Deutschland

[Ex-DrKarg]

Deutschland

©Hans Hartmut Karg
2014

Unsere Mitte heißt immer noch Europa,
In der Mitte, in Deutschland, bin ich, hier.

Die Fleißigen werden schon recht alt
Und unser Wohlstand bröckelt langsam.

Kann ich mein Land noch lieben,
Wenn ich einen ganzen Erdteil liebe?

Wird mein Land nicht schemenhaft,
Unklar und unlauter, versteinern?

Wird mein Deutschland hilflos,
Wenn Europa erst richtig loslegt?

Wird eine neue Kulturblüte werden,
Wenn Europa erst aufgewacht ist?

*

[Tuva]

Da kommen mir ein paar Fragen in den Sinn:

Sind diejenigen, die sich für einen Lohn abarbeiten, von dem sie nicht leben können, nicht fleißig?

Ist ein Land oder auch ein Erdteil ein Liebesobjekt?


Deine eigenen Fragen, die du in diesem Text stellst, sind mir offen gesagt zu vage, als daß ich darauf irgendwie eingehen könnte.

Nix für ungut.
Tuva

[Ilka-Maria]

Ich meine die Kernaussage in diesen Versen zu erkennen:

Kann ich mein Land noch lieben,
Wenn ich einen ganzen Erdteil liebe?

Die Frage lautet also, anders formuliert, ob die Politik, Wirtschaft, Kultur und andere Bereiche meines Landes von der Europäischen Oberhoheit geschluckt werden und ich dann keine Deutsche, sondern nur noch Europäerin bin. Wenn ich bedenke, dass die Deutschen aufgrund ihrer Geschichte sich scheuen (müssen?), Nationalstolz zu zeigen und sich schon sehr lange lieber als Europäer statt als Deutsche bezeichnen, mag die Frage berechtigt sein.

Aber dominiert die EU wirklich alle nationalen Bereiche ihrer Mitgliedsstaaten? Ich bezweifle das, denn das Europaparlament ist nicht vergleichbar mit den nationalen Volksvertretungen. Die Leute, die in das EU-Parlament entsandt worden sind, können nicht auf die Belange jedes einzelnen Mitgliedstaates einwirken. Die eigentliche Macht liegt bei der Kommission.

Abgesehen davon interessieren sich die Leute herzlich wenig für die EU-Politik. Sie horchen nur auf und murren, wenn unliebsame Regelungen wie z.B. die Abschaffung der klassischen Glühbirne oder - wie jetzt ansteht - die flächendeckende Einführung der Biotonne angeordnet wird. Die Politik ihres eigenen Landes steht nach wie vor im Vordergrund.

Kurz gesagt: Den "Europäer" als Nationalität wird es nicht geben. Jedenfalls nicht, solange verschiedene Landessprachen gesprochen werden. Denn Denk- und Handlungsweise, Sozialisierung, Bildung und Kultur sind stark von der Muttersprache geprägt, und das lässt sich nicht einfach überbauen.

[Ex-DrKarg]

Liebe Ilka-Maria, liebe Tuva,
fleißig sind natürlich immer auch die Wenigverdiener!
Mit meinem Gedicht wollte ich nur unterschwellige Ängste und virulierende Gedanken zum Ausdruck bringen, die nicht nur ich habe.
Dazu besonders die In-Beziehung-Setzung: Fleiß - Alter- Wohlstand; Liebe - Nation - Erdteil;...
Geht das alles zusammen?
Ilka-Maria hat die Nöte von uns Europäern ebenfalls dargestellt. Ist es nicht schwer, Deutscher u n d Europäer zu sein und noch schwerer zu w e r d e n?
Herzliche Grüße
H. H. Karg