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Sonstiges und Experimentelles Andersartige, experimentelle Texte und sonstige Querschläger.

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Alt 03.09.2007, 21:42   #1
keinende
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Standard Ob das Gefühl eigensinnig ist

Ich weiß, das ist sehr viel, aber wusste nicht, wohin damit. Ich habe den letzten Teil herausgenommen, den stell ich vielleicht später, falls jemand die Geschichte mag, rein. Vielleicht will das ja jemand lesen. Das würde mich freuen.

Grüße,
keinende


Ob das Gefühl eigensinnig ist

Ansehen

Da stand sie nun vor mir und sah wunderschön aus. Sie trug halbdurchsichtige schwarze Strumpfhosen, einen über den Knien endenden beigen Rock, der vorne eine Reihe großer Knöpfe hatte und sich wie eine kleine Glocke um ihre Hüften schmiegte. Dazu hatte sie ein kurz über der Taille endendes enges schwarzes T-Shirt an, das leicht anrüchig wirkte, obwohl es nicht viel zeigte. Es hatte einen leichten Ausschnitt, der ihre kleinen runden Brüste gekonnt betonte. Ich dachte daran, dass man ihr in den Ausschnitt gucken konnte, wenn man neben ihr saß. Sie hatte eine wunderschöne Figur mit Wespentaille und flachem Bauch. Ich blickte weiter ihren schlanken Hals hoch über ihre vollen roten Lippen, die unbewegt da lagen, so als ob sie sich nie wieder bewegen würden. Ich blickte weiter hoch in ihre Augen, die ein unbeschreibliches schönes einzigartiges Blau hatten. Sie hatten die Farbe des Meeres, wenn es saftig in halbdunklen Blau und übermütiger Laune da lag, um Menschen zum Baden zu locken. Doch ihre Augen blickten traurig. Vielleicht war ein wenig Wut und Stress mit darin. Ich erinnerte mich daran, wie sie mir ständig sagte, sie sei leer und kaputt. Mich durchbohrte das schlechte Gewissen, als ich dachte, dass diese Beschreibung passt. Die Leere blickte aus ihren Augen. Die Leere resultierte aus Verzweiflung, Kraftlosigkeit und nicht weiter wissen. Ich glaube, ich lüge mich an. Die Leere resultierte aus Enttäuschung, Schmerz, Leid und Verlust.
Diese Leere ließ wenig Licht erhoffen.
Ich weiß nicht, ob ich ihr wirklich böse sein kann oder überhaupt darf. Ich habe ihr großen Schmerz zugefügt, das weiß ich, ich hatte leider keine Wahl, wollte ihr helfen und würde lieber selber dieses Leid tragen, da sollte sie verzweifeln dürfen. Wahrscheinlich bin ich wieder zu ungeduldig mit ihr. Ich will, dass sie da wieder heraus kommt. Es kann doch nicht wegen mir ihre Welt zusammen brechen. Ich möchte, dass sie wieder nach vorn sehen kann und weiter dieses bezaubernde Lächeln zeigt. Ich will nicht der Grund für ihr dahinvegetierendes Leben sein. Schuld habe ich nicht. Das sagt sie zum Glück selber auch. Ich denke, ich hatte Angst, mir nur einzureden, dass ich keine Schuld habe. Doch es ist nicht meine Schuld. Wer kann etwas für seine Gefühle?
Sie hat tiefe schwarze Augenringe, die in ihre blauen Augen übergehen und in ihrer Pupille enden. Selbst ihre Augen sind ein Loch. Sie hat sich vollkommen in einer dunklen Tiefe verschanzt. Wut und Enttäuschung, das musste ich mir eingestehen, die waren einfach da in ihren Augen. Eigentlich will ich nicht, dass sie von mir enttäuscht ist, doch das konnte ich wohl nicht verhindern. Meiner Meinung nach ist Wut gut, aber meine Wut ist auch immer sehr stark, daher ist der Effekt sehr groß. Sie sagt, sie wolle mich nicht hassen, weil dann die ganze Zeit und vor allem alles Gegebene verloren ist. Sie will diese Wut nicht. In dieser Wut wird sie nur noch kleiner, weil sie dann ihrem Urteil nicht mehr trauen kann. Das hat sie gesagt, in manchen Momenten zweifelt sie an ihrem Verstand der Erinnerung und ihrem Einfühlvermögen der Menschenkenntnis. Vielleicht ist sie ein Mensch, dem die Wut nicht hilft. Doch bestimmt hilft ihr nur diese Wut nicht. Das sagt sie jedenfalls. Diese Wut und diese Enttäuschung, wenn es auch nur eine Spur ist, machen sie noch verbitterter. Sie ist doch noch so jung. Sie fühlt sich fünfzig Jahre älter, sagt sie. Ja, ihre Augen wirken alt, weil sie so viel Schmerz ausstrahlen.
Dieser Schmerz. Ich wünschte, ich hätte es verhindern können. Der Schmerz, durch den sie den Sinn am Leben, die Freunde am Leben und das Lachen verloren hat. Sie wünscht sich Schönes, Gutes und Positives. Doch wenn sie nach vorn blickt, und sie hat mir oft genug gesagt, dass sie doch weiter will, dann sieht sie nur Sinnloses, das ihr keine Freude macht. Sie ist ein toller Mensch. Sie meint, ihr Festhalten an ihren Werten bringt sie um. Ja, sie sagt sie stirbt innerlich. Vielleicht muss man den Tod sterben, ihr Tod, wenn sie ihr Bild von Gefühlen verliert. Sie will ihn nicht sterben. Sie hat die Liebe schnell aufgegeben, obwohl sie immer noch liebt. Wie sie sagt. Nun will sie Festhalten an Freundschaft und Vertrauen, das ihr weiterhelfen kann. Ich bin der Meinung, sie darf nicht mehr fühlen, wenn das funktionieren soll. Ich will mich nicht immer schlecht fühlen in ihrer Gegenwart. Sie ist ein Mensch, dem ich mich sehr geöffnet habe.
Diese Trauer in ihren Augen, darin sehe ich es. Das ist ihre Liebe, ihr Gefühl. Diese Trauer. Sie überschattet ihre ganzen Augen, das ganze Blau ist ein trauriges Blau. Eigentlich ist sie von Herzen ein froher Mensch, sie sollte nicht so leiden. Doch ich glaube, das hat sie sich selbst ausgesucht. Jetzt würde sie sagen, dass sie sich also entschieden hat, und jeder trifft letztendlich seine Entscheidungen immer nur selbst und alleine, daher müsse ich mich nicht schlecht fühlen und könne ihr einfach ehrlich gegenüber versuchen mich ihr zu öffnen. Ich weiß nicht, was ich mit ihr machen soll. Fast fühle ich mich schlecht für meine Gefühle. Doch was kann ich dafür? Ich kann sie nicht ändern. Sie ist wunderschön und wundervoll. Sie ist ein ganz besonderer Mensch. Zeig dich doch nicht nur mir!
Ihre Augen. Diese wunderschönen blauen Augen. Wie sie mich einst angestrahlt haben, sie haben geleuchtet und ihr wundervolles Lächeln wiedergespiegelt. Ihre blauen Augen haben ihre Seele und ihr Herz gezeigt. Jetzt sehe ich in ihre Augen, sie strahlen immer noch, doch sie sind traurig. Jedes Glück und jedes Licht scheint gewichen. Sie sind blau, doch sie sollten schwarz sein.

