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Alt 30.07.2019, 14:03   #1
männlich moses
 
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Beiträge: 197


Standard Ein Schwarzer Mann

Ein schwarz gekleideter Mann mit einem schwarzen Rollkoffer geht durch die grauen Straßen der stinkenden Stadt in Richtung Bahnhof. Die schattenartige Gestalt trägt, abhängig vom Betrachter, Hut oder Turban, einen Bart oder keinen, zu erkennen ist es nicht genau. Mit dem festen Schritt der Entschlossenheit geht der schwarze Mann seinen Weg.

Selbst als er den Schatten der mit Menschen angefüllten Häuser verlässt, um den sonnendurchfluteten Bahnhofsvorplatz zu betreten, bleibt er im Dunkeln, unerkannt bahnt er sich seinen Weg in Richtung des riesigen Gebäudes im Zentrum der europäischen Millionenstadt, die nun sein Zuhause war. Niemand zeigte mit dem Finger auf ihn und niemand rief die Polizei, er konnte sich frei bewegen und seine dunklen Wege beschreiten, wie es ihm gefiel.

Der Weg, der ihn zum Bahnhof geführt hat, hatte Spuren hinterlassen, aber sie waren für niemanden zu erkennen, nur im Lichte seiner Seele konnte man die immer größer werdenden Schatten erkennen, die sich in seinem Kopf abzeichneten, aber dafür hätte freilich jemand genauer hinsehen müssen und das tat man nicht gern.

So zieht die dunkele Seele unbehelligt von Repressalien dahin in Richtung des Bahnhofs, in Richtung tausender blinder Menschen, die sich noch die Hände vor die Augen halten, um auch sicher nicht zu sehen, was um sie herum vor sich ging.

Das Alter des schwarzen Mannes ist schwer zu schätzen, irgendwas zwischen 16 und 99, es ist alles möglich, für mich scheint er älter zu sein und einen Hut zu tragen, aber sicher bin ich nicht. Grade sehe ich noch, wie er die Tür zum Hauptgebäude erreicht, sie öffnet und eintritt, als wolle er demnächst einen Zug besteigen. Noch immer stoppt ihn niemand. Plötzlich ein lauter Knall, Schreie, ich habe keine freie Sicht.

Ich gehe zum Küchentisch, nehme den Becher mit lauwarmem Kaffee und lese die EILMELDUNGEN auf meinem Handy.

„RENTNER AUF GLEISE GESTÜRZT UND VERSTORBEN.“

Offenbar ist zur selben Zeit, als der schwarze Mann in den Bahnhof ging, ein alter Mann, der an Demenz litt, ohne einen Moment zu zögern vor einen einfahrenden ICE gesprungen. Die Kriminalpolizei Polizei ermittelt nun auch gegen die Pflegeeinrichtung, die ihre Aufsichtspflicht verletzt haben soll.

Bestürzt lege ich die Zeitung beiseite und frage mich, wie es meinem Opa wohl geht, ich habe ihn ewig nicht gesehen. Das Telefon klingelt und langsam, wie mechanisch, beginne ich damit mir die Ohren zuzuhalten.
moses ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 28.08.2019, 00:26   #2
männlich Psychopath
 
Benutzerbild von Psychopath
 
Dabei seit: 04/2018
Beiträge: 136


Ich versteh die Geschichte nicht.
Erst schaut das LI auf sein Handy und dann legt er plötzlich
die Zeitung weg? Was nun, Eilmeldung oder Schlagzeile?

Beobachtet das LI den Mann?
Wieso sollte die Eilmedung just in dem Moment erscheinen,
In dem der ältere Mann vor den Zug springt.
So schnell ist nicht einmal der aufdringlichste Journalist.

"Offenbar ist zur selben Zeit, als der schwarze Mann in den Bahnhof ging, ein alter Mann, der an Demenz litt, ohne einen Moment zu zögern vor einen einfahrenden ICE gesprungen."
Ergibt irgendwie keinen Sinn.
Psychopath ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 05.09.2019, 02:41   #3
männlich Flanders
 
Benutzerbild von Flanders
 
Dabei seit: 08/2019
Ort: Niedersachsen
Alter: 43
Beiträge: 10


So wie ich das interpretiere geht es darum, das jeder in einer Großstadt anonym ist und außerdem jeder jedem scheißegal. Es interessiert niemanden wie es diesem Mann geht und ob er vielleicht Probleme hat. Und wenn etwas passiert ist die Bestürzung gewaltig und es werden Schuldige gesucht, obwohl jeder mit Schuld daran hat.

Gut geschrieben, gefällt mir.
Flanders ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 05.09.2019, 13:20   #4
weiblich DieSilbermöwe
 
Benutzerbild von DieSilbermöwe
 
Dabei seit: 07/2015
Alter: 60
Beiträge: 6.687


Ich interpretiere es eher so, dass der schwarze Mann der Tod bzw. eine Metapher für den Tod ist.

Hallo moses,

Zitat:
Bestürzt lege ich die Zeitung beiseite und frage mich, wie es meinem Opa wohl geht, ich habe ihn ewig nicht gesehen. Das Telefon klingelt und langsam, wie mechanisch, beginne ich damit mir die Ohren zuzuhalten.
Du hättest vielleicht noch einflechten können, dass der Opa des Ich-Protagonisten in einer Pflegeeinrichtung lebt.

LG DieSilbermöwe
DieSilbermöwe ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 05.09.2019, 14:43   #5
männlich moses
 
Benutzerbild von moses
 
Dabei seit: 07/2013
Ort: Köln
Alter: 36
Beiträge: 197


Erstmal danke für die Rückmeldungen

Zum ersten Beitrag, Danke, dass du mich auf den Fehler mit Handy und Zeitung aufmerksam gemacht hast, ich glaube, ich habe den Text danach irgendwann nochmal gelesen und es selbst bemerkt, aber da ich es selbst nicht für ein Glanzstück halte und es ein erster Versuch einer kurzen Geschichte mit etwas Tiefgang war, habe ich mich nicht weiter damit auseinandergesetzt *shame on me*. Danke auf jeden Fall!

Anonymität ist eigentlich das Hauptthema und das Wegschieben von der eigenen Verantwortung, aber Interpretationen sind natürlich gerne gelesen

LG
moses ist offline   Mit Zitat antworten
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