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Alt 18.07.2008, 21:35   #1
rawe
 
Dabei seit: 07/2008
Beiträge: 1

Standard Ih werde Siegen

Hier ist meine versprochene Geschichte. Der Text in Anführungzeichen steht normalerweise in Kursiv.

Ich werde Siegen

Der Tag war da. Der Tag, an dem sich etwas in meinem Leben ändern wird. Viel schneller als mir lieb war. Wenn es nach mir gehen würde, könnte ich es noch Tage hinauszögern. Ach, was sage ich, noch Wochen, Monate, sogar noch Jahre. Doch es wird sich etwas ändern. Viel zu lange habe ich gewartet. Es immer wieder vor mir her geschoben. Wie oft habe ich mir sagen lassen müssen, dass ich stinke und vor Scham lieber im Boden versunken wäre. Noch heute werde ich beginnen, dass das Qualmen nun endgültig zu meiner Ver-gangenheit gehört. Nie wieder möchte ich, dass jemand so etwas zu mir sagt. Doch wie meine unzähligen Versuche bereits eindrucksvoll gezeigt haben, wird es wohl nicht leicht werden. Denn mein größter Feind ist mein eigenes „Ich“.

NEIN, meine Galgenfrist ist abgelaufen. Meine Planung steht, hier auf diesem Papier, mit dem heutigen Datum. Ich habe mich lange genug davor gedrückt. Es immer weiter hinausgeschoben. Doch jetzt ist es soweit. Jetzt ziehe ich es durch. Warum ist es nur so schwierig? Will ich das wirklich? Eigentlich reicht es doch auch, wenn ich es morgen tue, besser noch übermorgen, in einer Woche oder nächstes Jahr.

NEIN, meine Planung läuft jetzt schon seit einem Monat. Ich habe Schritt für Schritt notiert, mir über das „Warum“ Klarheit verschafft und darüber was mit meinen Lungen passiert. Heute ist mein Stichtag ran. Die Frist, die ich mir selbst setzte. Schluss jetzt mit der eigenen Hinhaltetechnik. Heute ist es so weit. Gestern Abend, das war meine letzte. Heute rühre ich keine mehr an. Auch wenn das Schreien in meinen Kopf sich erneut erhebt. Das alles kenne ich schon, von den vielen vergebenen Versuchen. Doch diesmal bin ich vor-bereitet. Diesmal gibt es kein zurück. Ich will nicht mehr. …. Ich will nicht mehr.