Versuch

Obwohl ich ihre Augen betrachtet hatte, habe ich irgendwie nicht bemerkt, dass sie zu weinen anfing. Ein stilles schleichendes Weinen. Bevor sie wegfuhr hatte sie krampfhaft, laut schluchzend und manchmal schreiend geweint. Das hatte mich fertig gemacht. Ihre Augen waren nur eine reine aufgewühlte Masse gewesen, wie ein Seesturm. Allerdings kein faszinierender oder irgendeiner Weise mächtiger, sondern ein tötender, nicht absichtlich, aber dennoch. Dieser Meeresstorm hat sich auch selbst umgebracht. Es hat mich fertig gemacht und ich musste fliehen, wie sie es vielleicht beschrieben hätte.
Wieder verschwammen ihre Augen, als sie ihr Gesicht zum Weinen verzerrte und die Tränen nicht mehr zurückhalten konnte. Sie machte sich ganz klein. Wie konnte sie nur? Ich konnte das nicht mit ansehen.
Ich nahm sie in den Arm. Oh Gott, flüsterte sie und hielt sich ganz fest an mir fest und schluchzte herzzerreißend. Oh bitte festhalten, flehte sie. Sie wiederholte das immer wieder, weswegen ich meine Hand um ihren Kopf schloss, um sie zu beruhigen. Sie wieder stiller. Ich weiß nicht mehr, wie lange ich sie festhielt. Aber sie weinte eine ganze Weile, sich viel von der Seele, fragte warum, weinte, sie könne das nicht fassen. Doch irgendwie war es bedeutungslos, was sie sagte. Ich merkte, sie wollte selber die Worte unterdrücken.

