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Lebensalltag, Natur und Universum Gedichte über den Lebensalltag, Universum, Pflanzen, Tiere und Jahreszeiten.

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Alt 16.01.2018, 02:05   #1
männlich Schmuddelkind
 
Benutzerbild von Schmuddelkind
 
Dabei seit: 12/2010
Ort: Berlin
Alter: 38
Beiträge: 4.798

Standard Auf alten Fotos

Auf alten Fotos bist du nicht zu sehn,
nur ich, wie ich mein Spielzeugauto "repariere",
das olle Ding bis zur Unkenntlichkeit seziere
und mir die Tränen in den Augen stehn.

Ich tauch nach Perlen im Allwetterbad.
Eine Taufe: ich mach Faxen, Zelt aus Stühlen,
Gartenschlauchgesang, dann Schaukelweitsprung, Kühlen,
mein erstes Rad, mein Armbruch und mein zweites Rad.

Und doch sind all die Fotos wunderschön,
so sehr du leider allerdings auch fehlst auf ihnen,
da sie doch wenigstens zu einem Zwecke dienen:
durch deine Augen meine Kindheit sehn.
Schmuddelkind ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 16.01.2018, 12:25   #2
weiblich Unar die Weise
 
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Dabei seit: 10/2016
Ort: in einem sagenhaften Haus
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Beiträge: 5.271

Da klingt viel Wehmut nach.
Ist jemand gegangen, verstorben? Vater oder Mutter?

So sehr du fehlst- klingt danach

Gern gelesen und drüber nachgedacht.

Unar
Unar die Weise ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 16.01.2018, 23:45   #3
männlich Laie
 
Benutzerbild von Laie
 
Dabei seit: 04/2015
Ort: Oberpfalz
Alter: 33
Beiträge: 847

Hi Schmuddelkind,

dein Gedicht berührt mich sehr. Ich hatte beim Lesen die gleiche Interpretation wie Unar.

Sehr gern gelesen.


Gruß,
Tiger
Laie ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 17.01.2018, 00:15   #4
männlich dr.Frankenstein
 
Benutzerbild von dr.Frankenstein
 
Dabei seit: 07/2015
Ort: Zwischen den Ostseewellen ertrunken
Alter: 41
Beiträge: 5.467

Vielleicht fehlt es auch so angesehn zu werden?

Geiles Teil
dr.Frankenstein ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 17.01.2018, 10:30   #5
männlich Schmuddelkind
 
Benutzerbild von Schmuddelkind
 
Dabei seit: 12/2010
Ort: Berlin
Alter: 38
Beiträge: 4.798

Vielen Dank, dass ihr mit mir eure Gedanken zu dem Gedicht teilt.

Es ist schon denkbar, dass hier die Mutter oder der Vater des LI gestorben ist. Das war nicht so beabsichtigt, als ich es geschrieben habe (mir ging es eher um den Wert der Bilder, die einem vielleicht ermöglichen können, seine Eltern im Nachhinein besser zu verstehen, da man sieht, was sie gesehen haben, was ihnen wichtig war). Aber als es fertig war, fand ich auch, dass da auch viel Trauer herüberweht und kam dann ebenfalls auf die Idee, dass dort jemand gestorben sei.

Freut mich jedenfalls, dass ihr die Lektüre nicht bereut.

LG
Schmuddelkind ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 17.01.2018, 11:22   #6
männlich Eisenvorhang
 
Benutzerbild von Eisenvorhang
 
Dabei seit: 04/2017
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Beiträge: 2.671

Hallo Schmuddlkind,

auch von mir ein Lob, mir gefällt das Gedicht auch sehr.
So viel Trauer schwingt für mich persönlich gar nicht mit.

Zur Kritik:

"Ding" klingt nicht sehr poetisch; "Teil" käme besser.
Und sezieren kann man nur Tiere und keine Spielzeugautos.
-> demontieren

Das versalzt aber die Suppe nicht!

Das Gedicht ist wirklich sehr schön, besonders die Metrik, liest es sich wie ein Text in Jamben und nicht wie ein Gedicht in Jamben!

Kompliment!

g
Eisenvorhang ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 17.01.2018, 12:54   #7
männlich Schmuddelkind
 
Benutzerbild von Schmuddelkind
 
Dabei seit: 12/2010
Ort: Berlin
Alter: 38
Beiträge: 4.798

Danke auch dir, gursky, für deinen ausgewogenen Kommentar!