"So, Schluss damit. Die Probe ist jetzt wieder beendet. Es reicht jetzt."
Nein, das reicht nicht. Es macht mich krank. Das morgendliche Husten. Das Gefühl zu haben, schon mit 27 Jahren nur noch die Treppe hoch schleichen zu müssen, weil ich keine Luft mehr bekomme.
"Viele andere Dinge machen krank und du machst sie trotzdem. Und deine Luft? Warum ist es notwendig, die Treppe nach oben zu rennen. Geh langsam und du bekommst genug Luft. Sonst mach Sport, dann wird sich das schon geben."
Ich will nicht mehr. Ich möchte ein freies Leben. Frei von dir. Ohne den Zwang, ständig an die nächste denken zu müssen.
"Meinungen können sich ändern."
Ich werde nicht zu den Schwachen gehören, zu jenen die nicht einmal zu ihrem eigenen Wort stehen.
"Hahaaa. Das ist dir doch egal. Wer würde es denn merken? … Du hast nicht ohne Grund, niemanden etwas gesagt, nicht wahr? Du wolltest nicht, dass man merkt, dass du nicht den Mumm hast durchzuhalten, falls du es nicht schaffst, oder? Keiner kann dich so für schwach halten. Nur du wüsstest es. Aber… du würdest damit klar kommen.
Gib es zu, warum hast du es niemanden gesagt, was du vorhast. Ich sage es dir. Du hattest Angst wieder einmal zu versagen."
Ich werde nicht versagen.
"Fakt ist doch wohl, dass du sie brauchst. Jede Faser deines Körpers, schreit nach ihr."
Aber nur, weil du dafür sorgst, dass es mir so schlecht geht.
"Haahaaa. Wenn du glaubst dass, das schon alles war, dann hast du dich getäuscht. Ich werde dich immer daran erinnern. Wie es ist, wenn du deine Lungen mit dem Dunst deines Stängels füllst. Ihn tief in deine Lungen saugst und du merkst, wie du ruhiger wirst. Wie der Stress wie ganz von allein, von dir abfällt. Oder ist es nicht so, dass du dich im Streit, oder wenn du dich einer Situation ausgesetzt fühlst nicht so, dass du dich lieber in einer Zigarette flüchtest. Du benutzt sie doch nur als Ausrede, einer Konfrontation aus dem Weg zu gehen und du dich in die Einsamkeit flüchten kannst, oder? Ist es nicht so? Du hast doch nicht den Mut, dich ihnen entgegen zu stellen und ihnen die Stirn zu bieten. Nein, stattdessen kuschst du in deine Ecke wie eine kleine ver-scheuchte Katze. Ganz zu schweigen von dem Gefühl, das du erleben wirst, wenn du in die Stadt gehst und die Menschen siehst. Wie sie das haben, wonach du im Innersten deines Körpers begehrst. Mal abgesehen davon wirst du fett wie eine Tonne. Denn wir wissen beide, ich bin auch ein guter Nahrungsersatz."
Ich werde kämpfen, kämpfen gegen dich.
"Versuch es doch. Du wirst verlieren. Warst du jemals in deinem Leben stand-fest? Hast du deine Meinung jemals versucht durchzusetzen, wenn der dir gegenüber eine andere hatte? Nein, du hast gekuscht. Du hast verloren. Du wirst wieder verlieren. Denn ich bin da, ich bin in deinem Kopf, jede Minute, jede Sekunde. Ja sogar wenn du schläfst. Und ich werde dich immer daran erinnern was du doch eigentlich willst. Dein Kampf ist eine Maske, ich weiß dass du sie willst. Du wirst dich nicht wehren können. Du hast keine Chance."
Ja, du bist da, aber genau deshalb, werde ich dich besiegen. Ich werde kämpfen. Umso mehr du mir in meine Gedanken schreist, umso stärker werde ich kämpfen und desto mehr Grund habe ich, über dich zu siegen. Deine Schreie werden immer leiser und leiser. Bis sie irgendwann verschwunden sind. Und vielleicht zum ersten Mal in meinem Leben werde ich siegen.
rawe ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 20.07.2008, 00:55   #2
east_of_eden
 
Dabei seit: 05/2008
Beiträge: 80


Gut geschrieben Rawe.
Ein eindrucksvolles Zeugnis eines existenziellen inneren Kampfes. Noch etwas plastischer könnte die dargestellte Auseinandersetzung möglicherweise sein, wenn Du den widerstreitenden Geistern Gesichter, eine äußere Form geben würdest, so wie z.B. David Cronenburg in "Naked Lunch" :

"New York 1953: Der erfolglose Schriftsteller Bill Lee (Peter Weller) hält sich als Kammerjäger über Wasser und versucht, seinen Frust mit Drogen zu betäuben. Vollgedröhnt mit Insektengift erschießt er seine Frau Joan (Judy Davis) beim "Wilhelm-Tell-Spiel" und flüchtet sich an einen fiktiven Ort namens Interzone. Dort wähnt er sich von skurrilen Kreaturen aus seinem schizoiden Unterbewusstsein verfolgt. Seine Schreibmaschine mutiert zu einem überdimensionalen Insekt, das ihn zwingt, seine Erlebnisse für eine geheimnisvolle Organisation zu dokumentieren. Die Kreatur fordert mehr und mehr Stoff...' "

Quelle:
http://www.ikonenmagazin.de/rezension/NakedLunch.htm

LG
east_of_eden ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 20.07.2008, 09:53   #3
Struppigel
 