Die Frage, zu der man sich entschließen soll

Sie löste sich von mir und blickte mir mit getrübtem Blau, das schnell seine Farbe wiedersuchte, an. Sie lächelte verlegen und ich sah, wie sie versuchte stark zu sein. Das gefiel mir, leider machte sie sich immer noch klein.
Als sie sagte, es tue ihr leid, erklärte ich sofort, das müsse es nicht. Ihre Augen flackerten. Ein Dunkel zog sich über ihr Blau bis hinein in ihre Augenringe, die anscheinend zu ihren Augen dazugehörten. Sie werde sich nicht ständig zurück halten können, erklärte sie mir, daher sei es die Frage, ob wir versuchen sollten weiter zu machen und nicht über Leid sprechen oder den Schmerz rauslassen, aber sie habe Angst, dass dann alles noch schlimmer würde. Sie erzählte mir von ihrem Leid in der letzten Zeit, alles floss durch mich hindurch, und es tat mir weh. Ihr Blau flimmerte, wird sie verrückt, fragte ich mich. Ein verklärter Vorhang bildete sich vor ihrem Blick, als distanziere sie sich von mir. Sie könne nicht mehr. Sie brauche dringend Hilfe. Wahrscheinlich könne ihr niemand so sehr helfen wie ich.
Wieder ich, war mein Gedanke, jetzt muss ich entscheiden. Wie als Antwort sagte sie mir, sie habe lange darüber nachgedacht und wüsste es nicht. Aber ich wusste es auch nicht. Ich wollte nicht in die Hölle zurück. Ich sah die Angst in ihren Augen, diese schreckliche Angst. Alles Schwarz ihrer Augen breitete sich aus, das Blau verklärte sich, ihre Pupillen wurden unheimlich tief, als könnte man hinein fallen und sah doch keinen Boden. Meiner Meinung nach brauchte sie einen Weg, um weiter zu machen. Aber was will ich. Auf jeden Fall nicht wieder diesen Horror, ich habe Angst vor dem Gefühl, vielleicht vor ihren Anschuldigungen, alles sei meine Schuld. Wahrscheinlich habe ich vieles falsch gemacht, sicher sogar, ich habe darüber nachgedacht, aber es war keine Absicht, weil ich Angst hatte und vorallem schlicht und einfach nicht wusste wie. Manchmal kommt mir das heute noch vor wie ein Alptraum, aus dem ich erwachen muss. Aber es ist so, meine Entscheidung war richtig. Ich wusste ganz genau, dass es schwer werden würde wie sie. Doch ich dachte so schwer, oder hoffte nicht so schwer. Sie meinte später zu mir, ich hätte es gewusst. Ja, damit hat sie recht. Warum ist das nur so passiert? Ich wollte es selber nichts, aber ich kann leider nichts dafür. Ansonsten würde ich es ändern.
Wir sollten versuchen miteinander zu reden und uns langsam zu nähern, später im Guten könnten wir über alles reden, denn nun war alles passiert und ist nicht mehr zu ändern, wir müssten damit leben, beschloss ich und sagte das zu ihr. Ob ich dabei auch an sie gedacht habe, fragte sie mich. Ich fragte sie, wie sie das meine. Sie meinte, ob sie das zu meinem Wohl oder zu ihrem Wohl entschieden habe. Ich machte den Mund auf, um ihr zu erklären, dass ich ihr helfen wolle und denke, für sie sei das Beste, sich davon zu lösen, aber ich verwarf das wieder, da sie Ehrlichkeit erwartete und daher sollte ich nicht um den heißen Brei reden. Ich tue nichts, wenn ich mich nicht dazu in der Lage fühle, antwortete ich ihr. Sie nickte, ihre Augen vielen, das Blau dunkelte so schnell, eine Träne schoss in die Höhe und sie schloss schmerzvoll ihre Augen. Sie nickte, bitte, denke auch an mich, sagte sie zu mir, ich solle auch auf sie eingehen und nicht meine ich-bezogene Seite, die ich bei mir finden will, an ihr ausexperimentieren. Sie sei kein Fußabtreter meiner Gefühle. Das setzte mir einen Stich ins Herz, doch ich wollte nichts dazu sagen.
Sie fiel nochmal auf meine Brust und umarmte mich. Ich drückte sie fest. Ich solle ihr nichts vorspielen, ehrlich und lieb zu ihr sein und sie schlug vor, raus zu gehen, sie fühle sich hier drin nicht wohl. Ihre Augen hatten die Farbe dieses für sie typische und einzigartig schöne Himmelblau angenommen. In ihren Augen standen Verzweiflung, Angst und Mut.

