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Alt 21.05.2010, 23:05   #1
männlich Harlekin
 
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Alter: 33
Beiträge: 57


Standard Fünfundzwanzig Minuten

FHe;
durch das offene Fenster dringt der letzte Dreiklang an mein Ohr und verweilt noch, sich an den Wänden brechend, für einen Moment im Raum. Die Gitarren sind verstummt und ein wohliges Gefühl stellt sich ein - der Sänger hatte die letzten dreiundzwanzig Takte keinen Text.

Die Ruhe reißt mich aus der Gedankenwelt, mein Blick fixiert die Uhr – 20.27 – in einer halben Stunde schließt das Geschäft. Aufspringend, mir eine Zigarette schnappend, beginnt der Stuhl bedrohlich zu kippeln.

Verwirrt bleibe ich mit einer Hand an der Türklinke stehen, die Augen ruhen auf dem Stuhl – keine Zeit für diesen Schabernack. Mit einem kräftigen Ruck klinke ich die Tür aus und werfe sie, die Treppen hinab eilend, mit einem Schlag zu.

Kaum aus der Haustür getreten, verlieren meine Schritte den Schwung – Stadtfest. Von links nach rechts, wo man auch hinschaut: laufend, stehend, in Autos und Straßenbahnen fahrend - Menschen. Für einen kurzen Moment stockt der Atem, die Zeit hält an. Meine Hand tastet nach den Kopfhörern des MP3-Players – Fehlanzeige.
Ich besinne mich und beschleunige meine Schritte in Richtung Innenstadt.

Ein reißender Menschenstrom fließt, sich von Oben nach Unten ziehend, auf einer Nebenstraße entlang und droht mich vom rechten Weg abzubringen. Vor mir laufen zwei Männer, deren “Consdaple“-Shirts nicht nötig wären, um ihre Gesinnung zu erraten. Zügig überhole ich die Beiden ohne den Blinker zu setzen und bekomme ein empörtes „Ey!“, hinterher gebrüllt – geschafft.

Mit einer Tüte bepackt verlasse ich das Geschäft – ging ungewöhnlich schnell heute. Jetzt nur noch nach Hause. In dem kleinen Imbiss stehen zwei kleine Kinder, wohl Bruder und Schwester. Mit einem schelmischen Grinsen verpasst er ihr einen gezielten Stich mit dem Besenstiel. An Aluminumtischen, die neben der kleinen Bude stehen, sitzen die Inhaber mitsamt Freundeskreis und genießen den Duft von, verbranntem Gummi, der sich langsam ausbreitet.

Erneut gewinnt mein Gang an Geschwindigkeit. Vorbei an labil grinsenden Jugendlichen, die Zeug in sich rein schütten, von dem sie wohl nicht einmal träumen dürften. Vorbei an einer Mutter, die in ihrem Zustand der Aufsichtspflicht ihrer Kinder nur schwerlich nachkommen wird. Vorbei an einer Bühne, auf der wohl ein modernes Musikstück, das mir nichts sagt, gespielt wird – sie bekommt keine Überarbeitung im Tonstudio.

An einem der Mülleimer steht ein junger Mann, der seinen Döner verzehrend, unsicher und unentwegt hin und her blickt. Der einzig sympathische Mensch, den ich hier in dieser Masse erblicken konnte. Im Vorbeigehen schenke ich ihm ein Lächeln, dem mit einem hastigen Zwinkern, gefolgt von einer Hustenattacke, begegnet wird – irgendwie reizend.

Gut gelaunt schließe ich die Tür auf, schließe das Fenster.
Harlekin ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.05.2010, 00:56   #2
männlich Neny
 
Dabei seit: 10/2009
Ort: Lancre
Alter: 37
Beiträge: 96


Hey Harlekin,

wie erfrischend, eine interessante Kurzgeschichte. Hat freude gemacht zu lesen, wurde mitgezogen, durch die 25 Minuten. Schöne Formulierungen und die kurzen Absätze mag ich sehr, dadurch erhält das ganze ein angenehm flottes Tempo.
Was mir im Moment nichts sagt, ist das FHe am Anfang. "Consdaple" musste ich erst Mal nachschauen, ich leb wohl zu weltabgeschieden irgendwie .

"den Duft von, verbranntem Gummi, der sich langsam ausbreitet." ist das Komma vor verbranntem nicht überflüssig? Sonst is mir grad nix aufgefallen, aber das is keine Garantie bei mir ^^.

