Nachtwache

[Desperado]

Glockengeläut dringt durch tauben Morgendunst,
die Bäume strecken ihre nackten Äste in den weißen Himmel,
der Herbst liegt müde über dem ausgelaugten Land,
sein Freund der Winter hat sich verspätet.
Dem müden Sinn entringt sich keine rechte Kunst,
erträumt auch Fantasie so manch beflügelt Apfelschimmel,
so flieht zu dürren Wortgebilden mein Verstand,
ich warte still, bis auch das letzte Unkraut ist gejätet.

Die Welt ist mir zu böse noch, um Wahres ihr zu schenken,
ihr Leid ist noch nicht tief genug, um ihren Sinn zu wandeln,
die Augen noch zu blind, um ihre Hässlichkeit zu sehen,
so lange sie sich rechtens glaubt, hab ich ihr nichts zu sagen.
Sie ist nicht reif genug, die Schritte auf des Friedens Weg zu lenken,
es herrschen zuviel Lug und Trug, um recht mit ihr zu handeln,
sie ist nicht willens noch, den Pfad im Büßerkleid zu gehen,
nicht Zeit, die Wahrheit ins verstockte Antlitz ihr zu sagen
und aus dem reichen Schatz des Wissens Perlen ihr zu schenken.

Erst wenn die Qual ein Unmaß hat erreicht,
die Zukunft finster, weil der Erde Mächte toben,
wenn Armut hat ihr stolzes Haupt gebeugt,
erst wenn erfüllt sich meiner Mahnung Drängen,
wenn Angst ihr bitterhartes Herz erweicht,
will noch einmal Gerechtigkeit die Treu ich loben,
da der Verzweiflung Toben mir Gehör erzeugt,
der Botschaft Banner an die Spitze meiner Feder hängen.


2007

[simbaladung]

Hallo, Desperado,

mit den Augen des Nachtwärters auf die Welt geschaut, sehr schön,
bin seinem Gedanken gerne gefolgt und froh, dass er seine Feder, trotz allem noch nicht, zerbrochen hat!

lieben Gruß,
simbaladung