Der Tag

Wir verbrachten den Tag miteinander, ohne dass ich sagen könnte, wir hätten viel gemacht. Dennoch war er sehr schön. Sie schlug vor an den Fluss zu gehen. Ich war einverstanden, ich wollte nur die traurigen Augen nicht mehr sehen, daher hätte ich zu allem ja gesagt. Ich wusste, dass sie nicht wirklich spazieren wollte, schnell gingen wir auf die Stelle zu, an der wir nachts immer gesessen hatten. Wir setzten uns auf den Stein ans Ufer. Die Sonne stand schon tief, sodass alles in ein dunkelgelbes Licht getaucht war. Die fließende Strömung wirkte seltsam klar und sah nicht mehr aus wie eine braune Brühe, sondern gewann ihr Blau zurück. Ein sehr dunkles Blau. Ich sah sie von der Seite an, sie blickte mir in die Augen. Ja, sie passte hierhin, sie passte zum Wasser. Hier an der frischen Luft wirkten auch ihre Augen seltsam klar, ihr Blau war wunderschön leuchtend und unergründlich, als käme niemand an sie ran, genau wie niemand die Geheimnisse des Flusses erfahren würde, doch ihr Blau war rein. Das Blau des Flusses war trotz aller Empfänglichkeit dreckig. Ihr Blau war rein. Wie ihre Seele, musste ich unverzüglich denken.
Ob ich noch wisse, wie wir hier saßen, und sie sagte, wir würden nie wieder hier sitzen und ich geantwortet hatte, nicht nie wieder, fragte sie mich. Daran erinnerte ich mich und nickte. Deswegen hatte sie hier hin gewollt, damit es nicht war würde, was sie damals so sehr befürchtet hatte, aber es würde sich nicht so anfühlen, sagte sie. Das tat mir so schrecklich Leid. Dies waren die einzigen Worte, die an diesem Tag an die Vergangenheit erinnerten.
Sie fragte mich lediglich noch, ob ich sie in den Arm nehmen könne, ohne dass das schlimm sei. Ganz ehrlich empfand ich das wirklich nicht so und legte meinen Arm um sie. Sie legte den Kopf an meine Schulter. Ich dachte, sie würde näher an mich heran rücken.
Bald schlug sie vor in die Stadt zu gehen. Ich war sehr einverstanden, ich dachte, sie wolle einen Kaffee trinken gehen, doch ich konnte ja trotzdem etwas einkaufen gehen. Sie schlug schnell vor, in die Buchhandlung zu gehen. Da bestellte ich die Bücher, die ich meine Schule brauchte und sie zeigte mir einige Krimis die ihr gefielen. Ich kaufte ihr „Die Möwe“ wieder, weil ich das kleine Buch verschlampt hatte. Sie freute sich. Außerdem erzählte ich von unserer letzten Lesung, zeigte ihr das Buch und wir schauten uns andere Bücher dieses Autors an. Mir war es noch nie so aufgefallen, aber währenddessen sie die von ihr so sehr geliebte Literatur betrachtete, nahmen ihre Augen einen merkwürdigen Ausdruck an Ernsthaftigkeit an. Sie verdunkelten sich zum Guten, wie es ihrem Wesen entsprach, da sie schwarz schon immer sehr möchte. Das Blau wirkte auf eine Art und Weise gefährlich und andererseits empfänglich. Es glühte. Ihre Augen waren so durchschlagend, dass man fast Angst hatte sich in diesem Augenblick mit ihr anzulegen.
Als wir letztendlich doch auf dem Weg in die Eisdiele machten, kamen wir an einem Geschäft vorbei, an dem sie stehen blieb. Mit gespieltem Augenaufschlag stimmte ich zu hinein zu gehen. Sie schaute sich die Röcke an, das Angebot sei so gut, sagte sie und packte sich einige, um damit in die Umkleide zu verschwinden. Dabei kamen wir in der Herrenabteilung vorbei und ich sah so viele schöne Hemden für sehr guten Preis, dass ich da stecken blieb. Wütend rief sie mich. Ich betrachtete ihre Röcke und wusste ehrlich nicht, welcher ihr am Besten stand. Nach langem ernsten hin und her Überlegen, über welches wir herzhaft lachen mussten, da dieser