zweiten Lesen holperts.

dT