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Philosophisches und Nachdenkliches Philosophische Gedichte und solche, die zum Nachdenken anregen sollen. |
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21.07.2009, 09:15 | #1 |
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Sonett
Die Wahrheit ist ein Buch mit ehern Siegel,
Volksstimme sagt: Sieh tief auf des Weines Grund, lausche des Narren Wort, hör auf Kindermund, so schaust du der Wahrheit ehrlichsten Spiegel. Verschlossen das Buch, gehuldigt der Lügen, vergeudet des Weines allwissender Saft und verschleudert des Kindes sehende Kraft, als wär’s reine Lust, sich selbst zu betrügen! Die Wahrheit bringt selten Freude, oft Schmerzen, doch hüte dich, ihr das Rückgrat zu biegen, falsches Bild täuscht weder Seelen noch Herzen, es vergiftet deinen inneren Frieden, bleibe rechtschaffen, ihn nicht zu verscherzen, zu ehren ist die Wahrheit, nicht zu lieben. |
21.07.2009, 13:57 | #2 |
Toll!
Hör auf Kindermund...
Ach einfach nuur schön. |
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21.07.2009, 14:03 | #3 |
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Danke, das war mein erstes Sonett und bei dieser strengen Form ein ordentliches Stück Arbeit.
LG Ilka-M. |
21.07.2009, 14:06 | #4 |
Ja das glaube ich gern.
Ich würde mich noch lange nicht an soetwas heranwagen. |
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08.11.2012, 13:38 | #5 |
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Liebe Ilka,
der Inhalt deines Sonettes ist ansprechend. Die Wahrheit muss man nicht lieben, aber respektieren, ehren. Die inhaltliche Gliederung in These. Antithese und Synthese ist gelungen. Formal würde ich dir gerne beim Sonett helfen, wenn du magst. Die Metrik ist nicht korrekt. Du hast den 5 Heber gewählt. schön eigentlich. Ein Sonett wird in Jamben geschrieben, d.h. eine Silbe unbetont,(-) die nächste betont. (/) Die Wahrheit ist ein Buch mit ehern Siegel, (ok) Volksstimme sagt: Sieh tief auf des Weines Grund, / - - / / z.B. Das Volk sagt: schau auf tiefes Weines Grund lausche des Narren Wort, hör auf Kindermund, z.B. und lausch des Narren Wort, hör Kindermund so schaust du der Wahrheit ehrlichsten Spiegel. z.B. so schaust du Wahrheit selbst im blinden Spiegel usw. Sonette im klassischen Stil schreiben, kann man lernen, ich sehe bei dir Potential. Ich würde mich freuen, wenn du irgendwann zur Sonettine wirst- aber so einfach ist es eben nicht. Wie gesagt, melde dich, wenn du Hilfe brauchst. LG von KOKO |
08.11.2012, 14:35 | #6 |
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Danke, kokoschanell, ich habe genügend Material über das klassische Sonett. Dieses hier ist schon älter, da hatte ich in der Tat nicht alle Kriterien berücksichtigt, weil es mir zunächst um die Umsetzung des Inhalts und die Einhaltung der Quartette und Tripletten ging. Es war quasi ein Erstversuch, und ich will nicht ausschließen, dass ich das Gedicht irgendwann einmal hinsichtlich der Jamben und Hebungen überarbeite.
Ich hätte z.B. schreiben können: "... die Volkesstimme sieht auf des Weines Grund ...". Aber offen gesagt: Die strenge Einhaltung der klassischen Regeln hört sich für mich wie Geleier an, der Wechsel gefällt mir besser. Das ändert nichts daran, dass Du natürlich mit Deinen Einwendungen recht hast. Deshalb danke fürs Lesen und Dein Angebot. |
08.11.2012, 16:27 | #7 |
Die Wahrheit ist ein Buch mit eherm Siegel,
des Volkes Stimme sagt: Sieh auf den Grund des Weines, lausche Narren, Kindermund, dann siehst du sie, schaust ihren reinsten Spiegel. Verschlossen harrt das Buch zum Heil der Lügen, vergeudet ist der Wein, sein weiser Saft, verschleudert auch des Kindes Seherkraft, als wär’s die reine Lust, sich zu betrügen! Die Wahrheit bringt statt Freude meist nur Schmerzen, doch hüte dich, verbieg ihr Rückgrat nicht, ein falsches Bild täuscht Seelen nicht noch Herzen, vergiftet inneren Frieden, trübt das Licht, bleib ehrlich, diese Kraft nicht zu verscherzen, die Wahrheit ehre, Liebe braucht sie nicht. |
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08.11.2012, 16:45 | #8 |
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Das hast Du wirklich schön gemacht, gummibaum. Und den Inhalt voll und ganz erhalten. Ich bin begeistert.
