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10.11.2009, 22:28 | #1 |
Mein Leben
„Mein Leben?“
Begleitet von einer dichten Wolke aus Zigarettenrauch hauchte er diese Worte in die Kälte des Spätherbstes. In der weitläufigen Industrieanlage erzeugten sie einen blechernen Nachhall. Nach einem weiteren tiefen Lungenzug fuhr er fort: „Ich bin doch nichts anderes als ein Schiffbrüchiger im tintenschwarzen Meer der Lethargie. Kein Ufer in Sicht, ich kann nichts tun als mich zappelnd an der Oberfläche halten und hoffen, dass eines Tages ein Rettungsboot kommt, welches mich aufliest. Es kommt aber nicht.“ Sein Gegenüber wischte sich mit einem fleckigen Taschentuch glänzende Schweißtropfen von der Stirn. Quälende Sekunden der Stille. „Sie haben ein SOS-Signal abgesendet und ich habe es vernommen. Kommen Sie, reichen Sie mir die Hand. Ich ziehe Sie raus aus diesem Meer.“, versicherte er schließlich hastig mit dem angestrengten Versuch eines Lächelns. Doch einen Blick in dessen zitternde Pupillen werfend, wusste der Raucher, dass auch dort keine Hoffnung mehr zu finden war. „Ich will nicht mehr schwimmen, ich will schweben“, erwiderte er jetzt sehr gefasst, während seine Augen einem Vogelschwarm in die Ferne folgten. Als dieser aus seinem Sichtfeld verschwand, schnippte er den glühenden Stummel in hohem Bogen zur Seite. Denn er brauchte Platz zwischen seinen Lippen für das kalte Stahlrohr. Wieder musste der Nervöse sein Tuch aus der Tasche ziehen, doch diesmal trocknete er damit die feinen, dunkelroten Tröpfchen, welche ein bizarres Muster auf sein bleiches Gesicht zeichneten. Die Mündung der Waffe war das einzige, was nun rauchte. |
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10.11.2009, 22:36 | #2 |
>>...was er nun rauchte. << Da hast du nehme ich mal an ein Wort vergessen oder ich habe es falsch verstanden.
Diese Geschichte hat was muss ich sagen. Ich hatte nur im ersten Moment so meine Schwierigkeiten, mir vorzustellen, dass sich jemand ein Stahlrohr in den Hals schiebt. Naja, ich nehme mal an, dass ich das falsche Größenmaß in meiner Vorstellung verwendet habe. Wie gesagt, sie hat was. |
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10.11.2009, 22:42 | #3 |
OK, ich glaube du hast sie nicht ganz verstanden:
Das Stahlrohr soll der Lauf der Waffe sein, die er sich in den Mund schiebt. Nachdem er abgedrückt hat, kommt vorne aus der Mündung noch ein wenig Rauch von der Explosion der Treibladung raus. Ich hoffe, es ist nun klar geworden. Vielen Dank für das Lesen und den Kommentar. |
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11.11.2009, 22:12 | #4 |
Ja jetzt ist es klar.
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24.11.2009, 22:13 | #5 |
"Mein Leben?"