Ernst so klein erschien, entschied sie sich für einige Exemplare. Im Lachen war so viel Glanz in ihre Augen gerückt. Dieses Mauer des Schmerzes schien zu bröckeln oder für kurze Zeit in den Hintergrund zu rücken, ihr blau glänzte, erhellte sich. Diese Augen, dieses von ihr so langersehnte Glück, dass sich in ihrem Blau widerspiegelte, ihr wunderschönes Blau, welches durch dieses dumme Gelächter leicht wieder in alter Form und Stärke zurückkehrte, sie steckten mich an. Ich konnte nicht anders als mit lachen. Das schlechte Gewissen, das dennoch in meiner Brust drückte, und die Angst ausdrückte, sie könne diesen gemeinsamen Spaß falsch verstehen, rückte in den Hintergrund aufgrund dieses ansteckenden Leuchten in ihren Augen.
Wir schauten uns die Hemden an, sie fand ein sehr modisches Sakko, dass aus irgendeinem unerfindlichen Grund sehr heruntergesetzt war, was mich sofort stutzig machte und worüber sie sich aufregte. Ich wusste nicht warum, aber fast hatte ich Angst vor ihr, sodass ich nicht weiter diskutierte, sondern lieber sofort einsah, dass es dumm war, weiter zu diskutieren. Später zeigte sie mir, dass das Innenfutter am Arm kaputt war und schlug vor, das zu nähen, falls es mich störe. Aber ich war zufrieden mit dem Sakko, es passte zu mir. Ich brauche immer so lange, sagte sie mit einem scherzhaft angehauchtem Augenrollen. Wie wir es schafften darüber zu lachen, weiß bis jetzt nicht. Früher wäre ich wütend geworden, zumindest ein bisschen. Doch ihre Augen blitzen gefährlich auf, als wolle sie mir sagen, du hast auch schlimme Eigenschaften. Wir lachten darüber, dass das ein weiblicher Zug an mir sei. Damit hatten wir etwas losgetreten, jedes Mal, wenn ich mich umdrehte, um mich von jeder Seite im Spiegel zu betrachten, lachte sie nur noch mehr. Das machte mich schon sauer, doch auf eine andere Art als früher, ich nahm ein Hemd, das mir nicht gefiel und warf es nach ihr. Sie streckte mir die Zunge raus, ich ihr auch. Ihr Blau klärte sich auf und wurde zu dieser klaren hellblau leuchtenden Himmelsfarbe. Ihre Augen leuchteten fast abenteuerlich mit der Aufregung eines kleinen Kindes. Das schlechte Gewissen meldete sich. Ich fragte mich, wo diese unglaubliche Trauer geblieben war. Sie war monatelang allein und hatte selten gelacht. Das sah ich in ihren Augen, sie waren es wirklich schon nicht mehr gewohnt zu leuchten. Und nun kam ich, der Grund ihres Schmerzes, und bin eigentlich weder sonderlich freundlich noch aufmunternd lustig, und doch scheint sich der Trauerschleier über ihrem Blau zu lösen? Ist das denn richtig, meiner Meinung nach nicht. Sie hat so lange gelitten, dachte ich, ich will ihr das Glück gönnen.
Später gingen wir dann essen. In ein französisches Lokal. Sie sagte, sie freue sich, mit ihr essen zu gehen, so einigermaßen vornehm und zum ersten Mal allein. Wir aßen ernsthaft Schnecken zur Vorspeise, ich sagte nichts, bis wir die Schnecken aufgegessen hatten und eröffnete ihr dann mit einem Grinsen, dass ich sie immer damit aufziehen werde, da sie Vegetarierin ist. Komischerweise lächelte sie nur leicht und sanft ohne etwas zu sagen. In ihren Augen sah ich die Trauer wieder, und der Schmerz, der im Hintergrund wartete und wieder einen Schatten über das Blau zu legen, welches immer noch die einzigartige Farbe des Himmels hatte. Doch nach meiner Stichelei lachten ihre Augen glücklich mit, ja, ich sah Hoffnung darin aufblitzen, als würde ihr ein Stein vom Herzen fallen.
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Alt 03.09.2007, 22:11   #2
Struppigel
 