Zitat:
Das Gedicht ist wirklich sehr schön, besonders die Metrik, liest es sich wie ein Text in Jamben und nicht wie ein Gedicht in Jamben!
Ich dachte zunächst, es sei vielleicht ein wenig prosaisch für ein Gedicht über das Schwelgen in Erinnerungen, aber im Vordergrund stehen ja die Fotos und der Vorgang des Durchblätterns, an sich etwas, das sich gut nüchtern und prosaisch erzählen lässt und da finde ich es passend, dass der Rhythmus einigermaßen "unsichtbar" wird. So in etwa habe ich auch deinen Kommentar verstanden.

Zu diesem Ansatz finde ich dann auch das Wort "Ding" passender als "Teil", wollte in etwa so schreiben, wie man vielleicht auch unmittelbar denkt in so einer Situation und zumindest mir kommt da das Wort "ding" am ehesten in den Sinn.

"Sezieren" - weiß nicht; ist natürlich dann auch im übertragenen Sinne gemeint und geht ja zurück auf das Wort "schneiden" - dazu vielleicht eine Anekdote aus meiner Kindheit: Habe (da war ich vielleicht drei oder vier) tatsächlich mal meine Spielzeugeisenbahn "repariert", indem ich sämtliche Kabel durchschnitt. Hinterher war ich ganz schockiert, dass die Bahn nicht mehr fährt.
In etwa dieses Bild hatte ich im Kopf, als ich mich für "sezieren" entschied, aber vielleicht passt es dann auch wiederum nicht so recht zu diesem Ansatz, die unmittelbaren Gedanken direkt wiederzugeben...

Was mich tatsächlich mehr stört: "leider allerdings" - das ist zu viel und klingt einfach nach Füllwort, vielleicht auch, weil mindestens eines der beiden Wörter wohl ein Füllwort ist.

Na ja, mal sehen, ob mir noch ein paar Verbesserungen einfallen.

Jedenfalls danke für deine Kritik und deine konstruktiven Vorschläge!

LG
Schmuddelkind ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 17.01.2018, 13:17   #8
männlich Eisenvorhang
 
Benutzerbild von Eisenvorhang
 
Dabei seit: 04/2017
Ort: Erzgebirge
Alter: 38
Beiträge: 2.671

Was hieltest Du davon (in einem etwas anderen Ton)

Und doch sind all die Fotos wunderschön,
so sehr mir dein Vorhandensein auf Bildern fehlt,
verbleibt ein Klares im Erinnern, wohl gewählt -

da sie doch wenigstens zu einem Zwecke dienen:

vlg

g

Geändert von Eisenvorhang (17.01.2018 um 14:27 Uhr)
Eisenvorhang ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 18.01.2018, 18:49   #9
männlich ganter
 
Benutzerbild von ganter
 
Dabei seit: 04/2015
Beiträge: 2.478

Standard Alte Bilder

Guten Abend Schmuddelkind,

alte Fotos, da hast Du ein interessantes Thema gestaltet. In unser Selfie-Zeit und den Massen digitaler Bilder, werden unsere Nachkommen sie noch wiederfinden - auf längst veralteten Datenträgern?

-ganter-
ganter ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 19.01.2018, 22:26   #10
männlich Schmuddelkind
 
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Beiträge: 4.798

Zitat:
Und doch sind all die Fotos wunderschön,
so sehr mir dein Vorhandensein auf Bildern fehlt,
verbleibt ein Klares im Erinnern, wohl gewählt -
da sie doch wenigstens zu einem Zwecke dienen:
Vielen Dank, dass du dir extra die Mühe gemacht hast, eine Alternative zusammen zu schustern! Die Wortwahl finde ich echt klasse. Aber irgendwie bricht es doch den Rahmen, oder? Du meinst dann wohl "durch deine Augen meine Kindheit sehn" als fünften Vers, nicht wahr? Und dann hätte aber "dienen" keinen Partner. So schön ich deinen Vorschlag, was die Satzkonstruktion und die Wortwahl angeht, finde, scheint es mir leider nicht ganz zu passen. Trotzdem noch einmal vielen, lieben Dank!

@ganter:

Dank auch an dich für deine Gedanken zum Gedicht!
Was das Selfie-Zeitalter anbelangt: Selfies empfinde ich als eine Zurschaustellung des eigenen Lebens in sozialen Netzwerken, wo mir ohnehin eher die Philosophie zu herrschen scheint, dass man ein Leben führt, um es vorzeigen zu können. Im Gegensatz dazu haben solche Fotos von geliebten und verwandten Menschen, die man für sich privat oder in der Familie betrachtet stets den Charme einer gewissen Ehrlichkeit und Vertrautheit.