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08.11.2012, 17:44 | #9 |
Ich schätze dich auch sehr, Ilka.
LG gummibaum |
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08.11.2012, 17:53 | #10 |
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09.11.2012, 01:09 | #11 |
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ja, das ist ein prima Sonett, das Gummibaum da formuliert hat, angelehnt an Ilka, deine Vorgabe.
Nur bei inneren Friden hüpft er aus der Metrik. innren LG von koko |
09.11.2012, 06:31 | #12 | |
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Zitat:
Aber danke für den Hinweis, vielleicht wird es ja doch noch hieb- und stichfest. |
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09.11.2012, 12:10 | #13 |
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warum bin ich in dieses Forum gegangen? Immer hofft man, Autoren zu finden, mit denen man sich niveauvoll über Lyrik unerhalten kann.
Ich selbst stelle für mich den Anspruch, ein Genre, das ich als solches angebe, formvollendet darzustellen. Ich glaaube kaum, dass mir jemand da mangelnden Inhalt vorwerfen könnte. Das muss aber jeder für sich selber entscheiden. Jeder kann so schreiben, wie es ihm beliebt. Nur wenn man sich mit einem Genre schmückt, sollte e auch eben formvollendet sein. Diese Problematik gbt es gerne auch bei Limericks. Wenn die Form nicht stimmt, sind es eben nur witzige Kurzgedichte, was ja auch ok ist. Schreibt jemand aber, er habe einen Limerick geschrieben, so muss man erwarten können, dass es auch einer ist. Sonst schmückt derjenige sich mit fremden Federn. Dies nicht gegen dich, sondern allgemein zu meiner Einstellung. LG von KOKO |
09.11.2012, 13:24 | #14 |
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09.11.2012, 14:06 | #15 |
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05.01.2013, 12:25 | #16 |
nietzsche schrieb
die wahrheit ist ein weib..
über lüge und wahrheit im außermoralischem sinn du hast eine schöne sprache ein genuß für den leser lg hyper |
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05.01.2013, 16:04 | #17 |
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Danke für Deine Aufmerksamkeit.
LG Ilka |
05.01.2013, 21:30 | #18 |
R.I.P.
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05.01.2013, 22:25 | #19 |
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Die Lüge ist auch ein Weib, Wahrheit und Lüge haben den weiblichen Artikel. Genauso wie die Annahme, die Vorstellung, die Eingebung, die Suggestion usw. Mit gutem Grund.
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06.01.2013, 17:57 | #20 | |
Zitat:
Ich schau mal, ob ich den guten Grund, den Du da irgendwie findest auch bei andern weiblich begleiteten Wörtern find: Die Hose die Hauptstadt die Sonne die Massenproduktion die Korruption die Prostata die Krawatte die Glatze die Teuerung die Banane ..... haben die auch das "die" aus gutem Grund oder sind das nur blinde Passagiere an Bord der "DIE-WÖRTER" Verwirrt MuschelIch (die ) Geändert von MuschelIch (06.01.2013 um 22:06 Uhr) |
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06.01.2013, 18:09 | #21 |
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Du hast mich leider zu ernst genommen und keine Ironie bei mir erwartet. Ich habe die deutschen Artikel nicht vergeben und verstehe sie selbst nicht. Vielleicht wäre ich zum besseren Verständnis zwei- oder dreihundert Jahre eher auf die Welt gekommen.