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Beiträge: 1.007

Hallo keinende,

ich habe das hier gelesen und es war tatsächlich mehr als anstrengend. Nicht wegen der Länge, sondern weil es sich ständig im Kreise dreht.
Es gibt keine Spannungsmomente, die Erlebnisse werden lediglich aufgezählt; aber einen Sinn, einen logischen Verlauf oder eine Entwicklung haben sie nicht. Dazu kommen die unzähligen Anspielungen auf ihre Augen und die Farbe Blau. Das ist mehr als zu viel. Es nervt schon regelrecht, weil es dauernd wiederholt wird, aber nichts von Interesse bringt. Ebenso verhält es sich mit "Kummer" und "Schmerz", mit diesen ganzen Leidwörtern im Allgemeinen. Sie belasten die gesamte Geschichte hoffnungslos.
Leid beschreibt ein guter Autor nicht vehement durch Leidwörter, er lässt den Leser selbst zu dem Schluss kommen, dass hier etwas dahinter steckt."Show don't tell", d.h. sag nicht, dass hier jemand traurig ist, sondern zeige es. Und wenn schon zeigen, dann nicht tausendfach, sondern dezenter. Das hier ist schon versalzen.

Insgesamt wirkt es wie eine Beobachtung oder eine Beschreibung, die ursprünglich nicht für andere Leser gedacht war.

Grüße

Struppi
Struppigel ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 04.09.2007, 16:06   #3
keinende
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Beiträge: n/a

Zitat:
Original von Struppigel
Hallo keinende,

ich habe das hier gelesen und es war tatsächlich mehr als anstrengend. Nicht wegen der Länge, sondern weil es sich ständig im Kreise dreht.
Es gibt keine Spannungsmomente, die Erlebnisse werden lediglich aufgezählt; aber einen Sinn, einen logischen Verlauf oder eine Entwicklung haben sie nicht. Dazu kommen die unzähligen Anspielungen auf ihre Augen und die Farbe Blau. Das ist mehr als zu viel. Es nervt schon regelrecht, weil es dauernd wiederholt wird, aber nichts von Interesse bringt. Ebenso verhält es sich mit "Kummer" und "Schmerz", mit diesen ganzen Leidwörtern im Allgemeinen. Sie belasten die gesamte Geschichte hoffnungslos.
Leid beschreibt ein guter Autor nicht vehement durch Leidwörter, er lässt den Leser selbst zu dem Schluss kommen, dass hier etwas dahinter steckt."Show don't tell", d.h. sag nicht, dass hier jemand traurig ist, sondern zeige es. Und wenn schon zeigen, dann nicht tausendfach, sondern dezenter. Das hier ist schon versalzen.

Insgesamt wirkt es wie eine Beobachtung oder eine Beschreibung, die ursprünglich nicht für andere Leser gedacht war.

Grüße

Struppi
Ersteinmal danke für deine Kritik. Ich glaube, du liegst mit deinem letzten Satz am richtig. Ich habe aufgehört, mir einen Leser im Nacken einzubilden, sodass ich in erster Linie für mich schreibe. Wahrscheinlich ist diese Geschichte nie zu etwas geworden, was für andere bestimmt ist.
Das ist nur etwas für Menschen, die ganz sensibel auf zwischenmenschliches reagieren. Ich glaube hier muss man viel suchen, um etwas zu finden. Ich habe nie versucht das einfach zu schreiben, weil sie dem Gedankenfluss des Ich-Erzählers entsprechen.
Mich interessiert grade, was man über die Beziehung der Beiden herauslesen kann? Worin besteht sie? Was ist passiert? Was soll werden?

Wie gesagt, musst du noch bedenken, dass der letzte Teil fehlt. Das Ende des Ganzen. Zum Sinn will ich auch nichts sagen. Einen logischen Verlauf hat das ganze schon: Zwei Menschen treffen sich nach einiger Zeit wieder, irgendetwas war vorgefalen, der Ich-Erzähler ist geschockt, was aus ihr geworden ist, sie muss bei diesem Wiedersehen weinen, dann überlegen beide, ob sie über das Vorgefallene reden sollen oder ob sie die Vergangenheit ruhen lassen sollen, um zu versuchen irgendeine Beziehung aufzubauen, dafür entscheiden sie sich und verbringen den Tag mit Nichtigkeiten und dann kommt der letzte Teil.
Eine Entwicklung ist auch da, immerhin muss sie sofort heulen, wenn sie den Ich-Erzähler sieht und kann später unbeschwert miteinander lachen und Trauer verschwindet aus ihren Augen.

