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Alt 21.03.2008, 12:12   #1
dark-creativity
 
Dabei seit: 03/2008
Beiträge: 4


Standard Des Rauchers zärteste Versuchung

Des rauchers zarteste versuchung

wie automatisch schnipste ER mit einer hand die freundpackung auf, während ER mit der anderen das feuerzeug aus seiner rechten hemdstasche hervorzog. es war immer in der rechten tasche.
obwohl ER genau wusste, dass der aschenbecher auf der badezimmerfensterwand ruhte, spielte ER sein tägliches suchspiel, indem ER mit den augen im raum umherschweifte. als der schleier von langeweile sich düster über ihn legte und ihn von oben herab zu erdrücken schien, stand ER auf. es war kein beschluss in dem sinne.
es war nur gewohnheit.
mit dem rechten bein aufzustehen. dabei mit der rechten hand hochzufahren, um den freund festzuhalten, der aus seinem mund herauswuchs, regelrecht festgewachsen schien. sie waren eins. sich dabei mit der linken hand durch die haare zu fahren, um ein wenig abwechslung in den vorgang zu bringen.
abwechslung, die schon längst eine gewohnheit geworden war.
mit schleppenden schritten zog ER sich durch den grauen flur. sein blick war, wie immer, auf das ovale schlüsselbrett am ende des flurs geheftet, und er verließ nur seinen fokus, um das glasgebilde zu streifen. von dem längst gewohnten schreck des ungekämmten gegenübers ließen seine augen jedoch schnell wieder ab. wie immer. ein morgendlicher schreck.
eine gewohnte abwechslung. nach dem marsch über den flur, der wie gewöhnlich 9 sekunden dauerte, hielt ER seinen aschenbecher in der hand. nach weiteren 10 ließ ER sich in seinen gepolsterten sessel fallen, zündete einen freund an, steckte ihn genüsslich in den mund, und schloss mit einem seufzer die augen, wie um sich zu erholen, von einer anstrengung, die sich den maßstäben angepasst hatte.
gierig und ruhig zog ER tief die rauchschwaden ein, die wie ein AUFSCHREI aus dem freund drangen. wie immer und wie gewöhnlich ignorierte ER ihn und sog ein, ganz tief, und er dachte an seine verpflichtung.
wie immer, um 9 Uhr 33 zog ER sich den rechten schuh an, mit der linken hand, um mit der rechten, wie gewöhnlich, den freund vor einem ABSTURZ zu bewahren. auf halber strecke des wegen, den ER Zu gehen pflegte, griff ER beim gehen in die linke hosentasche, um nach seinen 1,20 euro zu tasten, die wie immer, und wie beruhigend dieses wie immer klang, in seiner rechten hosentasche ruhten, und IHM diese gewissheit gaben, für IHN da zu sein.
mit der rechten hand hielt ER den freund fest umschlossen, während ER wie beiläufig das geld in den schlitz des automaten warf, wie immer, mit einer treffsicherheit, die nur die zitternde hand eines bedürftigen besitzen konnte. den euro für die billigste marke, wie immer, damit ER noch 20 cent für sein lieblingskaugummi hatte, was am abend im mülleimer landen würde, weil ER keine zeit gehabt hatte, keinen platz in seinem mund, um es zu essen. ER würde den automaten in 10 minuten und 25 sekunden erreichen. wie immer. schnell schnipste ER die packung auf und warf den ausgerauchten auf den boden. ein letzter blick, in dem sehnsucht, abscheu, zweifel lagen und eine trennung der abhängigen wege beider.
vergessen war der freund, der IHN an diesem morgen auf seinem weg begleitet hatte.
schnipste sich den neue in den mund. einfach so, wie immer, biss darauf, wie immer, ohne rücksicht, wie immer und zog die eisigen gifte ein, von denen ER genau wusste, dass ER sie nur noch bis zu seinem todestag in 10 tagen und 23 stunden genießen, als die seinen betrachten konnte.
noch 27 mal würde ER an diesem tag einen freund verlieren, wie auch an jedem anderen, und das symbol für unabhängigkeit mit eine wenig stolz und kindlichem trotz in sich vereinigen.
nebelige tage.
ER lebte diesen tag seit jahren, und er schien kein ende nehmen zu wollen. er sehnte sich nach einem abend, einem glühenden, rauchenden sonnenuntergang, einem ganz klaren rot in strukturierten linien, die dem ganzen einen rahmen geben sollten, ohne rauch und ohne grau, strahlendrot. an dem ER sich seiner müdigkeit in der dunkelheit hingeben durfte.
insgesamt würde ER noch 270 freunde haben, die alle dieselben waren.
ohne bedeutung, und ohne hilfe, standen sie ihm bereit, doch ER nahm, was ER kriegen konnte.