Macht aber nix, meine Art, Witze zu machen, ist vielleicht wirklich zu todernst, als dass sie jeder verstehen könnte. |
07.01.2013, 09:39 | #22 |
Vorausgesetzt, dass die Wahrheit ein Weib ist
Friedrich Nietzsche
Jenseits von Gut und Böse Vorspiel einer Philosophie der Zukunft Vorrede Vorausgesetzt, dass die Wahrheit ein Weib ist -, wie? ist der Verdacht nicht gegründet, dass alle Philosophen, sofern sie Dogmatiker waren, sich schlecht auf Weiber verstanden? dass der schauerliche Ernst, die linkische Zudringlichkeit, mit der sie bisher auf die Wahrheit zuzugehen pflegten, ungeschickte und unschickliche Mittel waren, um gerade ein Frauenzimmer für sich einzunehmen? Gewiss ist, dass sie sich nicht hat einnehmen lassen: - und jede Art Dogmatik steht heute mit betrübter und muthloser Haltung da. Wenn sie überhaupt noch steht! Denn es giebt Spötter, welche behaupten, sie sei gefallen, alle Dogmatik liege zu Boden, mehr noch, alle Dogmatik liege in den letzten Zügen. Ernstlich geredet, es giebt gute Gründe zu der Hoffnung, dass alles Dogmatisiren in der Philosophie, so feierlich, so end- und letztgültig es sich auch gebärdet hat, doch nur eine edle Kinderei und Anfängerei gewesen sein möge; und die Zeit ist vielleicht sehr nahe, wo man wieder und wieder begreifen wird, was eigentlich schon ausgereicht hat, um den Grundstein zu solchen erhabenen und unbedingten Philosophen-Bauwerken abzugeben, welche die Dogmatiker bisher aufbauten, - irgend ein Volks-Aberglaube aus unvordenklicher Zeit (wie der Seelen-Aberglaube, der als Subjekt- und Ich-Aberglaube auch heute noch nicht aufgehört hat, Unfug zu stiften), irgend ein Wortspiel vielleicht, eine Verführung von Seiten der Grammatik her oder eine verwegene Verallgemeinerung von sehr engen, sehr persönlichen, sehr menschlich-allzumenschlichen Thatsachen ich kanns nicht lassen lg hyper |
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07.01.2013, 09:42 | #23 |
Über Wahrheit und Lüge im außermoralischen Sinne
Über Wahrheit und Lüge im außermoralischen Sinne
Friedrich Nietzsche 1873, aus dem Nachlaß 1 In irgend einem abgelegenen Winkel des in zahllosen Sonnensystemen flimmernd ausgegossenen Weltalls gab es einmal ein Gestirn, auf dem kluge Tiere das Erkennen erfanden. Es war die hochmütigste und verlogenste Minute der "Weltgeschichte": aber doch nur eine Minute. Nach wenigen Atemzügen der Natur erstarrte das Gestirn, und die klugen Tiere mußten sterben. – So könnte jemand eine Fabel erfinden und würde doch nicht genügend illustriert haben, wie kläglich, wie schattenhaft und flüchtig, wie zwecklos und beliebig sich der menschliche Intellekt innerhalb der Natur ausnimmt. Es gab Ewigkeiten, in denen er nicht war; wenn es wieder mit ihm vorbei ist, wird sich nichts begeben haben lg hyper ich mußte dies zitieren ,man kann es nicht schöner formulieren |
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09.01.2013, 14:36 | #24 |
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Vierzehn belanglose Zeilen des lyrischen Analphabetentums, deren Metrik und Deutsch weder der Verslehre noch der Orthographie Tribut zollen, ergeben auch unter Begleitung serviler Elogen kein Sonett. Auch dann nicht, wenn der Titel es erzwingen soll. Es sind und bleiben eben doch nur vierzehn belanglose Zeilen. Und hierbei handelt es sich eher um die Regel als um einen bedauerlichen Einzelfall.
Bane |
10.01.2013, 08:04 | #25 |
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Zu spät, Bane, das Gedicht ist bereits vor drei Jahren (u.a.) in einer Anthologie veröffentlicht worden. Die korrigierte Version kann ich leider nicht mehr nachschieben, gedruckt ist gedruckt.
Wie Du siehst, stammt das Gedicht aus dem Jahr 2009, mir hätte konstruktive Kritik damals sicherlich geholfen. Aber davon abgesehen gibt es viele Sonette, die von der klassischen Metrik abweichen; schließlich steht nirgendwo geschrieben, dass man sich sklavisch daran halten muss. |
12.01.2013, 06:33 | #26 | ||
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Zitat:
Zitat:
Hier sage ich nur: Trochäen. Bane |
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12.01.2013, 09:38 | #27 |
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Wie bereits mitgeteilt: Diese Kritik kommt zu spät. Die Veröffentlichung war vor drei Jahren.
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12.01.2013, 15:49 | #28 |
Philosophisch, poetisch, aussagekräftig.
Was will man mehr. Liebe Grüße wolfmozart |
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12.01.2013, 16:03 | #29 |
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Danke, Wolfmozart.
Und Dank an alle, die das alte Werk aus der Senke geholt haben. |
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