So und auf dieses "ein guter Autor beschreibt..." habe ich schon fast keinen Bock etwas zu sagen. Das macht mich schon ein wenig wütend. Wie definiert man "einen guten Autor"? Wahrscheinlich definiert den jeder anders, oder? Vielleicht sprichst du oder "ein guter Autor" nicht so offen über Leid, ich tu das. Ich glaube, selbst für "einen guten Autor" gibt es mal Zeiten, in denen das Leid so offensichtlich ist, dass man Leid sagt und nicht mit irgendwelchen Wörtern um den heißen Brei rumredet. Du magst die ganze Leid-Kummer-Sache nicht, das ist für mich okay. Vielleicht gibt es aber andere, denen das zusagt, und die nicht nur Autoren "gut" finden, die das Wort Leid nicht in den Mund nehmen. Es gibt keine Formel für "einen guten Autor". Niemand ist an einen Schreibstil gebunden und ich habe den gewählt. Ich wollte hemmungslos und absolut ehrlich Gedanken von jemanden widergeben und dieser Mensch sieht jemand anderes an und sieht das der weint, Schmerz empfindet und leidet. Weil er genau das sieht, sagt er genau das.

Ich hoffe, solche Diskussionen sind normal, da sie bestimmt nicht böse gemeint sind und mir auch helfen sollen und es wahrscheinlich tun. Aber mich hat das doch ein wenig sauer gemacht. Ich denke es ist sehr wichtig, das alles mal gesagt zu haben.

Schönen Tag noch,
keinende
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Alt 04.09.2007, 17:13   #4
weiblich ravna
 
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Hallo keinende,

im Großen und Ganzen stimme ich Struppigel zu.
Bevor ich weiterschreibe, erst einmal ein Kompliment: ich mag den Titel sehr. Er verführt zum Lesen. Der Text leider nicht.
Und hier kommt Struppis Kritik zum Tragen: Es fehlt eine Handlung in der Aufzählung.
Wie man einen guten Autor definiert? Das ist relativ einfach: ein guter Autor schreibt so, dass er damit das Publikum anspricht, welches er ansprechen möchte. Möchte er kein Publikum ansprechen, niemandem gefallen, dann ist er entweder Solipsist, oder, wahrscheinlicher: kein Autor.
Man kann Leid sagen, wenn man Leid meint. Aber man kann nicht ein "Das habe ich aber so gefühlt" als Vorwand für Redundanz nehmen - heißt, verbieten kann es dir natürlich keiner, aber das ist eines dieser "Ich habe meine Meinung, Diskussionen sind unnötig, ich habe mich selbst verwirklicht und liege richtig" Argumente - und damit eigentlich keine Argumente sondern Ausflüchte.
Wiederholungen müssen begründet sein und zwar im Text. Der Text muss einer Logik folgen, dass kann die 'gewöhnliche' Logik der Außenwelt sein, oder eine textinterne.
Dein Text geht schlicht und ergreifend daran zu Grunde, dass er zu lang ist. Auch: langatmig, langweilig.
Du hast ihn in deiner Antwort auf Struppis Text sehr kurz und knapp zusammengefasst. Deine inhaltliche Motivation überzeugt mich sogar. Du hast sie nur nicht lesbar umgesetzt.
Wie ist denn das Treffen? Ist man sich fremd, anfangs? Dann schreib aus fremder Betrachtungsweise heraus.
Ich denke zum Beispiel, es würde sich gut machen, wäre der Text anfangs reine Beobachtung, würde dann mit immer mehr fühlenden Elementen ausgestattet und schließlich ins reine Gefühl übergehen.
Heißt: am Anfang alles sachlich schreiben - der erste Satz zum Beispiel ist belanglos, unnötig und passt nicht zu den Folgenden.
Statt : "Sie trug halbdurchsichtige schwarze Strumpfhosen, einen über den Knien endenden beigen Rock, der vorne eine Reihe großer Knöpfe hatte und sich wie eine kleine Glocke um ihre Hüften schmiegte." könnte man zum Beispiel sehr gut aus einer Verkäuferperspektive schreiben und ein bisschen stakkato: "An ihren Beinen schwarze Strumpfhosen, schwarz, 40 den, knielanger Rock, eng anliegende Glockenform, vorne aufzuknöpfen."

Du magst ein Talent für Sprache haben, ja. Aber für das Erzählen hast du keines - zumindest noch kein trainiertes. Und das Sprachzentrum des Menschen liegt im Hirn, nicht in der Seele. Man kann über das Schreiben die Seele ansprechen, aber der erste Weg muss der ins Hirn sein.