Insofern ist es nur zu wünschen, dass man sie wiederentdeckt.

LG
Schmuddelkind ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 19.01.2018, 23:06   #11
männlich Eisenvorhang
 
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Alter: 38
Beiträge: 2.671

Zitat:
Zitat von Schmuddelkind Beitrag anzeigen
Die Wortwahl finde ich echt klasse. Aber irgendwie bricht es doch den Rahmen, oder?
@ganter:

LG
Nichts zu danken! Ich bringe Vorschläge, weil ich es als Training betrachte!
Ich warnte Dich allerdings vor, dass der Vorschlag in einem anderen Ton geschrieben ist.

Ganz egal wie! Das Gedicht ist einfach toll!
Eisenvorhang ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 20.01.2018, 10:43   #12
männlich ganter
 
Benutzerbild von ganter
 
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Beiträge: 2.478

Standard Wer inszeniert einen besser als man selbst

Zitat:
Zitat von Schmuddelkind Beitrag anzeigen

@ganter:

Dank auch an dich für deine Gedanken zum Gedicht!
Was das Selfie-Zeitalter anbelangt: Selfies empfinde ich als eine Zurschaustellung des eigenen Lebens in sozialen Netzwerken, wo mir ohnehin eher die Philosophie zu herrschen scheint, dass man ein Leben führt, um es vorzeigen zu können. Im Gegensatz dazu haben solche Fotos von geliebten und verwandten Menschen, die man für sich privat oder in der Familie betrachtet stets den Charme einer gewissen Ehrlichkeit und Vertrautheit.

Insofern ist es nur zu wünschen, dass man sie wiederentdeckt.

LG

Guten Morgen Schmuddelkind,

Deine Selfie-Hinweise lassen mich folgendes überlegen: Die auf den alten Bildern wurde meist von ihren Fotografen in Pose gesetzt - wie viel interessanter wären da ihre Selfies?

Unsere Zeitgenossen produzieren aber eine solche Bilderflut, dass die Nachfahren darin hoffnungslos nach Spuren suchen werden, die ja angeblich für ewig in Netzen verbleiben – aber wer kann sie da noch aufspüren?

-ganter-
ganter ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 20.01.2018, 22:14   #13
männlich Schmuddelkind
 
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Beiträge: 4.798

Zitat:
Nichts zu danken! Ich bringe Vorschläge, weil ich es als Training betrachte!
Das ist eine vorbildliche Einstellung und hilft uns anderen Künstlern ungemein. Danke dafür!
Mir persönlich mangelt es meist an sinnvollen Vorschlägen zu den Gedichten Anderer - eigentlich auch zu meinen eigenen Gedichten. Traue mich wohl immer nicht so richtig, in etwas "Fertiges" reinzuschneiden, auch wenn es angebracht wäre (Freud würde wohl sagen, dies sei auf meine Eisenbahn-Sezierung zurückzuführen). Insofern kann ich dich ob deiner Gabe nur beneiden.

Zitat:
Die auf den alten Bildern wurde meist von ihren Fotografen in Pose gesetzt - wie viel interessanter wären da ihre Selfies?
Da steckt auch viel Wahres drin. Ich persönlich mochte es nie, wenn mir im Urlaub oder so jemand Anweisungen gegeben hat, wie ich mich vor dem Eiffelturm in Szene zu setzen habe. Aber ich schätze, die meisten Fotos, die Eltern von ihren Kindern machen (oder machten?), sind Schnappschüsse, die aus einem spontanen Entschluss entstanden, eine spontane Regung festzuhalten. Zumindest scheint das bei meinen alten Kindheitsfotos der Fall zu sein.

Zitat:
Unsere Zeitgenossen produzieren aber eine solche Bilderflut, dass die Nachfahren darin hoffnungslos nach Spuren suchen werden, die ja angeblich für ewig in Netzen verbleiben – aber wer kann sie da noch aufspüren?
Wie das wohl in 10.000 Jahren sein mag, wenn Archäologen (oder die Aliens, die die bis dann menschenlos gewordene Erde kolonisieren) unsere kulturellen Zeugnisse studieren? Aus diesen Selfies können sie vermutlich auch nicht schlauer werden als aus den Handabdrücken in prähistorischen Höhlen. Vermutlich werden sie irgendeinen Kult hineininterpretieren. Alte Gesellschaften haben ja nur im Kult gelebt.

LG
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Stichworte
fotos, kindheit, reminiszenz

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