Dabei seit: 05/2006
Beiträge: 1.007


Hallo rawe,

Kurz zur Erläuterung: Fett-blau sind meine Kommentare und alle anderen Farben kennzeichnen inhaltliche Wiederholungen, die je Farbe zusammengehören.
Ich denke, Du siehst auf den ersten Blick, warum ich 70% der Einleitung für Überflüssig halte. Du wiederholst und wiederholst und wiederholst Dich. Allein schon achtmal erwähnst Du, dass es am heutigen Tag so weit ist, die Glimmstängel liegen zu lassen.
Im Dialogteil ist das wenigstens nicht mehr problematisch. Ich stimme east zu, dass eine "äußere Form" es interessanter machen könnte. Beispielsweise, wenn der Prot mit einer Zigarette oder einem Aschenbecher spricht. Allerdings hieße das auch, etwas Witz in die eigentlich bierernst gemeinte "Geschichte" zu bringen (was ich zwar absolut gutheiße, aber Deine Planung auf den Kopf stellen dürfte).
Bisher gibt es mir nicht viel. Die Überlegungen sind selbst für einen Nichtraucher wie mich keine neuen. Alles irgendwo schonmal gehört.
Nebenbei bemerkt ist der Titel auch nicht sehr aussagekräftig (Du solltest außerdem den Tippfehler entfernen), denn siegen kann man in unendlich vielen Möglichkeiten und gegen unendlich viele mögliche Gegner. Wenn Du nur Sieg gegen den blauen Dunst o.ä. schreiben würdest, wäre das schon wesentlich besser (wenn auch nicht wirklich innovativ).

Zitat:
Der Text in Anführungzeichen steht normalerweise in Kursiv.
Warum schreibst Du ihn dann nicht kursiv? Das geht hier auch: Zweiter Button von links (das große I).

Zitat:
Der Tag war da. Der Tag, an dem sich etwas in meinem Leben ändern wird Das ist Phrasendrescherei - es ändert sich so oder so jeden Tag etwas im Leben. Viel schneller als mir lieb war. Wenn es nach mir gehen würde es geht doch nur nach dem Erzähler, nach niemandem sonst , könnte ich es noch Tage hinauszögern. Ach, was sage ich, noch Wochen, Monate, sogar noch Jahre. Doch es wird sich etwas ändern. Viel zu lange habe ich gewartet. Es immer wieder vor mir her geschoben. Wie oft habe ich mir sagen lassen müssen, dass ich stinke und vor Scham lieber im Boden versunken wäre er hat sich sagen lassen, dass er vor Scham lieber im Boden versunken wäre: "Hey, du versinkst lieber vor Scham im Boden" - ? . Noch heute werde ich beginnen, dass "beginnen, dass" gibt es nicht. Eher noch "beginnen, so dass" das Qualmen nun endgültig zu meiner Vergangenheit gehört. Nie wieder möchte ich, dass jemand so etwas zu mir sagt. Doch wie meine unzähligen Versuche bereits eindrucksvoll gezeigt haben, wird es wohl nicht leicht werden. Denn mein größter Feind ist mein eigenes „Ich“.

NEIN, meine Galgenfrist ist abgelaufen. Meine Planung steht, hier auf diesem Papier, mit dem heutigen Datum. Ich habe mich lange genug davor gedrückt. Es immer weiter hinausgeschoben. Doch jetzt ist es soweit. Jetzt ziehe ich es durch. Warum ist es nur so schwierig? Will ich das wirklich? Eigentlich reicht es doch auch, wenn ich es morgen tue, besser noch übermorgen, in einer Woche oder nächstes Jahr.

NEIN, meine Planung läuft jetzt schon seit einem Monat. Ich habe Schritt für Schritt notiert, mir über das „Warum“ Klarheit verschafft und darüber was mit meinen Lungen passiert. Heute ist mein Stichtag ran. Die Frist, die ich mir selbst setzte. Schluss jetzt mit der eigenen Hinhaltetechnik. Heute ist es so weit. Gestern Abend, das war meine letzte. Heute rühre ich keine mehr an. Auch wenn das Schreien in meinen Kopf sich erneut erhebt. Das alles kenne ich schon, von den vielen vergebenen Versuchen. Doch diesmal bin ich vor-bereitet. Diesmal gibt es kein zurück kein Zurück. Ich will nicht mehr. …. Ich will nicht mehr.
Grüße

Struppi
Struppigel ist offline   Mit Zitat antworten
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