Der Text ist eine Grundlage: streiche alles, was doppelt und dreifach vorkommt: Es ist schön, dass die Dame blaue Augen hat. So lange sich das nicht ändert, ist das nicht mehrfach zu erwähnen. Da du aber ohnehin auf ihre Augen fixiert schreibst: ändere das Blau - und lass dadurch die Gefühle durchscheinen. Ein nicht-spiegelnder See? Dunkelblau natürlich, traurig. Der Himmel im Frühjahr? Ein zartes Pastellblau, wie ein erstes Lächeln nach langer Zeit. Und so weiter.

Dein "hemmungslos und absolut ehrlich Gedanken von jemanden widergeben" scheitert daran, dass das keine Sau interessiert. Und daran, dass du es noch nichtmal getan hast - das sind bestenfalls Gedankenausschnitte. "Echte" Gedanken würden abschweifen, wären mehrschichtig - und im Präsens. Sonst sind's Erinnerungen.
Gedanken: "Sie trägt halbdurchsichtige, halbdurchsichtig, was ist das bloß für ein Wort, widersprüchlich, Strumpfhosen. Welcher Tag war heute noch gleich? Habe ich den Herd ausgemacht - ich hatte mir da Espresso... und dann ausgedreht - ja, ihr Rock ist beige, schreckliche Farbe, und diese großen Knöpfe da vorne: ist das eine Einladung?" usw.

Was ist denn das Spannende an deinem Text? Warum sollte sich jemand dafür interessieren?
Und warum glaubst du, der Text wäre ausgereift, wenn Leser diese Fragen stellen müssen?

Lieber Gruß,
Ravna
ravna ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 04.09.2007, 17:15   #5
Struppigel
 
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Hallo keinende,

ich wollte zwar nicht, dass Du wütend wirst, aber bei so scharfer Kritik meinerseits muss ich immer damit rechnen.
Ich meinte nicht, dass ein Autor niemals das Leid als solches benennen darf, ich prangerte die Übertreibung damit an (man beachte das Wort "vehement" in besagtem Satz). Das hängt einem sonst zum Hals raus. In der Kunst gibt es Regeln. Das ist so, weil bestimmte Umsetzungen doch recht universell auf die Menschen wirken.
Wenn Regeln gebrochen werden, dann geschieht dies stets bewusst, weil man eine bestimmte Wirkung erreichen will. Aber bis man es beherrscht, Regeln zu brechen, muss man sie erst einmal selbst kennen und beherrschen.

So ist es auch mit dem "Show don't tell" zu sehen. Abfänger sollten sich erst einmal darin üben, weil sie fast immer den Fehler machen, es mit Leidwörtern zu übertreiben oder den Aufbau einer Stimmung zu vernachlässigen, indem sie direkt sagen, was sie ausdrücken wollen. Das ist so, als reiche man dem Leser ein unverpacktes Geschenk - es ist uninteressant und hat keine Spur von Spannung.

Aber ich glaube, dass sich Dein Schreiben sehr viel mehr bessert, wenn Du beginnst, für andere zu schreiben. Ansonsten gefällt es nur Dir allein, weil Du natürlich die Emotionen damit assoziierst, weil Du natürlich mitfühlst und eine Vorstellung entwickeln kannst, wenn Du Dein eigenes Werk liest. Aber andere können das nur, wenn man sie mit bestimmten Mitteln dazu bringt, weil sie nicht Deinen Erfahrungsschatz und nicht dieselben Gefühls-Assoziationen haben wie Du.
Vielleicht verstehst Du jetzt, was ich meine?

Zum Thema (un)logischer Verlauf: Die Gefühlsentwicklung mag logisch sein, aber alles andere drumherum ist es nicht. Die Orte und das, was die beiden zusammen unternehmen, sind wahllos. Es hätte jeder andere Ort sein können und nichts Wesentliches würde sich an der Geschichte ändern.

Sinnlos meinte ich deshalb, weil es keine Intention für einen Leser gibt. Ok, Du sagtest, es ist noch nicht fertig und da könnte sich tatsächlich noch etwas tun. Aber bisher ist es weder möglich etwas zu deuten, noch eine Aufforderung oder einen Denkansatz für sich zu finden. Das, was da im Dunkeln liegt und der Leser Deiner Meinung nach herausfinden soll, hat zu wenig Hinweise bekommen. Da die Geschichte schon recht fortgeschritten ist, macht sich das mehr als ungünstig, weil es keine Spannung erzeugt. Zu viel Interpretationsfreiheit schränkt die Phantasie ein.

Ich hoffe, damit konnte ich einiges klären.

Grüße

Struppi
Struppigel ist offline   Mit Zitat antworten
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