Würd ich aufjedefall gern mehr von lesen.

Grüße Neny
Neny ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.05.2010, 01:08   #3
männlich Ex-Ralfchen
abgemeldet
 
Dabei seit: 10/2009
Alter: 77
Beiträge: 17.302


Zitat:
Die Ruhe reißt mich aus der Gedankenwelt, mein Blick fixiert die Uhr – 20.27 – in einer halben Stunde schließt das Geschäft. Aufspringend, mir eine Zigarette schnappend, beginnt der Stuhl bedrohlich zu kippeln.
hm einen stuhl, der aufspringt hab ich no net gesehen. ich meine der satz wäre grundsätzlich ok endet nur ine einem stuhl-wirr-warr.

ich geh erst mal gar net weiter im text. er iss dicht nur du lädst zuviel aktionen und handlungen, die in no-time aufeinanderfolgen.

aber das alte ralfelchen sieht in den ersten zwei absätzen ein versprechen auf gutes future-material. ich denke: du hast was lieber junger mensch.

Die plötzliche Stille reißt mich aus den Gedanken, shit, es iss 20.27 – in einer halben Stunde schließt der verdammte Laden. Ich hieve mich überhastet auf, entpacke ne' Zigarette und lasse den Stuhl dabei achtlos zu Boden scheppern.

ein stuhl der kippt kann NIE eine bedrohung sein. das sind marginalitären die du aufbläst. vergiss das. du musst deinen sehr anspruchsvollen stil vom ballast deiner sonderideen reinigen, dann wird das wortgemisch noch dichter und feiner.
Ex-Ralfchen ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.05.2010, 13:27   #4
männlich Harlekin
 
Benutzerbild von Harlekin
 
Dabei seit: 04/2010
Ort: Kassel
Alter: 33
Beiträge: 57


Standard Hey ihr Beiden

Also Neny,
FHe ist der letzte Dreiklang im Stück "Nothing Else Matters", zumindest auf dem Klavier - mit der Gitarre kenne ich mich nicht aus. Ursprünglich war da noch "||" eingebaut, um den Taktstrich anzudeuten, aber da ich dachte, dass das nur noch mehr verwirren würde, habe ich es rausgenommen.

Zitat:
"Consdaple" musste ich erst Mal nachschauen, ich leb wohl zu weltabgeschieden irgendwie .
Die hätte ich gestern Abend auch gerne gehabt, aber Pustekuchen ist gewesen.

Es freut mich, dass die kleine Geschichte bei dir Anklang gefunden hat und danke für den Kommafehler.




Nun zum Ralfchen.
Zitat:
hm einen stuhl, der aufspringt hab ich no net gesehen.
Ah, das wollte ich gar nicht ausdrücken. Der Erzähler springt auf, schnappt sich eine Zigarette und als Folge der unbedachten Bewegung droht der angestammte Sitzplatz zu Boden zu stürzen.
Kommt es wirklich so an, dass der Stuhl aufspringt? Dann ändere ich es natürlich - vielleicht habe ich das Geschehnis zu krass verdichtet.

Zitat:
das sind marginalitären die du aufbläst. vergiss das. du musst deinen sehr anspruchsvollen stil vom ballast deiner sonderideen reinigen, dann wird das wortgemisch noch dichter und feiner.
Okay, das ist ein klares Statement, dass ich versuchen werde umzusetzen. Setze mich demnächst ran - hab ordentlich zu tun über Pfingsten - mal sehen, wann sich 's ergibt.

Danke an euch Beide,
Harlekin
Harlekin ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.05.2010, 16:27   #5
männlich Ex-JavaScript
abgemeldet
 
Dabei seit: 04/2010
Beiträge: 652


HI Har-le-kin, (französisch? oder ukrainisch?)^^

Es ist schon die 2 Prosa, die ich von dir lesen durfte. Jedesmal eine gekonnte Beschreibung und Gliederung, was einen mühelose Weglese Script Atmosphäre schafft(rein auf meinen subjektiven Leser Eindrücken bezogen).

Mir gefällt es und ich hoffe du schreibst weiter und entwickelst einen spezielleren Stil (den ich als einzigen kleinen Kritikpunkt erwähnen möchte), dass du sicher irgendwann aufarbeiten wirst.

Liebe Grüsse

JL.
Ex-JavaScript ist offline   Mit Zitat antworten
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