Hallo,
eine düstere Geschichte und Gänsehaut kommt auf. Deswegen textlich ziemlich gut. Aber: Titel (trotz Frageform) eher fragwürdig (sic),denn er hat ja einen Lebensweg hinter sich. Mehrere Brüche. Der Gegenüber hat ja den Appell immerhin aufgenommen und reicht die eigentlich ersehnte Hand. Dass er selber Angst hat, kann ihn (wohl) kaum disqualifizieren. Die Gründe der Verzweiflung bleiben verborgen bzw. nebulös.Die gereichte Hand bildete trotz allem einen Hoffnungsschimmer. Die Selbstwahl bleibt natürlich erhalten,aber das Ende impliziert ja, dass der Suizid der einzige Ausweg sei, was anders als z. B bei Sokrates unannehmbar ist bzw. sich hier, auch philosophisch, nicht darstellt. LG von luna K |
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24.11.2009, 22:55 | #6 |
Hallo Luna K,
zunächst ein mal vielen Dank für das Lesen und den Kommentar. Dann möchte ich gleich mal auf die Kritik eingehen: - Über den Titel habe ich mir, wie so oft, keine größeren Gedanken gemacht. Es ist lediglich die erste Zeile des Textes, also vielmehr der Threadtitel als die Überschrift des Textes. Ich muss ehrlich zugeben, dass ich es nicht so mit Überschriften habe, vielleicht fällt mir noch eine geeignete ein. - "Die Gründe der Verzweiflung bleiben verborgen", da hast du vollkommen Recht. War aber auch so gewollt. Ich hatte nicht vor, eine psychologische Fallstudie vorzunehmen, sondern lediglich eine Situation schildern. Wie es dazu kam, liegt in der Fantasie des Lesers. - Dass ich nur eine Situation darstellen wollte, bedeutet auch, dass ich mit dem Text den Selbstmord nicht unbedingt als "Lösung" impliziert habe. Es entsteht doch eher ein Konflikt zwischen den Protagonisten: Der eine sieht keinen Ausweg, der andere schon. Man könnte nun natürlich anmerken, dass der Handreicher nervös und somit negativer als der ruhige Selbstmörder beschrieben wird. Aber gerade damit wollte ich aufzeigen, dass der Suizid nur für den betreffenden eine Lösung ist, für andere hingegen (den Schwitzenden kann man hier auch allgemein als die Gesellschaft auslegen) ist er etwas sehr belastendes. Freut mich, dass ich bei dir Gänsehaut erzeugen konnte. Grüße. |
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07.12.2009, 18:40 | #7 |
Revanche ;)
Hallo Phobipp,
Erst Einmal danke für deine Kritik, fand ich gut. Und jetzt zu deiner Geschiche. Auf eine andere Art und Weise fand ich deine Geschichte noch schmalziger als die meine. Se ließt sich butterweich und Formulierungen wie im "tintenschwarzen Meer der Lethargie" finde ich zwar sprachlich sehr gelungen und sie regen zum Nachdenken an, aber die Atmosphäre des abschließenden Gedankenganges stört es ziemlich. Alles in allem finde ich sie aber sehr gelungen, vielleicht eben doch einen Tucken zu weich zu lesen, jedoch durchweg fesselnd und interessant. Gern gelesen. Grüße |
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08.12.2009, 20:57 | #8 |
Hallo Lodric,
vielen Dank fürs Revanchieren. "tintenschwarzen Meer der Lethargie" ist genau die Metapher, die mir noch vor der Handlung im Kopf umhergeschwirrt ist und um die ich dann die eigentliche Geschichte herum konstruiert habe. Vielleicht kommt auch daher der von dir angesprochene "Schmalz". "Sie liest sich butterweich" empfinde ich als ein sehr schönes Lob, auch wenn der Text dir letztendlich vielleicht ein bisschen zu weich ist. Freut mich jedenfalls, dass es dir gefallen hat. Grüße. |
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09.12.2009, 10:50 | #9 | ||
Hallo Phobipp,
ich finde den Text interessant, auch wenn ich das tintenschwarze Meer der Lethargie auch als etwas zu opulent erachte, es wirkt künstlich in dieser Situation des Suizidalen. Aber die Bilder, vom Tiefseegang zum Höhenflug durch den Tod, das hat mir sehr gut gefallen. Auch die kleinen Bilder wie z.B. dieses Fragment: Zitat:
Zitat:
Ich würde mir wünschen, dass das nur ein kleines Stück aus einem größeren Werk wäre, könnte mir vorstellen, dass dort Deine Story anfinge und ein Rückblick auf das Leben stattfände oder aber dass es das Ende einer längeren Geschichte wäre oder würde. Also ... Fazit: Gern gelesen, hat mir gut gefallen - bis auf die Opulenz (s.o.) Grüße Hanna |
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09.12.2009, 15:59 | #10 |
Hallo Hanna,
also bisher ist eine Fortsetzung noch nicht geplant. Da die Geschichte aber scheinbar gut ankommt, werde ich mir mal Gedanken dazu machen. Ansonsten vielen Dank für den Kommentar und das Gefallen. Grüße. |
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