beim 200. freund wurde ihm die hand beim wegschnipsen so schwer, dass sie zu boden sank, und ER alle kraft sammeln musste, um die packung erneut aufzuschnipsen. der 250. freund schien ihm drohend zuzuflüstern, ihn nicht wegzugeben. keinen neuen freund aufzunehmen.
und da wusste ER , dass es eine meuterei war. dass sie sich gegen IHN verschworen hatten.
eine hypnose als mittel jemandem seinen willen aufzuzwingen. ER dachte an froschaugen und an die amerikanische politik. ER schloss kurz die augen, um sich in seinem nebeligen dasein klarheit zu verschaffen. kaltherzig und mit einer plötzlichen erleichterung schnipste ER ihn von sich. am morgen des 260. freundes wollte ER ihn nicht kennenlernen. seine neue, rauchige affäre, mit seinem rauchigen inneren. doch automatisch schleppte ER sich die 19 sekunden hin und her, um in seinem sessel zu versinken. der 270. freund war böse zu ihm, er ließ ihn nicht mehr gehen. rauchend flüsterte er IHM ins ohr, umhüllte IHN mit dem kalten grauton, der IHN bis jetzt immer vor seinem leid bewahrt hatte, IHM zu einer flucht vor wahrheit und wahrhaftigkeit verholfen hatte. in einen nebel versetzt hatte, in dem alles egal schien. doch jetzt war da kälte, wo vorher unwissende beruhigung gewesen war. das grau schien IHM die letzte wärme zu entziehen, und als ER abends, wie immer, um 19:35, von einem spaziergang durch die eintönigkeit der stadt heimkehrte, zog ER trotz der kälte zur fensterbank um seinen neuen freund begrüßen zu können, der IHM mit freudiger erwartung in die hand springen würde.
ER wollte diesen einzigartigen schwarzgrauen magier in seiner linken hand loswerden, bevor er besitz von IHM ergriff. doch dort war kein freund. keine neue packung. Es war nichts mehr da. ER konnte den bösen nicht mehr wegschnipsen, sonst hätte ER keinen mehr. An seiner seite. Und plötzlich war jegliche graue struktur, die ER sich zusammengestickt hatte und sein leben nannte, verschwunden. Alles war anders.
Alles war anders. Anders.
ER rannte durch die wohnung, auf zittrigen beinen, mit einer schnelligkeit, von deren existenz er nie gewusst, geahnt hatte.
suchte, und wusste auf einmal nicht, was in 10 sekunden sein würde. wie sonst NIE.
ER umklammerte seinen 270. freund ganz fest und sog sein inneres aus, egoistisch, doch das war nun egal, wo alles anders war, um die isolation in sich selbst spüren zu können. Der freund war böse, ER musste ihn loswerden.
doch es ging nicht. Zu groß die angst. allein zu verbleiben. ER sank auf den boden. weinend. und ER wusste, ER konnte noch weg. doch sein freund nicht. mit jedem zug wurde die wohnung grauer. eine träne lief ihm die wange hinab. Das erste mal sah ER sich in der wohnung um, sehnte sich nach etwas neuem. ER ging zu dem fenster. wusste dass die rettung darin bestand, den bösen freund zu verlassen. neues finden . ohne ihn. ER öffnete das fenster, und die sonne schien ihm auf die bleiche haut. die erste brise, die nicht aus seiner rauchigen atemluft bestand, genoss ER ; während sie sein haar durchfuhr. ER weinte. legte seinen freund zu boden. und ER fühlte sich schuldig, nahm den aschenbecher, die asche aller freunde, die er im stich gelassen hatte. Von denen ER sich nun endgültig trennen musste.
ER machte ein aschehäufchen in eine schale und bettete seinen freund sanft darin ein.
ER nahm die blume, aus der bunten vase, die er noch nie bemerkt hatte und steckte sie in das häufchen. dann zog er seinen schwarzen anzug an. sagte tschüss und auf nimmerwiedersehn.
gab seinem freund einen abschiedskuss. doch die asche wirbelte auf und ER hustete. ER wusste, es war zeit für den abschied. ER machte das fenster weit auf, und war plötzlich entschlossen. seinen freund würde ER wegschnipsen. endgültigkeit loderte in ihm auf, wie die flamme seines feuerzeugs, die ihm jeden tag einen exakt berechneten milliliter der wärme schenkte, die ERr um seine existenz zu bewahren, brauchte.
und ER schnipste.
doch die augen der bösartigkeit, die nach rache suchten, erhoben sich aus ihren höhlen und der freund öffnete eine klaffende wunde an seiner seite und schrie. sie packte IHN und ER war nichts. und sie mussten auch diesen weg gemeinsam gehen.
unbarmherzig, kalt, rücksichtslos, zog die Zigarette IHN in den TOD.
Zu zweit waren sie gesprungen und doch starb er allein.
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Alt 21.03.2008, 12:26   #2
Struppigel
 
Dabei seit: 05/2006
Beiträge: 1.007


-verschoben, da dies kein Theaterstück ist-
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