Die Fledermaus bei Poetry.de

urluberlu · 26.09.2015, 09:55

Die Fledermaus stürzt furios auf die weisse Zimmerwand zu und prallt am eingebauten Radarschirm ab, noch ehe ich ihren Schatten über die Weisse Wand flattern sehen könnte. Zumindest brennt das der Schein der Nachttischlampe auf die Platte. Javier Marias wiegt schon schwer in den Fingern, welche einer schläfrigen Hand zu entfallen drohen. Es gibt Bücher, die bewegen sich bei jedem erneuten Anlauf noch schwerfälliger als je zuvor durch die Lesen-im-Schlaf-Komfortzone, und trotzdem kann man sie nicht festhalten. Aber ich stelle mir vor, dass ich es schaffe, den Flieger vor meinem Gesicht einzufangen, ihn eingehend zu betrachten, ihn nach seiner Lieblingslektüre zu befragen. Und tatsächlich: Die Maus klickt sich ein, unterwirft sich den Regeln, die ich mir auslese und pendelt in einem festen Bereich zwischen einem Punkt vor dem Fenster und und einem Punkt vor der Wand hin und her, hin und her, hin und her... Javier Marias, take XXIII, bricht ab, die Finger folgen keinem Befehl mehr, doch die Augen fixieren dieses Flugobjekt, hypnotisieren es, bannen es auf seine Pendelbahn. Wer ist handelnd? Wer ist leidend? Letzter bewusster Akt: Lampe mit letzter Fingerkraft löschen, mir vorstellen, wie der verschwundene Flatterer lautlos durchs Dunkel und den Fensterrahmen hindurch das Weite der Nacht gesucht hat. Nicht bemerkt und doch nicht unbemerkt. Am nächsten Morgen liegt das Buch neben dem Bett auf dem Parkett. Ob ich noch einen Versuch wage? Oder war das das Beste, was ich erwarten durfte?

26.09.2015, 09:55	#1
urluberlu R.I.P. Dabei seit: 07/2014 Alter: 73 Beiträge: 2.273 Meine Geschichten	Die Fledermaus Die Fledermaus stürzt furios auf die weisse Zimmerwand zu und prallt am eingebauten Radarschirm ab, noch ehe ich ihren Schatten über die Weisse Wand flattern sehen könnte. Zumindest brennt das der Schein der Nachttischlampe auf die Platte. Javier Marias wiegt schon schwer in den Fingern, welche einer schläfrigen Hand zu entfallen drohen. Es gibt Bücher, die bewegen sich bei jedem erneuten Anlauf noch schwerfälliger als je zuvor durch die Lesen-im-Schlaf-Komfortzone, und trotzdem kann man sie nicht festhalten. Aber ich stelle mir vor, dass ich es schaffe, den Flieger vor meinem Gesicht einzufangen, ihn eingehend zu betrachten, ihn nach seiner Lieblingslektüre zu befragen. Und tatsächlich: Die Maus klickt sich ein, unterwirft sich den Regeln, die ich mir auslese und pendelt in einem festen Bereich zwischen einem Punkt vor dem Fenster und und einem Punkt vor der Wand hin und her, hin und her, hin und her... Javier Marias, take XXIII, bricht ab, die Finger folgen keinem Befehl mehr, doch die Augen fixieren dieses Flugobjekt, hypnotisieren es, bannen es auf seine Pendelbahn. Wer ist handelnd? Wer ist leidend? Letzter bewusster Akt: Lampe mit letzter Fingerkraft löschen, mir vorstellen, wie der verschwundene Flatterer lautlos durchs Dunkel und den Fensterrahmen hindurch das Weite der Nacht gesucht hat. Nicht bemerkt und doch nicht unbemerkt. Am nächsten Morgen liegt das Buch neben dem Bett auf dem Parkett. Ob ich noch einen Versuch wage? Oder war das das Beste, was ich erwarten durfte?