Evolution

Wann sind aus unseren Fühlern
Greifer geworden,
Baggerarme, Gewehre?

Wir leben in Einzelhaft
und die Farben in den Wohnghettos
nähren den Schmetterling nicht

[Ilka-Maria]

Zitat von Fourwaystreet

Wann sind aus unseren Fühlern
Greifer geworden,
Baggerarme, Gewehre?

Einfache Antwort: Als wir kapiert haben, dass wir über keine natürlichen Verteidigungsmittel verfügen, nicht überall ein Baum steht, auf den man sich retten kann, und manche räuberischen Kreaturen verdammt schnell unterwegs sind.

Der Mensch stand nicht immer am Ende der Fresskette, sondern lange Zeit mittendrin. Ihm blieb gar nichts anderes übrig, als sich Waffen zu schaffen, um überleben zu können. Wer diese Entwicklung beklagt, kann ja versuchen, wieder so zu leben wie die Menschen der Vorzeit - oder die Affen im Kongo. Dem Weiterbestand der Löwen käme es gelegen.

Schimpansen brauchen übrigens keine Greifer, Baggerarme und Gewehre, um mit anderen Horden Krieg zu führen. Sie schlagen den Gegner einfach tot. Und wie man inzwischen weiß, dauern manche Kriege zwischen Schimpansenhorden mehrere Jahre. Ein Mensch hätte gegen ein Kraftpaket wie einen Schimpansen keine Chance. Dieses Verdammen der Menschheit, als sei sie unter allen Kreaturen das übelste aller Übel, geht mir gehörig auf den Senkel.

[Ex-Pennywise]

Moin zusammen,

und dennoch ist es so, dass wir genau das sind wenn man uns als Teil eines Ökosystems sieht, denn die Tatsache, dass wir im Grunde keine natürlichen Feinde mehr haben, hat das Gleichgewicht ganz schön durcheinander gewirbelt. Die Natur wird es bei Zeiten korrigieren. Oder wir selber, wie man aktuell erahnen kann.

Gruß

Pennywise

[Ilka-Maria]

Zitat von Pennywise

Die Natur wird es bei Zeiten korrigieren. Oder wir selber, wie man aktuell erahnen kann.

Das werde ich nicht mehr erleben - zu meinem Glück. Ich stehe in der Fresskette gerne am Ende und bin heilfroh, nicht an der nächsten Ecke vor einem T-Rex flüchten zu müssen, der als alter Opa noch garantiert schneller wäre, als ich mit leichfüßigen sechzehn Jahren und luftigerem Gewicht als heute gewesen bin.

Ob es in der Natur jemals ein Gleichgewicht gegeben hat, wage ich ohnehin zu bezweifeln. So einen freudig-friedlichen Eierkuchen-Stillstand kann die Evolution nicht gebrauchen. Falls die Theorie über sie stimmen sollte, was bisher kein Mensch belegen konnte.

Tatsache ist, dass der Mensch sich als ein Erfolgsmodell präsentiert, das es bislang trotz immer effektiver gewordenen Waffen und, seit 1618, etlicher verheerender Kriege mit massenhaft verreckten jungen Männern, die dem Zeugungsprozess nicht mehr zur Verfügung standen, nicht geschafft hat, sich auszurotten, sondern mittlerweile die Erde bis zum Rande ihrer Erschöpfung bevölkert.

Die Menschheit wird überleben, selbst wenn alle Atommächte dieser Erde ihre Sprengköpfe zünden.

Moin zusammen,

Danke für Eure Einlassungen.

Sie treffen die Intention meines Gedichtes nicht;
es spricht in Bildern und meint keine echten Baggerarme, keine echten Gewehre -- "nur" seelische - .

VG 4WS

[C.Alvarez]

Zitat von Fourwaystreet

Wann sind aus unseren Fühlern
Greifer geworden,
Baggerarme, Gewehre?

Liebe 4WS,
sicher, es gab Zeiten, Gemeinschaften, da hat man sich umeinander gekümmert. Hatte "Fühler", Mitgefühl, in kleinen Dorfgemeinschaften half man einander, spendete Trost wenn nötig und lachte auch zusammen.
Das ging im Lauf der Zeit verloren, woran meiner Meinung nach auch die sozialen Medien ihren Anteil haben. Facebook, Twitter, Instagram usw. Es geht nur noch um Selbstdarstellung, um das eigene Ego. Die Fühler in Richtung des anderen sind weg. In der Anonymität des Netzes lebt man sich aus. Das überträgt sich dann auch ins reale Leben.

Zur zweiten Strophe kann ich nichts sagen, es ist einfach so, wie du schreibst.

Trairig und schmerzvoll ist dein Gedicht geworden. Wie die Welt.

LG Corazon

Liebe Corazon,

Danke für Deine empathischen Worte.

Schön Dein Bild von den Dorfgemeinschaften,
wo Menschen füreinander einstehen, einfach miteinander leben und miteinander einfach leben. Wo es egal ist, ob einer Dr.Dr. Blöbla ist oder Titel hat, ob seine Schuhe drei Etagen höher sind und er fünf Mal im Jahr nach Tennessee hoppt. Wo jeder gleichviel zählt und Nachbarn sich helfen, weil das Leben kurz ist und schön und intensiv. Und wo Nachbarn sich nicht abwerten und abwehren weil einer den neuesten Bingbongbang hat und der andere nicht ....

Vor Augen habe ich einen "harmlosen" Menschen -
harmlos in dem Sinne,
dass er keine Verteidigungsmauern hat, weil er sie nicht braucht.
Er kann ohne Filter wahrnehmen.

Er muss auch nicht (an)baggern, weil er seine Liebe freimütig schenken kann -
es muss nicht manipuliert, gelogen, gebaggert und sich selbst erhöht werden.

Er muss auch keinen bedrohen oder totschießen.

Er ist leicht und bunt und gaukelnd wie ein Schmetterling,
dieser Mensch.

In Wohnghettos sind nur die bunten Farben, die ihn nicht nähren -
wie die Blumen den Schmetterling.

Ja, die Selbstdarstellung ist eine schlimme Krankheit -
ich bin nicht frei davon,
sie fängt einen so leicht ein, also mich zB.

Ja, das Gedicht ist traurig und voller Schmerz.
Es fiel mir beim Busfahren ein und ich habe geweint,
als ich die Worte zusammen hatte.

Danke fürs Lesen und Mitschwingen.

4WS